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    EZB-Staatsanleihenkauf  4365  1 Kommentar Das große geldpolitische Experiment der EZB - Geldschwemme startet am 9. März

    Die Augen der Finanzwelt sind auf Zypern gerichtet. In dessen Hauptstadt Nikosia trifft sich heute der Rat der Europäischen Zentralbank zu einer auswärtigen Sitzung. Besonderer Fokus der Märzsitzung sind die Details zum Ankaufprogramm von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren, das EZB-Chef Mario Draghi am 22. Januar verkündet hatte (siehe: „Draghi zündet Bazooka“).

    Mit dem Ankaufprogramm von in Euro laufenden Wertpapieren auf dem Sekundärmarkt wird die EZB am 9. März 2015 beginnen, teilte der EZB-Chef in Nikosia mit. Das bereits laufende ABS-Kaufprogramm wird fortgesetzt. Zugleich erklärte die EZB, den Leitzinsen unverändert auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent  zu belassen. Der Ausleihungssatz zur Spitzenrefinanzierung liegt weiterhin bei 0,3 Prozent und der Einlagensatz bei der EZB verharrt bei minus 0,2 Prozent. 

    Das geldpolitische Experiment zu quantitativen Lockerung hat es in sich: Bis zu 60 Milliarden Euro will die EZB monatlich in die Märkte pumpen. Bei einer voraussichtlichen Laufzeit bis zum Herbst 2016 werden die Finanzmärkte insgesamt mit über einer Billion Euro geflutet. Erreicht werden soll eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung, die im Einklang mit dem mittelfristigen Ziel einer Inflationsrate von nahe zwei Prozent liegt. Das Ausfallrisiko soll zu 80 Prozent bei den nationalen Notenbanken liegen. 20 Prozent werden auf alle Euroländer verteilt. (siehe: EZB kauft Staatsanleihen - Die Fakten im Überblick).

    Der deutsche Leitindex DAX erklimmt währenddessen mit 11.517 Punkten ein neues Altzeithoch. Gut zu erkennen auf unserem Intraday-Chart.

    Offene Geldschleusen wider die Inflation

    Mit der Öffnung der Geldschleusen soll vor allem der Deflation entgegen gewirkt und auf der anderen Seite die Konjunktur und Inflation angekurbelt werden. Die Idee dahinter: Banken - als Verkäufer der Wertpapiere - sollen zum einen das EZB-Geld in Form von Krediten an Unternehmen und Verbraucher weiterleiten. Geld, das nicht weitergeben, werden diese weiter anlegen. Geldanlagen im Ausland drücken auf den Euro, was wiederum die Exporte aus der Eurozone beflügelt. Also eine Win-Win-Situation?

    So weit die Idee. Doch die Kritiker stehen bereits Schlange: Von einer verfrühten letzten Patrone, einem unnötigen Versuchsballon und einer Zumutung war da die Rede. Die EZB hebele systematisch Marktmechanismen aus und sende falsche Anreize an Politik und Investoren. Mit dieser Verzweiflungstat überschreite die EZB ihr Mandat und begebe sich auf das Feld der monetären Staatsfinanzierung. Die Verlierer sind einmal mehr die europäischen Steuerzahler, die Sparer und Altersvorsorger. (Lesen Sie mehr: Zumutung oder historischer Meilenstein? Reaktionen auf die EZB-Staatsanleihenkäufe)

    Anleihenmärkte schon überkauft?

    Schauen wir mal auf die Anleihemärkte: Aufgrund der Nullzinspolitik suchen Investoren händeringend nach Anlagemöglichkeiten auf den Aktien- und Anleihemärkten. Bereits jetzt werden  Staatsanleihen gut nachgefragt. Kommt nun auch noch die EZB als Käufer dazu, kann sich die Situation erheblich verschärfen. Dazu gesellt sich ein weiterer Aspekt: Im Vergleich zu neueren Papieren werfen ältere Staatsanleihen Zinsen ab. Staatsanleihen sind vor allem für Banken besonders interessant, da sie bilanziell nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen und eine risikoarme Anlage darstellen. Warum also sich davon trennen?

    Von Gemeinschaftshaftung und Wirkungslosigkeit

    Geht der Plan der Notenbank auf? Experten warnen: Die expansive Geldpolitik und die Anleihekäufe der EZB werden die Konjunktur in Europa weit weniger ankurbeln als erhofft. So bekundet unter anderem Bundesbank-Präsident Jens Weidmann Zweifel an der Wirksamkeit der Staatsanleihenkäufe in der Euro-Zone. „Die Wirkungen sind zwar schwer abschätzbar, werden in Europa aber wohl geringer sein als in den USA“, sagte er vor Kurzem in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“. (Lesen Sie hier warum)

    Top-Ökonom Hans-Werner Sinn betont das Problem der Gemeinschaftshaftung. „Geht ein Staat, dessen Papiere die EZB-Zentrale kauft, pleite, zahlt er zwar keine Zinsen mehr, doch teilen sich alle nationalen Notenbanken und damit alle anderen Staaten die Verluste.“  Ohnehin sieht der Top-Ökonom neulich in einem Beitrag in der "WirtschaftsWoche" in den Anleihekäufen keinen ökonomischen „Unterschied zu einer direkten Finanzierung der Staaten durch die EZB.“ Sein Fazit: „Die italienische Interpretation der Notenbankpolitik hat über die deutsche gesiegt.


    Die Rechnung wird am Schluss gemacht… Gegenwärtig jubeln die Märkte in Aussicht auf die massive Geldspritze und die Aussage von EZB-Chef Draghi alles zu tun, um den Euro zu retten. Die Märkte jagen ein Rekordhoch nach dem anderen.
     





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    EZB-Staatsanleihenkauf Das große geldpolitische Experiment der EZB - Geldschwemme startet am 9. März Die Europäische Zentralbank startet ihr Ankaufprogramm von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren. Bis zu 60 Milliarden Euro will die EZB monatlich in die Märkte pumpen. Doch die Kritiker stehen bereits Schlange. Der DAX erklimmt Rekordhoch.

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