Läuft Chinas Börse den Weltbörsen voraus?
In Börsianerkreisen kursiert zurzeit eine äußerst eine interessante These. Dabei geht es darum, inwiefern der chinesische Aktienmarkt für die übrigen Weltbörsen inzwischen eine Art
Vorläuferfunktion haben könnte.
Seit etwas mehr als einem Jahr scheinen Chinas Inlandsbörsen, und dabei insbesondere der Shanghai Composite Index, die Entwicklung an den Börsen im restlichen Asien, in Europa und in den USA
vorwegzunehmen. Und auch die jüngste Konsolidierungswelle, die die Weltbörsen in den letzten Tagen erfasst hat, scheint diese Theorie nochmals zu stützen.
Chinas Inlandsbörsen früher häufig von den Trends und Tendenzen der internationalen Aktienmärkte abgekoppelt, weil sie vom sonstigen Markgeschehen so gut wie abgekoppelt sind. Sie sind fast
ausschließlich den Inlandsanlegern vorenthalten. Für uns als deutsche Anleger sind die Börsen in Shanghai und Shenzhen dementsprechend relativ irrelevant. Aber sie geben uns natürlich wichtige
Hinweise auf die Befindlichkeiten und Trends in der immer wichtiger werdenden chinesischen Volkswirtschaft.
Chinas Wirtschaft hat sich von der Finanzkrise am schnellsten erholt. Der Tiefpunkt wurde im ersten Quartal mit einem Wachstum von plus 6,1 Prozent erreicht. Dies ist der Ausgangspunkt für die
These, wonach auch die chinesische Börse jetzt den übrigen Aktienmärkten voran laufen könnte. Der Shanghai Composite Index erreichte sein Tief bereits im Oktober 2008, während die meisten übrigen
Weltindizes im März 2009 nochmals unter ihre Oktober-Tiefstände gerutscht sind. Von seinem Oktober-Tief bis zum letzten Hoch Anfang August legte der SCI dann stolze 102 Prozent zu.
Im August folgte beim Shanghai Composite Index dann jedoch ein Einbruch um 23 Prozent, von dem er sich daraufhin nur langsam erholte. Wenn man davon ausgeht, dass Chinas Aktienmarkt auch hier
Vorläufercharakter hat, dann steht den übrigen Börsen noch einiges bevor. Der amerikanische S&P 500 Index hat sich von seinem Jahreshoch Mitte Oktober nämlich erst um 5,1 Prozent entfernt; der
Hongkonger Hang Seng Index hat bisher 6,0 Prozent und der japanische Nikkei 225 7,8 Prozent abgegeben (wobei der Nikkei sein Jahreshoch bereits im August erreichte, und es seither nicht mehr
übertroffen hat).
Dementsprechend würden den internationalen Börsen noch einige schwierige Wochen bevorstehen. Doch das „China-Modell“ bietet auch einen gewissen Trost. Denn die Korrektur an der Börse Shanghai war
zwar schnell und scharf – dennoch war der Spuk bereits nach weniger als vier Wochen wieder vorbei. Schon Ende August erreichte der Index bei rund 2670 Punkten seinen zwischenzeitlichen Tiefpunkt.
Seither geht es - wenn auch unter Schwankungen – wieder aufwärts. Gestern gelang es ihm sogar, ein neues 2-Monats-Hoch zu markieren. Billigt man also dem Shanghai Composite Index eine
Vorläuferfunktion zu, dann wird das Börsenjahr auch an den übrigen Weltbörsen ein versöhnliches Ende nehmen.
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