Zertifikate
Scope: Drei Jahre nach Lehman - Kein Grund zum Feiern - Seite 2
Rechnet man das aktuelle Marktvolumen von klassischen Garantie-Zertifikaten hinzu, stellen Produkte mit vollem Kapitalschutz einen Marktanteil von über 60 Prozent. Vor drei Jahren kamen sie noch auf einen deutlich geringeren Anteil von 40 Prozent. Hierin zeigt sich, welch übergeordneter Trend auf Nachfrageseite seit Lehman zu verzeichnen ist: Vor allem sicherheitsorientierte Produkte sind beliebt.
Erholungstendenzen
Dabei hängt die Risikobereitschaft der Anleger stark vom Sentiment am Aktienmarkt ab. Ab März 2009 liefen die Kurse wieder nach oben. Die Anleger wollten ihre Gewinn-Chancen nicht mehr zugunsten hoher Sicherheitspuffer beschneiden. In einer Umfrage von Scope Analysis Anfang 2011 gaben 70 Prozent der Zertifikate-Emittenten an, einen steigenden Risikoappetit der Anleger festzustellen. Dem entsprechend emittierten die Anbieter nun auch wieder mehr Produkte, die keine Sicherheitsmechanismen beinhalteten: Themen-Zertifikate lagen beispielsweise wieder im Trend. Zwar haben die Zertifikate-Emittenten bei Partizipationsprodukten hohe Marktanteile an die ETF-Anbieter abgeben müssen – Exchange Traded Funds sind keine Inhaberschuldverschreibungen und bieten ebenfalls einen kostengünstigen Zugang zu vielen Indizes. Doch bei Nischen-Themen wie „Seltene Erden“, „Smart Grid“ oder „Social Media“ lohnt die kostenintensive Auflage eines Fonds nicht.
Marktvorgaben drücken
die Stimmung wieder
Dann allerdings drückte die Staatsschuldenkrise auf die Stimmung. Bereits bei der Scope Umfrage Mitte 2011 gab der Großteil der teilnehmenden Emittenten und Berater an, die Risikobereitschaft der Anleger sei maximal gleich geblieben, wenn nicht sogar gesunken. Nur kurze Zeit später zeigte sich, dass Anleger, die sich vorsichtig aufgestellt hatten, richtig lagen: Seit Ende Juli befinden sich die Aktienkurse im Sturzflug. Auch diesmal reißen die Schwellen von Bonus-Zertifikaten reihenweise. Viele Anleger sind betroffen. Es liegt wieder eine Menge Geld in den Produkten. Der Open Interest war laut der jüngsten Statistik des Deutschen Derivate Verbands zur Jahresmitte auf knapp 110 Mrd. Euro angestiegen und hatte somit wieder das Niveau von September 2008 erreicht. Die Produktanzahl ist im laufenden Jahr sogar auf immer neue Rekord-Niveaus geklettert. Zuletzt zählte der Verband über 760.000 Produkte am Markt. Und dabei handelt es sich keineswegs nur um einfache Strukturen. Auf den Vorwurf, Zertifikate würden immer komplexer, hatten viele Emittenten zwar mit der Ankündigung reagiert, sich von jetzt an auf einfach gestrickte Papiere zu konzentrieren. In der Realität kann dies jedoch nicht bestätigt werden. Produkte mit mehreren Basiswerten, Schwellen und Zusatz-Mechanismen sind keine Seltenheit.