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     2854  0 Kommentare Interview mit Florian Homm, FM Fund Management Ltd.


    TradeCentre: Herr Homm, an der Börse gibt es wieder Leben. Sogar die BILD-Zeitung hat darauf hingewiesen, dass Aktien wieder „in“ sind. Geht die Party weiter oder müssen wir uns auf rauere Zeiten einstellen?

    Homm: Eigentlich ein Konträrindikator. Wir befinden uns in einer langjährigen Trading-Range. Das ist demographisch bedingt. Die Baby-Boomer Generation wird anfangen mehr Geld für Krücken, Lifting, Pflegeheime oder was auch immer auszugeben anstatt das Geld in Aktiensparpläne anzulegen. Die Lebenserwartung wird immer größer und die Menschen vergreisen in den wichtigsten Wirtschaftszentren der Welt, nämlich Japan, Europa und Amerika. Positive Aspekte sind das asiatische Wirtschaftswachstum, die „kleinen Tiger“ und Osteuropa, in erster Linie Russland. Aber in der Summe ist das kein lustiges Klima für Angebot und Nachfrage bei Aktien. Wir müssen vorsichtig sein und sind eher in einem Trading-Markt, der noch lang anhalten kann.

    TradeCentre: Wie haben sich Ihre Hedge-Fonds in den vergangenen Monaten entwickelt?

    Homm: Wir haben uns ordentlich entwickelt. Die Performance unserer drei Fonds lag in 2004 bei acht, 16 und 30 Prozent. In den letzten Monaten liegen alle ungefähr im Schnitt mit vier, fünf Prozent vorne. Das ist absolut zufrieden stellend.

    TradeCentre: In welcher Höhe konnten Sie im letzten Jahr Mittelzuflüsse verzeichnen und wie hoch ist das verwaltete Vermögen aktuell?

    Homm: Der Mittelzufluss lag netto um die 100 Millionen Euro. Einen Fonds mussten wir sogar für neue Gelder schließen, den wir jetzt aber wieder öffnen. Unser verwaltetes Vermögen liegt bei circa 420 Millionen Euro. Inklusive assoziierten Asset-Managern oder Advisory-Relationships kommen wir auf mehr als 600 Millionen Euro.

    TradeCentre: Entgegen der Erwartungen der Banken fahren Anleger nicht auf deren heiß umjubelten Hedge-Fonds oder ähnliche Produkte ab. Wundert Sie diese Entwicklung?

    Homm: 20 bis 30 Prozent dieser Hedge-Fonds sind nützlich oder rechtfertigen ihre hohen Gebühren. Hohe Gebühren sind nur gerechtfertigt, wenn in jeder Börsenlage Geld verdient wird. Seitwärts, nach unten oder oben. Das machen wir seit acht Jahren. Seit 1997 haben wir eine Hedge-Fonds Performance von über 400 Prozent gegenüber unserer Benchmark mit lediglich 65 Prozent gemacht. Übrigens haben wir in keinem Jahr einen Verlust erzielt. Bei manchen Produkten, wie den Fund of Funds sind die Kostenstrukturen sogar doppelt gemoppelt. Bei einem guten Hedge-Fonds haben Sie typischerweise 20 Prozent Performance- und zwei Prozent Management-Fee. Der Fund of Funds haut noch nochmals zehn Prozent Performance- und ein Prozent Management-Fee drauf. Sie liegen dann bei 30 Prozent Performance- und drei Prozent Management-Fee. Zuzüglich der Verwaltungsgebühren, Agio und den ganzen Kram. Und aktuell befinden wir uns in einer Phase mit einer immens niedrigen Schwankungsbreite an der Börse. Viele Hedge-Fonds leben aber von einer hohen Volatilität an der Börse. Da sollen jetzt auf einmal riesige Zahlen, also hohe Mittel der Anleger, erwirtschaftet werden? Mich wundert diese schwache Nachfrage daher überhaupt nicht. Es gibt auch in Deutschland wenige bekannte Hedge-Fonds, die dort zugelassen sind. Wir sind zwar sehr bekannt in Deutschland, vermarkten unsere Fonds hier aber nicht.

    TradeCentre: Wann bietet dann die FM-Gruppe speziell ein Produkt für deutsche Anleger an?

