Medizintechnik - Beste Besserung (EurAmS)
von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Globales Geschäft hat manchmal ein unscheinbares Gesicht. Kleine Bürgerhäuser, ein Rathaus
in Sandsteinoptik, das ist das Zentrum von Erlangen, der selbst ernannten "Bundeshauptstadt für
Medizin und Medizintechnik". Der Taxifahrer weiß beim Straßennamen sofort, wo die Reise
hingeht: "Jawoll, zu Siemens Med", sagt der Mann mit fränkischem Akzent.
Jeder vierte Arbeitsplatz in der Hochschulstadt hängt an der Branche. Hauptarbeitgeber ist der
zweitgrößte Medizintechnik-Konzern der Welt, Siemens. Die Unbeschwertheit der Leute liegt
nicht bloß am schönen Spätsommerwetter: Die Stadt hat Geld, die Menschen haben Arbeit. Mit
ihrem regionalen Zentrum für die Boom-Branche haben die Franken das große Los gezogen.
Die Ruhe und Beschaulichkeit endet hinter dem Glasportal der weltweiten Zentrale von Siemens
Med. Im 13. Stock ficht Spartenvorstand Erich Reinhardt um Marktanteile und Margen. Das letzte
Scharmützel lief nicht so vorteilhaft für den Chef von weltweit 33000 Mitarbeitern. Für eine
Milliarde Euro ging der dänische Hörgerätehersteller GN Resound an den Schweizer
Konkurrenten Phonak. Für Reinhardt steht zwar fest, dass die Konkurrenz viel zu teuer
eingekauft hat: "Den Preis, den Phonak für GN Resound gezahlt hat, halten wir für deutlich zu
hoch", sagt der Med-Chef Im Interview mit €URO am Sonntag. Und doch haben
die Eidgenossen damit den Erlangern die Weltmarktführerschaft in einer lukrativen Nische
abgejagt.
Es tobt eine heftige Schlacht um die beste Ausgangsposition im Milliardenmarkt Medtech, wie
es im Fachchinesisch heißt. Und es sind simple Fakten, die globale Spieler wie Siemens-Chef
Klaus Kleinfeld, GE-Boss Jeffrey Immelt oder Philips-Vorstand Gerard Kleisterlee unwiderstehlich
anziehen: Die Weltbevölkerung wächst unaufhaltsam, bis zum Jahr 2030 soll es bereits neun
Milliarden Erdenbürger geben. Zudem steigt die Lebenserwartung der Weltbevölkerung
kontinuierlich.
Nicht nur im Westen, sondern vor allem auch in den asiatischen Boom-Regionen wie etwa in
China wächst die Bereitschaft der Menschen, immer mehr Geld für eine gute medizinische
Versorgung auszugeben. Auf 200 bis 300 Milliarden Dollar Jahresumsatz wird der Markt taxiert,
die Wachstumsraten schwanken je nach Schätzung zwischen neun und elf Prozent.