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    Chinesische Aktienmärkte  4568  3 Kommentare Crashgefahr vorerst gebannt - Peking hebelt freien Markt aus! Kann das gut gehen?

    Während Europa in der Griechenland-Dauerschleife feststeckt, brennt in Übersee die Luft. Die chinesischen Börsen rauschen seit Tagen in die Tiefe. Doch das wahre Drama offenbart sich in der Rolle Pekings.

    Es ist eine der beliebtesten Geschichten der griechischen Mythologie: Ikarus fliegt mit seinen Flügeln immer höher, immer weiter – bis er in seinem Übermut der Sonne zu nahekommt und sich an ihr verbrennt. So gesehen ist das, was sich derzeit an den Börsen Chinas abspielt, eine moderne Interpretation der Ikarus-Geschichte.

    Genau wie der tragische Held griffen auch die chinesischen Märkte nach der Sonne. Durch meist spekulative Aktienkäufe auf Pump trieben Anleger den Aktienmarkt im vergangenen Jahr um weit mehr als 100 Prozent in die Höhe. Allein in Shanghai sind die Kurse binnen Jahresfrist um 150 Prozent gestiegen. Im Juni dieses Jahres knackte die Marktkapitalisierung der chinesischen Festland-Börsen schließlich sogar die 10-Billionen-Dollar-Marke (wallstreet:online berichtete). Doch dann kamen die Chinesen der Sonne zu nahe…

    Kaum war die 10-Billionen-Dollar-Schwelle durchbrochen, schlug die Stimmung schlagartig um. Statt weiter durch die Decke, ging es plötzlich steil bergab. Das Ausmaß dieses Kursverfalls ist gigantisch. Rund ein Drittel haben die chinesischen Börsen seit Mitte Juni bereits an Wert eingebüßt. Dabei wurden sagenhafte 3,9 Billionen Dollar an Unternehmenswerten vernichtet.

    Börsencrash versetzt Anleger in Angst und Schrecken

    Die chinesische Regierung versucht gemeinsam mit der Notenbank seit Wochen verzweifelt den Börsencrash aufzuhalten. Doch sie schafften es nicht, wieder Herr der Lage zu werden. Staatliche Eingriffe wie der Stopp von Börsengängen, Geldspritzen der Notenbank, die Senkung von Transaktionskosten – sie alle verpufften beinahe wirkungslos. Selbst als die Regierung die großen Brokerhäuser und Fondsgesellschaften verpflichtete, ihre Papiere zu behalten, rauschten die Kurse unvermindert in die Tiefe. Anlegern wie Experten stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.

    Denn das wahre Drama offenbart sich in eben dieser Ohnmacht Pekings. Bisher hatten Experten den Kursrutsch als regionales Problem, rund 90 Prozent des investierten Geldes stammt von Chinesen selbst, bzw. als überfällige Korrektur heiß gelaufener Märkte interpretiert. Vor allem aber war man sich sicher, dass die Regierung in China den Crash problemlos in den Griff kriegen würde. Erst jetzt, wo eine Maßnahme nach der anderen scheitert, macht sich langsam aber sicher Panik breit.

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    Peking droht das Steuerrad zu verlieren

    Die Erwartungen an die Führung in Peking sind höher als dies in anderen Regionen der Fall ist. Während die westlichen Märkte gemäß der marktkapitalistischen Maxime weitgehend freie Hand haben, brummt der chinesische Wirtschaftsmotor streng nach Plan. Und das in der Vergangenheit mehr als erfolgreich. Peking steuerte die Wirtschaft stetig in Richtung Weltspitze. Die Mischung aus Kapitalismus und Planwirtschaft lieferte Wachstumszahlen, von denen andere westliche Länder nur träumen konnten.

    Aber in letzter Zeit ist der chinesische Wirtschaftsmotor erheblich ins Stottern geraten. So setzten die Erzeugerpreise nach Angaben des Pekinger Statistikamtes im Juni mit Minus 4,8 Prozent ihren seit drei Jahren anhaltenden Rückgang fort. Die Inflation lag mit 1,4 Prozent etwas höher als erwartet. In der ersten Jahreshälfte stieg der Verbraucherindex aber damit auch nur um 1,3 Prozent. Das Regierungsziel von 3 Prozent ist damit in weiter Ferne.

    Drohen der chinesischen Regierung demnach erst die Wirtschaft und jetzt auch die Finanzmärkte aus zu entgleiten? Zumindest sah es in den vergangenen Tagen danach aus, als hätte Peking das Steuerruder verloren. Doch so leicht wollte sich die Führung nicht geschlagen geben. Und siehe da … der Kursverfall scheint erst einmal gestoppt.

    Märkte stabilisieren sich – das mulmige Gefühl bleibt

    Der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Unternehmen vom Festland stieg am Donnerstag um 6,4 Prozent auf 3897,63 Punkte, nachdem er im frühen Handel noch mehr als drei Prozent gefallen war. Der breitere Shanghai Composite legte5,8 Prozent auf 3709,33 Punkte zu. Es war der stärkste Anstieg an einem Tag seit einem Jahr. Auch in Shenzen und Hongkong ging es nach oben (siehe hier).

    Grund für die Erholung sind neue, drastische Maßnahmen, die Chinas Aufsichtsbehörden in der Nacht auf Donnerstag verkündet hatten. So dürfen Anteilseigner, die Beteiligungen von mehr als fünf Prozent an einem Unternehmen halten, ihre Aktien in den nächsten sechs Monaten nicht veräußern, wie die Wertpapieraufsicht anordnete. Damit solle die „Stabilität an den Kapitalmärkten gewahrt“ werden.

    Ein mulmiges Gefühl bleibt trotzdem. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob der Crash tatsächlich gestoppt ist oder ob sich der Kursverfall nur eine kurze Verschnaufpause gönnt. Der bittere Nachgeschmack entsteht auch dann, wenn es der Regierung tatsächlich gelingen sollte, die Märkte zu stabilisieren. Denn dann stellt Peking einmal mehr unter Beweis: In China herrschen nicht die Gesetze des freien Marktes, sondern einzig die der Regierung. Alles läuft strikt nach Plan und die Fäden zieht das Zentralkomitee – auch die der Finanzmärkte.





    wallstreetONLINE Redaktion
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