    Homm: Es gibt regelmäßige Anfragen. 80 Prozent unserer Investoren sind institutionelle Anleger. 20 Prozent sind sehr vermögende Privatanleger. Die Leute, die mit uns investieren wollen, finden uns und können ab 100.000 Euro einsteigen. Wir sind jederzeit kontaktierbar (info@sigla.ch, www.fmlimited.com) und finden Lösungen für interessierte Anleger aus Deutschland. Der Unterschied zu anderen Anbietern ist bei uns, dass wir nur sehr selektiv Gelder annehmen und sogar auch Kunden ablehnen. Das ist für viele unorthodox. Wir sind nicht volumengetrieben, desto mehr Gelder wir verwalten, desto toller sind wir und desto schöner schauen wir uns im Spiegel an. Wir stellen uns bei neuen Euros die Frage, ob wir das Geld überhaupt annehmen sollen, oder ob uns die neuen Mittel die Performance verwässern. Unsere Denke ist ganz anders und wir machen ja auch keinerlei Werbung. Wir verkaufen uns über Performance und Empfehlungen und brauchen eben ständig sehr gute Kauf- und Verkaufideen. Wenn wir davon genug haben, dann können wir auch mehr Geld managen. Zu viele Assets under Management könnten die Performance aber beeinträchtigen. In diesem Jahr werden wir aber noch zwei neue Fonds auflegen. Der eine wird Long und Short auf Osteruropa ausgerichtet sein. Eine Art Konvergenzfonds zwischen Ost- und Westeuropa. Dann noch einen Industriefonds mit maximal 20 Werten und einem Partnerkonzept. Diese Partner kommen zum Beispiel direkt aus der Industrie oder sind professionelle Marktteilnehmer. Die Leute sollen den Fonds als reges, gut informiertes Forum nutzen, ihre Ideen mit einbringen und ihre Gedanken austauschen auf höchstem Niveau. Also quasi eine Ideenbörse mit sehr guter Performance.

    TradeCentre: Zu unserem Interview im vergangenen Jahr haben Sie uns unter anderem Favoriten wie PGAM, Wapme, MWG Biotech und Comtrade mitgebracht. Die ersten drei Werte verliefen enttäuschend. Was ist passiert und was haben Sie mit der 29 Prozent Beteiligung an Comtrade vor?

    Homm: Diese Empfehlungen liessen leider einiges zu wünschen übrig. Alle hatten respektive haben allerdings eines gemeinsam. Es waren alle gravierend schlecht geführte Unternehmen. Bei Wapme, Comtrade und MWG Biotech haben wir bei den Restrukturierungen/Turnarounds mitgewirkt. Bei Wapme wurde das Management ausgetauscht. Bei MWG wurde der Vorstand rausgeschmissen und die Gesellschaft de facto an einen gut geführten Wettbewerber (Eurofins) zugeführt. Bei PGAM verläuft mir vieles zu schwammig, intransparent und wenig vertrauenserweckend. Wir haben uns von dieser Position getrennt. Wir arbeiten häufig mit Stop-Loss Limiten um unsere Portfolio-Risken zu beschränken. Bei Comtrade glauben wir an die Story und sind weiter dabei. Der Kurs eskomptiert eben eine nur mittelmäßige Leistung im Jahr der Stabilisierung in 2004. Ein Phoenix steigt selten am ersten Tag aus der Asche. Das Management weiss, dass es dieses Jahr unbedingt performen muss. Positiv sehe ich das rege Interesse beider Vorstände weiter Aktien am eigenen Unternehmen zu erwerben. Wenn das Management dieses Jahr den Turnaround schafft, ist eine Kursverdoppelung realistisch. Laut HGB-Bewertung handelt die Aktie bereits deutlich unter ihrem Substanz/Liquidationswert. Das Risiko nach unten ist wahrscheinlich auf zehn bis 15 Prozent begrenzt. Also ein gutes Chance/Risiko-Verhältnis von 6:1.

    TradeCentre: Und bei Teleplan sind Sie weiter bullish?

    Homm: Bei Teleplan läuft es operativ meines Erachtens besser als allgemein erwartet. Die Firma ist stark entschuldet und ich glaube, dass schon im ersten Halbjahr positive Cashflows fließen, was so kurz nach den Veränderungen nicht erwartet wird. Ich bin bullish. Meine Schweizer Co-Investoren bei der Kapitalrestrukturierung sind noch viel optimistischer und erwarten Kurse von sechs bis sieben Euro.

