Neue Cashkurs*Trends-Ausgabe
Videospiele und virtuelle Zusatzinhalte: Raus aus der Schmuddelecke
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Welt wird immer verrückter – mag man meinen. Kaum jemand ist mehr bereit Geld für eine Musik-CD oder eine Zeitung auszugeben, aber für ein virtuelles Schwert, eine nicht existierende Schatzkiste oder einen Zauberspruch (der an der U-Bahn-Haltestelle ganz sicher nicht funktioniert) werden Millionen ausgegeben. Verrückt? Nein, nur die neue Normalität. Niemand würde für ein Handyspiel 90 Euro ausgeben. Aber ein kostenloses Spiel von dem alle erzählen, wie toll es ist... das kann man ja mal ausprobieren. Kostet ja nix.... Nach einigen Stunden – das Spiel hat einen hohen Suchtfaktor – hat man die Möglichkeit einfach so weiterzukrebsen, immer wieder mal ein Spiel zu gewinnen aber auch 2 zu verlieren weil man eben nur die minimale Ausrüstung seiner Spielfiguren hat. Einfache Waffen, schlichte Rüstung... naja, damit lässt sich halt kein Krieg gewinnen. Wenn ich aber dieses Prunkschwert hätte, mit dem mein Gegner mich immer besiegt...das wär was... Im Onlineshop bekomme ich das für nur 100 Edelsteine. Gut, die muss ich wiederum mit echtem Geld kaufen... Umgerechnet 1 Euro. Ach was soll’s, dann kaufe ich das eben ist ja nicht viel Geld. 100 Edelsteine kosten 1 Euro, aber für 5 Euro krieg ich sogar 700 Edelsteine. Das lohnt sich. Also was soll’s, kaufe ich eben für 5€ 700 Edelsteine. Wow, jetzt kann ich mir auch noch den Lederschild kaufen...
So beginnt es meistens und man ist ehe man es sich versieht in einer der raffiniertesten Marketingmaschinen der Neuzeit verfangen aus der man kaum mehr rausfindet. Die Spiele machen süchtig, wie selbst der Jugendschutz längst feststellt. Ständig werden neue noch bessere Waffen und Zubehörteile angeboten. Drei Spielrunden am Tag darf man kostenlos spielen. Die nächste, man will ja jetzt nicht aufhören, kostet ja nur 18 Cent.... Unversehens steigern sich die Kosten für manchen Spielbegeisterten auf dreistellige Beträge...im Monat! Für ein Handyspiel, in dem er NICHTS gewinnen kann, außer Spielspaß. Keiner wäre bereit auch nur 59 € für die Anschaffung eines solchen Spiels auszugeben, wenn dafür alles weitere kostenlos wäre. Aber hunderte von Euro in vermeintlich homöopathischen Dosen sind offenkundig kein Problem.
Das ist vollkommen legitim und auch nicht zu beanstanden. Die Industrie bietet den Leuten das, was sie offenkundig wollen, befriedigt Sehnsüchte und Wünsche. Niemand ist gezwungen, sich darauf einzulassen. Die Lebenswelt verlagert sich immer mehr ins Digitale. Menschen in unserer Umgebung versinken für Stunden im digitalen Universum und nichts davon ist real, anfassbar. Alles digitale Seifenblasen, die nur in unserem Gehirn existieren. Aber war das früher mit Kinofilmen und Buchinhalten anders?
Dass jetzt sogar die Deutsche Börse AG in den Handel mit virtuellen Laserschwerten und ähnlichen Objekten einsteigt, ist in der Tat eine sehr gewöhnungsbedürftige Entwicklung, aber letztlich nur die logische Folge eines Trends, der gerade erst beginnt.
Es bleibt sehr schwer abzuschätzen, wer genau von diesem Megamarkt profitieren wird, denn zahllose Spieleanbieter buhlen um die Aufmerksamkeit der Spieler. Wer in den Tiefen eines Spiels gefangen ist, spielt nur in seltenen Fällen parallel ein anderes Spiel. Alles dreht sich so lange um Pokémon Go, bis ein anderes Spiel wie derzeit ClashRoyal die Gemeinschaft der Spieler in seinen Bann zieht und die Karawane weiterzieht. Ein großer und wachstumsstarker Markt mit allerdings auch vielen Konkurrenten. Hier gilt es die größten und einflussreichsten zu identifizieren.
Lassen wir uns darauf ein und versuchen auch wir unser Stück vom virtuellen Kuchen zu sichern – er macht garantiert nicht dick.
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Ihr
Dirk Müller