Analysten kappen die Kursziele
Minus 37 Prozent: Netflix-Aktie nach dem Abo-Schock im freien Fall
Der Streaming-Gigant könnte im aktuellen Quartal zwei Millionen Abonnenten verlieren. Anleger reagierten am Mittwoch panisch und sorgten für den größten Kurssturz seit zehn Jahren.
Es ist das erste Mal seit 2011, dass die Abonnenten-Zahlen rückläufig sind. In den ersten drei Monaten des Jahres sank die Zahl der Kunden um 200.000. Im zweiten Quartal 2022 soll das Abo-Minus sogar auf zwei Millionen steigen, räumte das Unternehmen ein. Eine harte Landung für den Konzern, der bislang mit 25 Millionen Kunden pro Jahr gewachsen ist.
Die Börse hat die Ankündigung kalt erwischt. "Niemand hat erwartet, dass Netflix einen Verlust von Abonnenten bekannt geben würde. Sie haben mit einem Rückgang der Abonnements gerechnet, aber dass Netflix Abonnenten verliert, ist eine große Sache", sagte Ipek Ozkardeskaya, Senior Analyst bei Swissquote Bank, einem Online-Broker, gegenüber dem Wall Street Journal.
Zu den Gründen zählen neben der wachsenden Konkurrenz durch Apple, Disney und Co. auch die Mehrfachnutzung der Netflix-Accounts. Mehr als 100 Millionen Haushalte schauen Netflix, ohne selber für ihr Abo zu bezahlen. Das Management erwägt nun offenbar, ein preisgünstigeres Abo mit Werbeeinblendungen einzuführen – ein Schritt, gegen den sich das Unternehmen lange gesträubt hatte.
Die Aktie verlor zum US-Handelsstart zeitweise 37 Prozent, seit Jahresanfang liegt das Minus nun bei über 60 Prozent. Wie Bloomberg berichtet, ist Netflix damit auf dem Weg, zum schlechtesten Performer des Jahres 2022 zu werden.
"Damit setzt sich ein Trend fort, der mit Facebook begonnen hat: Technologie-Lieblinge werden abgestraft, wenn sie die ewige Mega-Wachstumsstory nicht am Laufen halten", meint Jeffrey Halley, leitender Marktanalyst beim Analysehaus Oanda.
Unterdessen stuft UBS-Analyst John Hodulik die Aktie von "Kaufen" auf "Neutral" herab. Das Geschäftsmodell des Streaminganbieters werde derzeit auf eine harte Probe gestellt. Er rechnet damit, dass der zunehmende Wettbewerb, konjunktureller Gegenwind und die Marktsättigung das Wachstum der Abonnentenzahlen vorerst belasten werden. Das Kursziel strich der Analyst von 575 auf 355 US-Dollar zusammen.
Auch die britische Barclays setzt bei Netflix den Rotstift an und kürzt nach den enttäuschenden Zahlen das Kursziel von 380 auf 275 US-Dollar.
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Autor: Julian Schick, wallstreet:online Zentralredaktion