    TradeCentre: Ihr Engagement beim BVB verstehen viele Marktteilnehmer bis heute nicht...

    Homm: Wir schon. Wir haben den ersten Block, also die Aktien von Norman Rentrop, günstig bekommen. Es war mir immer klar, dass das Engagement, den BVB aufzustellen und positiv zu verändern, ein riesiger Akt wird. Die ersten Etappenziele haben wir jetzt erreicht. Das Management wurde ausgetauscht.

    TradeCentre: Sind Sie froh, dass nach Herrn Niebaum nun auch Herr Meier nicht mehr mit an Bord ist?

    Homm: Ich bin nicht darüber froh, da Herr Meier ordentlich gearbeitet hat. Zumindest in den Zeiten, seit ich ihn kennen gelernt habe und beim BVB eingestiegen bin. Für einen sauberen, klaren Neuanfang mit Vereinsmitgliedern und Gläubigern kann ich es verstehen, dass eben ein hoch kompetenter Manager gesucht wird, der völlig unbelastet ist.

    TradeCentre: Wer steht zur Debatte?

    Homm: Es gibt ein paar überraschend wirklich sehr gute Namen.

    TradeCentre: Und diese sehr guten Namen heißen?

    Homm: Möchte ich nicht sagen. Ausserdem wird diese Entscheidung vom Präsidialausschuss getroffen. Sonst wird das doch eine Hexenjagd auf die Leute.

    TradeCentre: Sind Sie mit der operativen Geschäftsentwicklung inzwischen zufrieden?

    Homm: Mittlerweile ist der Laden so transparent wie Schweizer Käse mit Rahmen rundherum. Auf der Refinanzierungsseite tut sich einiges. Das könnte in die Richtung Debt-Equity Swap, also der Wandlung von Schulden in Eigenkapital, gehen.

    TradeCentre: Ist die Schechter-Anleihe somit vom Tisch?

    Homm: Das ist auf keinen Fall vom Tisch und weiter eine Option. Es geht bei der vollen Refinanzierung um rund 100 Millionen Euro Schulden. Auch wird an Alternativen gearbeitet. Positiv sehe ich auch die Entwicklung einen solventen Interessenten für die Namensrechte am Westfalenstadion zu begeistern. Zu den zweiten Halbjahreszahlen werden wir eine deutliche Entlastung auf der Personalkostenseite sehen. Der Spielerbetrieb ist mittlerweile deutlich günstiger. In einigen Fällen ist es gelungen, Verträge, die in überhitzten Zeiten gemacht wurden, nicht zu verlängern oder zu deutlich besseren Konditionen abzuschließen. Die Weichen für die Zukunft der Aktie sind gestellt. Ein hoch kompetenter Manager, ein weiterer Abbau der Schulden und wahrscheinlich eine Stärkung der Eigenkapitalbasis. Und ganz entscheidend: Das Westfalenstadion für richtig viel Geld unterzubringen. Das zieht voll in den Gewinn rein.

    TradeCentre: Schießen Sie selbst nochmals Geld nach?

    Homm: Wir haben aktuell eine hohe Liquidität in der Gruppe und prüfen etliche Engagements. Eine große, sehr renommierte und führende Investmentbank, wirklich eine Top-Adresse arbeitet schon aktiv an einem Refinanzierungskonzept. Namen kann ich auch an dieser Stelle nicht nennen. Die würden mich vermutlich erschießen, wenn ich hier in diesem Interview Namen ausplaudere. Bei einer Transaktion könnten wir mitziehen.

    TradeCentre: Über eine Wandelanleihe?

    Homm: Das ist durchaus eine gute Alternative, wo wir gerne mitmachen würden. Gehen die Schulden weiter zurück, wird dies auch zu einem gewissen Teil der Aktie zu Gute kommen. Das würde uns natürlich sehr freuen, denn wir halten nach wie vor etwas mehr als 25 Prozent. An ein paar schwachen Tagen haben wir auch wieder nachgekauft.

    TradeCentre: Was ist Ihr Kursziel für die Aktie?

