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    EZB als zahnloser Tiger  2364  0 Kommentare Quantitative Easing kein Garant für steigende Inflation aber Gefahr einer Anleihe-Blase

    Die Aufregung war groß, als die Europäische Zentralbank (EZB) Ende Januar Anleihekäufe in Billionenhöhe angekündigt hat. Eine Zumutung? Oder ein historischer Meilenstein? Experten waren sich einmal mehr uneins. Einzig der DAX scheint seither nicht mehr zu stoppen. Im gerade begonnenen März startet das Programm.

    „Draghi zündet Bazooka“ titelte wallstreet:online, als klar war, dass die EZB tatsächlich Neuland betritt: Am 22. Januar beschloss der Rat der Notenbank das im Fachjargon unter Quantitative Easing bekannte Programm zum Kauf von Anleihen. Die Aufregung war groß. Ebenso die Zahlen: 19 Monate lang will die EZB je 60 Milliarden Euro zum Kauf von Anleihen ausgeben, um so die Märkte mit massiver Liquidität zu versorgen – und auf diesem Wege das eigentliche Ziel zu erreichen: eine Inflationsrate nahe zwei Prozent (hier geht's zum Faktencheck).

    Doch insbesondere in Deutschland zeigten sich Kommentatoren mit Blick auf die historische quantitative Lockerung der EZB eher entsetzt und warnten vor den Risiken. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes sprach von einer unnötigen Dramatisierung der Preis- und Wirtschaftsentwicklung. Auch andere Experten kritisierten, die EZB habe zu leichtfertig ihre letzte Patrone verschossen (mehr Reaktionen lesen Sie hier).

    Schlechte Kommunikation könnte fatale Folgen haben

    Noch ist vieles unklar. Etwa wann genau die EZB mit den Käufen beginnt. Das Beispiel Japan zeigt jedoch, dass schlechte Kommunikation fatal sein kann. Die Geldpolitiker der Bank of Japan „haben sich unklar geäußert, was sie kaufen und wann sie kaufen“, zitiert das „Handelsblatt“ Sandra Holdsworth, Vermögensverwalterin bei Kames Capital in Edinburgh. Panik dürfte eines der größten Risiken sein. In Japan sei genau das jedoch eingetreten, als die Bank of Japan im April 2013 die Ausweitung ihres Bondkaufprogrammes vollzog. „Marktmacher haben sich Bestände zugelegt, um sie an die japanische Notenbank zu verkaufen, und letztere hat sie nicht gekauft. Daher mussten sie sie abstoßen und dann stieg die Volatilität – und das hat sie noch mehr in Panik versetzt“, so Holdsworth.

    Bereits im Vorfeld der EZB-Entscheidung hatten sich – natürlich – auch Deutschlands Top-Ökonomen zu dem Programm geäußert. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn nannte die Maßnahme eine „verbotene Monetisierung der Staatsschulden“. Selbst sein Kontrahent in vielen Diskussionen, Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), nannte den Ankauf von Staatsanleihen zwar „ein notwendiges Übel“, kritisierte jedoch, die EZB verfehle ihr Mandat der Preisstabilität (lesen Sie hierzu auch: Das sagen Experten zu möglichen EZB-Staatsanleihekäufen – auch Merkel äußert sich).

    Dankbar zeigte sich jemand anders: der deutsche Leitindex DAX. Schon seit Anfang des Jahres scheint er wie beflügelt und jagt ein neues Rekordhoch nach dem anderen. Auch zu Wochenbeginn präsentierte sich der DAX wieder stark und sprang zwischenzeitlich über 11.450 Punkte.

     

    Der DAX im 3-Monats-Chart:

     

    Fatales Versprechen?

    In einem Bericht für "Spiegel Online" kritisiert Henrik Müller, die EZB könne Draghis Versprechen nicht erfüllen. Überall auf der Welt würden Notenbanken liquide Mittel in die Märkte pumpen. Doch die Zeiten, in denen die quantitative Lockerung zwangsläufig zu steigenden Inflationsraten führte, seien vorbei, argumentiert Müller. Ob Großbritannien, Schweiz oder Schweden: Überall seien die Inflationsraten trotz Notenbank-Milliarden niedrig.

    Müller nennt drei Gründe, die gegen steigende Preise sprechen: Durch die Globalisierung entstandene Überkapazitäten, Digitalisierung von Produkten sowie riesige Schuldenberge. Seine Schlussfolgerung: Die EZB verspreche nicht nur Dinge, die sie gar nicht beeinflussen könne, sondern leite Europa außerdem in die Gefahr einer Anleihen-Blase. 

    Neben all der Kritik: George Soros lobt die EZB überschwänglich

    Vereinzelt gab es auch Lob für die EZB. Der US-Investor George Soros lobte das Programm als „ziemlich überwältigend“. Es sei eine „sehr mächtige Maßnahme im Kampf gegen Deflation und Wachstumsschwäche“, so Soros.





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