Finanzliteratur
Was uns die Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre lehrt
Im Jahr 2008 begann die größte Finanzkrise seit 75 Jahren. Das gesamte Finanzsystem schien kurz vor dem Kollaps. Viele sahen und sehen bis heute den Grund dafür, dass Währungen nicht mehr durch Gold hinterlegt sind. Der Goldstandard, so meinen einige, hätte die jüngste Finanzkrise verhindert und würde überhaupt viele Probleme lösen. Dass diese Auffassung falsch ist, zeigt Liaquat Ahamed sehr anschaulich in seinem Buch „Die Herren des Geldes“. Denn Ahamed beschreibt schlüssig, wie gerade das dogmatische Festhalten am Goldstandard die Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren verschärfte.
Der Untertitel des Buches lautet: „Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott treiben.“ Die vier Bankiers, um die es hier geht, sind die vier Chefs der Notenbanken Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und der USA: Montagu Norman, Emile Moreau, Hjalmar Schacht und Benjamin Strong. Sie waren in den 1920er-Jahren die Finanz-Autoritäten schlechthin und so berühmt wie zuletzt Alan Greenspan. In seinem Buch stellt Liaquat Ahamed die Lebenswege dieser vier Notenbanker dar sowie die Zeit, in der sie wirkten.
So erhält der Leser einen sehr guten Eindruck, wie der Goldstandard vor dem Ersten Weltkrieg funktionierte. Während des großen Krieges lösten alle Staaten außer den USA ihre Bindung ans Gold, um die hohen Kriegskosten finanzieren zu können. London verlor damals seine Vormachtstellung in der Finanzwelt an New York. In den 1920er-Jahren führten Großbritannien, Deutschland und Frankreich nach und nach wieder den Goldstandard ein.
Montagu Norman überredete 1925 den damaligen Finanzminister Winston Churchill dazu, das britische Pfund wieder ans Gold zu binden. Und zwar trotz der Warnungen des Ökonomen Maynard Keynes. Die Folge war eine schwerwiegende Wirtschaftskrise. Churchill sagte später, dass die Rückkehr zum Goldstandard der größte Fehler seines Lebens war. Großbritannien lernte damals auf eine sehr harte Weise, dass die Fessel des Goldstandards auf einer überholten, dogmatischen Denkweise beruhe und zu einer hoffnungslos ineffizienten Geldpolitik führe, die die ganze Wirtschaft ins Desaster stürzen kann.
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Ahamed beschreibt die Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren sehr detailliert: die Bankenzusammenbrüche, den Rückgang der Wirtschaft, die Heere von Arbeitslosen, die allgemeine Hoffnungslosigkeit und die politische Unsicherheit. Die Krise damals war zweifellos um vieles schlimmer als das, was wir ab 2008 erlebt haben. Sie wurde erst überwunden, nachdem sich zunächst Großbritannien 1931 und dann die USA 1933 vom Goldstandard lösten. Wer angesichts der jüngsten Finanzkrise glaubt, dass die Rückkehr zum Goldstandard die Wirtschaft stabiler machen würde, tut gut daran, sich mit dem sehr lesenswerten Buch von Liaquat Ahamed zu beschäftigen.