    Homm: Wenn wir in diesem Jahr eine ordentliche Refinanzierung durchziehen, wir streben eine deutliche Entschuldung an, dann liegt mein Kursziel auf Sicht von bis zu zwei Jahren bei vier bis fünf Euro. Die Idee, weshalb ich investiert habe ist doch folgende: Wenn der BVB mit einer straffen Kostenstruktur wieder in den internationalen Wettbewerb zurückkommen könnte, dann werden in einem guten Jahr ohne Frage 30 Millionen Euro verdient. Das ist dann eine Bewertung von lausigen zweimal Profit bei einer Kapitalisierung von 60 Millionen Euro. Die Berufsskeptiker unterschätzen die Phantasie unter den Investoren beim BVB. Es gibt inzwischen eine Gemeinde von Investoren, die das Glas halb voll sehen.

    TradeCentre: Sie bereuen das Engagement demnach nicht?

    Homm: Nein, überhaupt nicht. Das ist doch ohnehin nur ein Engagement von circa 2,5 Prozent unserer Portfolios.

    TradeCentre: Mit der Rechtsform der KGaA vom BVB können Sie inzwischen auch Leben?

    Homm: Nein, damit konnte ich noch nie Leben. Das ist langfristig der gleiche Kram wie A, B und C- Aktien oder Vorzüge und Stämme. Am Kapitalmarkt hat dies alles nichts zu suchen. Das ist aber kein Thema für heute, sondern eher für morgen.

    TradeCentre: Welche neuen Juwelen graben Sie zurzeit an der Börse aus?

    Homm: Wirklich gut gefällt mir die BK Grundbesitz & Beteiligungs AG (BKM). Wir halten circa neun Prozent an dem Unternehmen, welche künftig unter Reinecke + Pohl Sun Energy AG firmieren wird. Wir gehen davon aus, dass in 2005 circa 2,5 Millionen und in 2006 3,7 Millionen Euro verdient werden. Das entspricht dem siebenfachen EBT bei einem langfristigen Ertragswachstum zwischen 35 und 45 Prozent. Das ist irrsinnig interessant. Ob das jetzt Solar ist oder nicht, ist mir total egal. Wenn ich nur das sieben bis zehnfache vor Steuern zahlen muss und viele Jahre so wachsen kann, dann muss ich den Wert haben. Und im Verhältnis zu anderen Solarfirmen an der Börse ist es deutlich unterbewertet. Was mir besonders Spaß macht an dem Unternehmen ist, dass sie schon in 2004 profitabel waren. Aktuell ist noch eine Kapitalerhöhung im Gange. Dabei machen wir mit und lassen uns nicht verwässern. Bei Kursen unter zehn Euro sind wir auch auf der Käuferseite mit Chance auf Kurse zwischen 18 und 20 Euro bis Ende dieses Jahres.

    TradeCentre: Was wollen Sie mit LION bioscience machen, deren Aktionären unter anderem die FM Fund Management Ltd. ein unverbindliches und nicht näher spezifiziertes Übernahmeangebot der Aktien unterbreitet wurde?

    Homm: Da ist viel Cash drin. Die Firma hat ganz gute Perspektiven, wenn es wirtschaftlich richtig angegangen und nicht alles verschenkt, was produziert wird. Wir befinden uns in der Prüfungsphase sämtlicher Optionen. Das geht vom Kauf der operativen Tätigkeiten bis hin zur Komplettübernahme. Eventuell gelingt uns mit LION eine zweite Trius. Das war eine erfolgreiche Transaktion. Nur leider ist LION megadefizitär. Wenn ich 200 Millionen Euro verbrenne und so wenig vorzeigen kann, dann ist dies ein Armutszeugnis.

    TradeCentre: Die FM-Gruppe ist beispielsweise an der Impera Total Return AG und der VEM Aktienbank beteiligt. Was spricht für diese Papiere?

    Homm: Bei Impera ist Günther Paul Löw zuständig. Er hat das Private-Equity Geschäft bei Gold-Zack erfolgreich aufgebaut. Er hat dort einen exzellenten track record aufgestellt. Ich schätze ihn sehr. Er gehört zu den zehn besten Typen im Beteiligungsgeschäft in Deutschland. Er hat aktuell ein bisschen Spielmasse. Meines Erachtens hat er schon für einen Spottpreis eine Beteiligung erworben, die den gesamten Börsenwert darstellen könnte. Zudem ist einiges an Cash da. Impera ist eine Art Beteiligungsunternehmen mit großer Beratungserfahrung bei Kapitalmarkttransaktionen. Die Firma kann in 2005 überraschen. Ich wäre enttäuscht, wenn sich die Aktie in diesem Jahr nicht mindestens verdoppelt. Die Jahreskosten sollten verdient sein.

