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    Vergleich:  2061  0 Kommentare USA 1860 - China 2011

    Die amerikanischen Gelehrten Jeffery Wasserstrom und Stephen Mihm veröffentlichten neulich einen viel beachteten Artikel in der „China Economic Review“. Dabei wurde die interessante Frage nach Parallelen aufgeworfen, die es zwischen dem wirtschaftlichen Aufstieg der USA im 19. Jahrhundert und dem gegenwärtigen Aufstieg Chinas geben könnte. Das überraschende Fazit: Neben vielen Unterschieden findet sich auch eine erhebliche Zahl an Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Nationen auf ihrem Weg zur führenden globalen Wirtschaftsmacht.

    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts deutete rein gar nichts darauf hin, dass die Vereinigten Staaten eines Tages zu einer nennenswerten Wirtschaftsnation aufsteigen würden. Die Weltwirtschaft und der Handel wurden unangefochten von den großen europäischen Nationalstaaten dominiert - allen voran von England, aber auch vom mächtigen Frankreich und dem Habsburger Reich. Die USA selbst waren größtenteils unerschlossen und durchwegs landwirtschaftlich geprägt. Kapital, Fachwissen oder technische Kompetenzen waren so gut wie nicht vorhanden.

    Und auch noch in den 1850er Jahren erschien es unvorstellbar, dass die USA wirtschaftlich eines Tages am hoch industrialisierten britischen Königreich vorbei ziehen könnte. Von den Zeitgenossen wurde allerdings vielfach übersehen, dass die Amerikaner zwischenzeitlich bereits erhebliche industrielle Kapazitäten hochgezogen hatten. Bei vielen Produkten des täglichen Bedarfs – wie Textilien oder Uhren – waren die USA bereits die kostengünstigsten Massenhersteller, und begannen, damit den Weltmarkt zu überschwemmen. Ähnlich wie China vor einigen Jahrzehnten, entwickelten sich die Vereinigten Staaten dank ihrer Kostenvorteile seinerzeit zur einer Art „Werkbank der Welt“.

    Einher ging der amerikanische Aufschwung mit einer Verstädterung, die weltweit ihresgleichen suchte. Neue riesige Metropolen wie New York, Philadelphia oder Chicago entstanden scheinbar über Nacht. Gewaltige Industrien wurden aufgebaut, die ein Heer von Arbeitssuchenden anzogen. Dadurch entstanden städtische Zentren, wie man sie in Europa bisher nicht gesehen hatte (und auch heute noch nicht sieht).

    In China verläuft die Entwicklung derzeit ganz ähnlich. Die Urbanisierung ist auch dort eine entscheidende Triebfeder des wirtschaftlichen Aufstiegs. Das bisher fast ausschließlich landwirtschaftlich geprägte Land verwandelt sich derzeit in eine Industrienation mit aktuell über 160 Städten mit mehr als einer Million Einwohnern. Mega-Städte wie Chongqing (30 Millionen Einwohner), Shanghai (18 Millionen Einwohner), Peking (15 Millionen Einwohner) und Shenzhen (12 Millionen Einwohner) sprechen eine deutliche Sprache.

    Und gerade auch bei den Schattenseiten des wirtschaftlichen Aufstiegs gibt es zahlreiche Parallelen. Wie in China war auch in den USA die Lebenssituation der einfachen Arbeiter zunächst erbärmlich. In Amerika wurde sogar bis zum Bürgerkrieg ein nicht unerheblicher Teil der Wertschöpfung von Sklaven geleistet. Die durch die Wirtschaft entstandenen Umweltbelastungen und der Landverbrauch waren in Vereinigten Staaten ebenfalls erheblich. Nicht vergessen werden darf auch, dass das politische System in den USA über viele Jahrzehnte hinweg von einer für heutige Verhältnisse unfassbaren Korruption geprägt war. Daneben hatten dort seinerzeit auch Patent- und Markenrechte keinen allzu hohen Stellenwert.

    Im China der Gegenwart sind viele Zustände nach wie vor beklagenswert. Dies beginnt mit einer immer noch erheblichen Armut großer Bevölkerungsschichten, und geht über Umweltschäden und Korruption, die zwar bekämpft werden, aber nach wie vor zum Alltag gehören. Der Blick in die Geschichte lehrt allerdings, dass all diese Gegebenheiten nicht zwangsläufig den Aufstieg eines Landes zur führenden Wirtschaftsnation bremsen müssen. Im Gegenteil: Die USA waren – trotz all dieser Probleme - bereits in den 1890er Jahren die größte Wirtschaftsmacht der Welt.

    Die europäischen Wirtschaftsriesen waren seinerzeit auf den Aufstieg der USA in keiner Weise vorbereitet. Im Nachhinein konnten sie die Entwicklung nur ungläubig bestaunen. Ganz ähnlich verläuft derzeit der Aufstieg Chinas. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass sich für die siegesgewissen westlichen Wirtschaftsnationen die Geschichte einmal mehr wiederholt.

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    Gerhard Heinrich
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    Gerhard Heinrich ist freier Finanzredakteur. Er schreibt unter anderem für den Börsenbrief EMERGING MARKETS TRADER (www.emerging-markets-trader.de).
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    Verfasst von 2Gerhard Heinrich
    Vergleich: USA 1860 - China 2011 Der wirtschaftliche Erfolg Chinas hat viele Parallelen zum Aufstieg der USA im 19. Jahrhundert.