Börse & Märkte
Hat der Aktienmarkt noch etwas mit der Realwirtschaft zu tun?
Das vergangene Jahr ist doch anders verlaufen, als es die meisten erwartet haben. „Ich persönlich hatte sehr negative Erwartungen insbesondere bezüglich der
Realwirtschaft und den Aktienmärkten“, so Steen Jakobsen, Chefvolkswirt bei der Saxo Bank. „Bei der Wirtschaft lag ich richtig, bei den Aktienmärkten nicht. Aber sollten Aktienmärkte nicht
eigentlich der Realwirtschaft folgen?“, fragt sich der Experte weiter.
Natürlich seien Aktienmärkte und Wirtschaft miteinander verknüpft, aber nur selten auf einer Tages- oder Monatsbasis. „Nach 25 Jahren Erfahrung als Trader, Marktmacher und Fondsmanager hätte ich es
besser wissen müssen“, sagt Jakobsen und verweist auf die Diskrepanz zwischen Erwartungen und der tatsächlichen Realität, die wiederum von der Geldpolitik verstärkt werden. Dies alles führe zu
einer Marktstimmung und einer Preisbildung, die von der Realwirtschaft abweiche.
Wie gehen nun Investoren mit dieser Situation um? Ironischerweise seien für gut aufgestellte Investoren technische und historische Daten nicht wirklich von Bedeutung. „Die Erfahrung zeigt, dass
Investoren, die bereit sind illiquide Assets zu halten, im Nachhinein für dieses Risiko belohnt werden“, sagt Jakobsen.
In den 1970er Jahren habe der amerikanische Investor Harry Brown das sogenannte „Permanent Portfolio“ aufgelegt. Man investiere jeweils 25 Prozent in vier verschiedene Assetklassen: Aktien,
langfristige Staatsanleihen, Metalle und Währungen. Zwischen 1972 und 2011 habe dieses Modell eine Rendite von 9,5 Prozent erwirtschaftet, viel
mehr als die Aktienmärkte und mit viel weniger Risiko. „Das soll nicht bedeuten, dass aktives Trading sich nicht auszahlt, aber man sollte immer ein sicheres Modell in der Hinterhand haben“, so
Jakobsen.
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Die Antwort auf die Eingangsfrage sei, dass die Aktienmärkte zwar von der Realwirtschaft für einen begrenzten Zeitraum abweichen können, auf einen rational investierten Anleger aber keinen Einfluss
hätten. „Beim Investieren geht es um Logik und Rationalität, nicht um Genialität – und das ist eine gute Sache für uns alle“, so Jakobsen abschließend.