    TradeCentre: …und VEM?

    Homm: Hut ab vor VEM. Phantastisch. Ich war mal an der Firma bei meiner VMR-Zeit mit 67 Prozent beteiligt und selbst im Aufsichtsrat. Ich habe beruflich ein gutes Verhältnis mit den Vorständen Beyer und Pfaffenberger. Sie haben eine tolle Marktlücke entdeckt und entwickelt und arbeiten in dieser Nische auch mittlerweile sehr profitabel. Das Management ist glaubwürdig, verlässlich und bei Kunden hoch angesehen. Die Sponsor-Aktivität brummt. Die Aktie hat sich zwar verdoppelt aber ist noch nicht richtig teuer. Wir halten noch Anteile an VEM.

    TradeCentre: Welche Ideen verfolgen Sie auf der Shortseite?

    Homm: Weiterhin MLP. Ich bin sicher, dass der Kurs bald einstellig notiert oder sich vielleicht sogar halbieren wird. Zu MLP gibt es eine klasse Studie. Auszugsweise wurde darüber auf der Homepage von der ARD im Börsenbereich berichtet. Die Studie sollte jeder Aktionär lesen. Ich empfehle eine gute Flasche Wein, wer raucht, eine Zigarre, dann in einen bequemen Sessel setzen und mal drei bis vier Stunden die 124-Seiten Studie lesen. Es ist eine phantastische Lernerfahrung was Bilanzen von Versicherungen und Banken betrifft. Auch wer danach nicht mit MLP spekulieren will, sollte die Studie lesen. Man sieht zumindest wie solche Stories in der Zukunft bewertet werden müssen. Wie man mit beiden Hirnhälften intuitiv und auch zahlentechnisch arbeiten kann. Eine wirklich klasse Ausarbeitung. Wer danach die Aktie noch kauft, ist selber schuld. Bei Kursen zu 15 bis 16 Euro haben sich viele Markteilnehmer über unsere negative Einstellung amüsiert. Jetzt sind wir bei 11,30 Euro. Also der schlechteste von 100 MDAX-Werten in diesem Jahr! Not so funny.

    TradeCentre: Noch eine weitere Shortidee?

    Homm: Ja, ein kanadischer Wert. Der Titel heißt First Calgary Petroleum. Völlig überteuert. Der Markt hat es nur noch nicht gechecked. Wir haben zwei Analysten bei uns, die sich nur mit den Rohstoffwerten oder zyklischen Aktien beschäftigen. Wir sind dabei auf diesen Wert gestoßen, der mehr als drei Milliarden Kanadische Dollar auf die Waage bringt. Wir halten die Aktie für zwei bis drei mal überbewertet. Das Management spielt die klassische Nummer. „Wir werden übernommen und haben riesige Reserven“. Eben das übliche. Wir sind Short auf diese ganzen Rohstoffsachen. Wir halten davon nicht viel. Ob das Eisenerz, Kupfer, Gold, Öl oder Öltransport ist, ist völlig egal. Wir sehen das negativ. Viele Werte wurden nie über dem ein- bis 1,5 fachen Buchwert gehandelt. Jetzt wird häufig der doppelte bis dreifache Buchwert bezahlt. Wir haben jetzt so eine kleine Internetblase bei den Rohstoffen. Vorsicht also bei Rohstoffen! Ein temporärer Short ist AWD. Wir glauben, dass es zumindest im ersten Quartal nicht so gut läuft. Angeblich soll es auch juristische Risiken mit den Falkfonds geben. Außerdem bin ich skeptisch, wenn große Umplatzierungen stattfinden, um den Freefloat zu erhöhen. Warum gerade jetzt? Insgesamt ist das langfristige Umfeld für AWD gut. Ein Kurs von 30 Euro wäre besser. Mir gefällt die Firma eigentlich auch. Aber kurzfristig, um 36 Euro, sehe ich eher Risiken als Chancen.

    TradeCentre: Haben Sie unseren Lesern auf der Long-Seite noch was mitgebracht?

