Was Ökonomen über den Wirtschaftsboom denken
Es läuft für Deutschland
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Wirtschaft hat das vergangene Jahr mit einem robusten Aufschwung beendet. Um 0,6 Prozent ist das Bruttoinlandsprodukt von Oktober bis Dezember gegenüber dem Vorquartal gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Das ist das 14. Plus in Folge. Im Gesamtjahr ist die Wirtschaft um 2,2 Prozent gewachsen. Ökonomen geben sich mit Blick auf die Zukunft vorsichtig optimistisch, weisen aber auch auf bestehende Risiken hin. Hier ein paar Einschätzungen im Überblick:
Christian Lips, Analyst bei der Nord/LB:
"Die deutsche Wirtschaft hat sich im vergangenen Jahr erneut als äußerst robust gegenüber vielfältigen Risiken erwiesen. Dies ist aber keine Garantie dafür, dass es auch in Zukunft so bleibt. Die Wahlen in Italien, Donald Trump, die schwierigen Brexit-Verhandlungen und die geopolitischen Konflikte sind Risikofaktoren für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Auch ist noch nicht gesichert, ob und wann Deutschland endlich wieder eine gewählte Regierung hat, wenngleich die Ablehnung des Koalitionsvertrages durch die SPD-Basis nicht sehr wahrscheinlich sein dürfte."
Florian Hense, Volkswirt bei Berenberg:
"Während Deutschland seit nunmehr fast fünf Monaten darauf wartet, dass es eine neue Regierung bekommt, tut die Wirtschaft das, was sie am besten kann: Kräftig wachsen. Bisher vorliegende Indikatoren deuten zudem darauf hin, dass das Tempo in diesem Jahr wahrscheinlich beibehalten wird, wenn es nicht gar zu einer Beschleunigung kommt. Zwar wurden entsprechende Umfragen noch vor der jüngsten Korrektur an den Aktienmärkten durchgeführt, die sich sicherlich auf die Unternehmen und Konsumlaune ausgewirkt hat. Solange sie aber nicht längerfristig bestehen bleibt, dürfte die Wirtschaft insgesamt davon nicht betroffen sein."
Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank:
"Für das gesamte Jahr 2018 ist noch immer ein starkes Plus von 2,5 Prozent wahrscheinlich, auch wenn die Statistiker zurückliegende Daten leicht nach unten revidiert haben. Wir sind weiterhin der Meinung, dass der Aufschwung trotz des Zurückdrängens der Schröderschen Arbeitsmarktreformen noch zwei, drei Jahre anhalten könnte, weil zyklische Verspannungen oder Übertreibungen noch nicht in Sicht sind."
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Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland bei Unicredit:
"Schauen wir auf die einzelnen Wachstumstreiber, dann zeigt sich, dass es vor allem die Nettoexporte waren, die die Wirtschaft befeuert haben. Die allgemeine inländische Nachfrage fiel hingegen verhältnismäßig schwach aus, wobei wir nicht davon ausgehen, dass das so bleibt. Stattdessen weisen starke Fundamentaldaten darauf hin, die Konsumlaune sowie Investitionen von Unternehmen demnächst noch anziehen werden, während das Exportgeschäft dank des weltweiten Aufschwungs weiter stark bleiben wird."
Jennifer McKeown, Chefvolkswirtin bei Capital Economics:
"Die seit der Bundestagswahl bestehende politische Unsicherheit scheint sich nicht negativ auf die Unternehmen oder die Konsumlaune ausgewirkt zu haben. Unter der Annahme, dass die Große Koalition ab März steht, dürften die Verbraucherausgaben dank diverser Wahlgeschenke etwa für Familien in diesem Jahr noch weiter zunehmen. Insgesamt erwarten wir für 2018 weiterhin ein Wachstum von 2,7 Prozent. Dennoch: Die Inflationsdaten waren zuletzt eher schwach und das Lohnwachstum weiter gedämpft. Somit dürfte die Stärke der deutschen Wirtschaft keine starke Inflation in der Eurozone zur Folge haben, die eine Änderung der ultralockeren Geldpolitik der Europäische Zentralbank notwendig machen würde."
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