Franken-Chaos
Schweizer Industrie schüttelt Franken-Schock so leicht nicht ab
Es wäre auch zu schön gewesen. Der Franken wertet so stark und schnell auf wie in den letzten Jahren kaum eine andere Währung global und die anpassungsfähige Schweizer Industrie schüttelt den Schock einfach so ab. Und all dies, ohne dass die Konjunktur weiter darunter leidet.
Es zeigt sich in den harten Daten immer mehr, dass dies nicht so ist. Letzte Woche waren es die Import- und Produzentenpreise, davor die Konsumentenpreise, der Arbeitsmarkt und die Loggiernächte, die negativ überraschten. Die sich weiter einigermassen stabil haltende Stimmung der Konsumenten und die hohe Anschaffungsneigung täuscht dabei genauso wie der gestrige Anstieg der Einzelhandelsumsätze im März um 0,7% im Monatsvergleich. Dieser folgt einem Umsatzrückgang von zusammen 4% im Januar und Februar, der dazu führen wird, dass der private Konsum im 1. Quartal rückläufig gewesen sein sollte. Im Jahresvergleich liegt er nun nominal 4,6% unter dem des Vorjahres. In konstanten Preisen gerechnet ist das sicherlich etwas besser.
Aber hier zeigt sich ein anderes Problem – die allgemein fallenden Preise. Die Nationalbank möchte das nicht Deflation nennen, da nicht mit einer lang anhaltenden Periode von negativen Lohn-Preisspiralen gerechnet werden muss. Das mag sein und die flexible und anpassungsfähige Schweizer Wirtschaft sollte tatsächlich mittelfristig auf den Wachstumspfad zurückschwenken. Es darf dennoch nicht vergessen werden, dass der dazu notwenige Anpassungspfad deflationär ist und daher ist es auch angemessen die dieses und nächstes Jahr mit voraussichtlich 1% und 0.7% fallenden Preise als Deflation zu bezeichnen.
Deflationär ist der Anpassungsprozess nach dem Frankenschock deshalb, weil er nicht nur Exporte und Importe betrifft, sondern auch den Schweizer Arbeitsmarkt. Recht deutlich zu erkennen war im letzten Arbeitsmarktbericht, dass vor allem grenznahe Regionen wie Basel-Stadt und Schaffhausen sowie exportorientierte Industrien wie die Metallverarbeitung, der Maschinenbau, die Elektrotechnik und die Uhrenindustrie besonders starke Arbeitsplatzverluste zu verzeichnen hatten. Das Argument, dass dies margenstarke Industrien sind, deren Kundschaft wenig preissensitiv ist, fängt also nicht ganz.
Stattdessen ist zu erkennen, dass sich der Anpassungsdruck fortsetzt. Unerwartet stark sind im April erneut die Preise von Importgütern mit 3.1% und die von heimisch hergestellten Gütern mit 1.6% im Monatsvergleich gefallen. Auffallend dabei war, dass sich der Preisrückgang erneut in den Branchen konzentriert hat, in denen der Arbeitsmarktrückgang deutlicher war.
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Es ist nur ein kleiner Schritt von fallenden Preisen und einem schlechten Arbeitsmarkt bis zu fallenden Löhnen und Konsumzurückhaltung. Es gibt sicherlich auch einige Branchen, die vom Wechselkurs wenig betroffen sind und einer Anpassungsphase wird sicherlich auch wieder eine Expansionsphase folgen, vor allem bei einer sich verbessernden Euroland-Konjunktur. Die aktuellen Prozesse zu verharmlosen wird der Situation allerdings nicht gerecht.