    Homm: Ja, eine Aktie habe ich noch. Hier können Sie mich dieses Jahr festnageln. Solche Aussagen werden Sie auch nicht oft von mir hören. Wir haben eine Aktie bei der ich mit einem Potenzial von zehn bis maximal zwanzigmal höher als aktuell rechne. Ein wenig so wie die alte Matchnet (heute Spark Networks) beim Langzeittief von 80 Cent, die dann auf 11,50 Euro gestiegen ist. Wohlgemerkt, das Risiko bei Biotechs – potentieller Totalverlust. Das Unternehmen heißt DuraVest (WKN 551 242). Kein Mensch kennt dieses Unternehmen. Die Aktie handelt auch in Deutschland. Wir sind dort größter Einzelaktionär. In den USA steht die Aktie bei 60 Cents, der langjährige Tiefstand. Es gibt circa 40 Millionen Aktien. Das Unternehmen ist mit 51 Prozent an einer Firma Estracure beteiligt, die über eine hoch interessante Stent-Technologie verfügt. Stents sind kleine Apparate, die in den Venen eingebaut werden, damit der Blutfluss gesichert ist. Das ist ein acht Milliarden Dollar Markt! Das Beschichtungsprodukt heißt Estradiol, ein organisches und aus unserer sicht effektives und sicheres Mittel. Die Wissenschaft entstammt aus dem renommierten Montreal Heart Institute. Aktuell befindet sich das Produkt in der Phase IIB, also schon sehr weit. Diese Phase sollte im Sommer abgeschlossen sein. Dann ist mit Resultaten zu rechnen. Bis dahin wird aber einiges passieren. Es wird extreme personelle Verstärkung geben. Die Tochtergesellschaft Estracure ist sehr gut finanziert. Geldknappheit ist also nicht vorhanden. Estradiol kann in dem Stent-Markt zur Nummer eins werden. Eine Verzehnfachung entspricht nur einem Börsenwert von 400 Millionen Dollar. Für eine Firma in Phase IIB bei diesem Marktpotenzial ist eine Bewertung von 100 bis 200 Millionen Dollar durchaus vertretbar (plus 150 bis 300 Prozent). Der alte Höchststand, da war die Firma von unseriösen Promotern eher schlecht als recht finanziert, liegt bei 3,60 Dollar (plus 500 Prozent). Damals war die Firma nicht finanziert und das Produkt noch eher ein Konzept und man arbeitete an Tieren und nicht an Menschen! Wir rechnen im zweiten Quartal dieses Jahres mit Research-Berichten, Roadshows, Personalverstärkungen und einer proaktiven Medienkampagne. Im dritten Quartal rechnen wir fest mit positiven wissenschaftlichen Ergebnissen. Aber nochmals: Das Risiko ist ein Vollverlust bei einer Chance von 1000 Prozent plus, also ein absolut gutes Chance/Risiko-Verhältnis für sehr risikobewusste Anleger. Wenn DuraVest, BKM und Impera im Jahresverlauf nicht steigen sollten, können Sie mich gerne am Jahresende an den Pranger stellen.

    TradeCentre: Wir nehmen Sie beim Wort! In Deutschland wird zurzeit viel gejammert. Die Arbeitslosenzahlen steigen immer weiter an und die Politiker sind lediglich fit im Sprüche klopfen und haben nur die nächste Wahl im Kopf. Was muss passieren, damit Deutschland wieder nennenswertes Wachstum erlebt?

    Homm: Die Antwort ist super einfach. Wir müssen größere Teile unserer politischen Bevölkerung redundant machen. Seit 1980 haben wir laut Spiegel kein Wirtschaftswachstum ohne den öffentlichen Bereich. Wir sind die absolute Peinlichkeitsnummer in Europa, was unseren relativen Rückschritt in den letzten 25 Jahren angeht. Vieles wird saniert in unserem Land. Nur die Regierung auf allen Ebenen nicht. Das ist mit Abstand das größte Manko. Wir haben tatsächlich eine ganz schwache Unternehmerkultur, was zur Miesere beiträgt. Der prozentuale Anteil von Unternehmern zum Angestellten ist in Deutschland im Vergleich zu den wichtigsten Staaten Europas am schlechtesten. Wir sind auf der Basis ganz schwach aufgestellt. Das Unternehmertum in Deutschland ist tot und das Beamtentum hat sich verbreitet in den verschiedensten Branchen. Schauen Sie doch mal was teilweise für Manager in den obersten Etagen von Unternehmen arbeiten. Die Manager in Deutschland sind im europäischen Vergleich aus Sicht von Eigenkapital-Rentatabilitätsüberlegungen einfach schlecht. Nehmen Sie als Beispiel Vorstände von diversen Aktiengesellschaften, bei denen wir investiert waren (auf der Short- oder Long-Seite). Auf der Long Seite, wenn ein Investment nicht funktioniert, ist es meine Aufgabe sauber zu machen. In Deutschland haben wir nicht nur ein staatliches, sondern auch ein enormes Managementproblem. Der Staat ist zudem viel zu mächtig und nicht einmal im Ansatz saniert.

    TradeCentre: Was muss verbessert werden?

    Homm: Die Steuern müssen runter. Das ganze Konstrukt ist viel zu kompliziert und verwaltungsaufwendig. Schluss mit diesen absurden Steuerspargeschichten. Das ist die Lösung. Wenn wir in Deutschland eine Steuerquote von 25 Prozent für die Unternehmen haben. So wie die Österreicher. Eventuell auch für Privatleute bis maximal 30 Prozent. Dann wandern nicht jedes Jahr Tausende Leute unter anderem in die Schweiz aus, um sich vor den Zugriffen der deutschen Abkassierer zu schützen. So was kann langfristig nicht gut gehen. Ich habe auch nicht die Einstellung den Kopf in den Schoß zu legen, Ohren zuklappen und heulen.

    TradeCentre: Sind aus Ihrer Sicht eines Investors die Gehälter der deutschen Manager zu hoch?

    Homm: Für die Leistung in jedem Fall. Das ist lächerlich. Der fixe Anteil ist viel zu hoch und der variable Anteil viel zu niedrig. Viele deutsche Vorstände sagen immer, sie wären im Verhältnis zu US-Managern weit unterbezahlt. Das ist Quatsch. Die sollten sich mal mit der Eigenkapitalrendite mit ausländischen Firmen vergleichen. Und hier sind die meisten deutschen Firmen leider weit unter Durchschnitt.

    TradeCentre: Sollten Sie irgendwann mal genug von der Börse haben, wäre für Sie ein Job in der Politik die Alternative?

    Homm: (lacht)! Ich kenne ein paar Leute in der Politik und ich glaube ich persönlich würde dort wahnsinnig werden. Ich bin so unverblümt und direkt. Das wäre zwar kurzfristig eine echte Marktlücke. Aber ich würde letztlich so viele Leute vor den Kopf stoßen, dass dort nicht der richtige Platz für mich wäre. Meine Unabhängigkeit ist mir sehr wichtig. Eines der größten Privilegien die es gibt. In einer Partei müsste ich mich ständig anpassen und Kompromisse machen.



    Herr Homm, wir bedanken uns für das ausführliche Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.



    VITA

    Florian Homm machte seinen MBA an der Harvard University und gründete bereits mit 18 Jahren seine erste Investmentcompany. Nach seinem Abschluss an der Harvard Business School trat er als Analyst Fidelity bei. Nach Zwischenstation bei Julius Bär wurde er 1992 Managing Partner von Tweedy Brown Europe GmbH. Gegen Ende 1993 gründete Florian Homm die Value Management & Research AG, die 1998 an der FSE gelistet wurde und im Jahre 2000 eine Marktkapitalisierung von fast 500 Millionen Euro aufwies. Der mit mehreren Investment Awards ausgezeichnete Homm ist unter anderem auch im „Who is who“ in Europa aufgeführt. 2001 gründete er zusammen mit Ulrich Angersbach die FM Fund Management Limited, die die drei europäischen Hedge-Fonds, Absolute Return Europe Fund, European Catalyst Fund und Absolute Germany Fund, verwaltet.


    Weitere Informationen zu Florian Homm, der Investmentgesellschaft FM Fund Management Limited sowie den drei Fonds erhalten Sie auf der Homepage: www.fmlimited.com





    Verfasst von 2TradeCentre
    Interview mit Florian Homm, FM Fund Management Ltd. TradeCentre: Herr Homm, an der Börse gibt es wieder Leben. Sogar die BILD-Zeitung hat darauf hingewiesen, dass Aktien wieder „in“ sind. Geht die Party weiter oder müssen wir uns auf rauere Zeiten einstellen? Homm: Eigentlich ein …