Paritätischer Verband sieht Chancen für Überwindung von Hartz IV
BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts der aktuellen Debatte über Hartz IV sieht der Paritätische Wohlfahrtsverband neue Chancen für eine Überwindung der Grundsicherung. "Mit Reförmchen ist es nicht getan", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider am Donnerstag in Berlin. Hartz IV habe "ganz zurecht" einen Ruf zwischen Tristesse und Abstrafung. "Einen sorgenden Sozialstaat brauchen wir in Deutschland neben dem aktivierenden Sozialstaat." Für viele Langzeitarbeitslose sei Hartz IV eine Sackgasse. Äußerungen von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) über Hartz IV und Armut signalisierten eine neue Gesprächsbereitschaft der Bundesregierung bei dem Thema.
Der Verband forderte unter Berufung auf eigene Berechnungen die Anhebung des Regelsatzes für Alleinstehende von 416 auf 571 Euro. Sofort müsse der Satz um 37 Prozent erhöht werden, dann solle eine Kommission beraten, wie die Regelsätze künftig ausgestaltet sein sollten. Die Sanktionen etwa für Hartz-IV-Bezieher, die Termine beim Jobcentern versäumen, sollten komplett abgeschafft werden. Das höhere Arbeitslosengeld I solle nicht mehr nur ein Jahr gezahlt werden, sondern drei Jahre. Der im Koalitionsvertrag versprochene soziale Arbeitsmarkt müsse ein "Hilfesystem auf der Basis sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung" werden, so Schneider.
Die Arbeitgebervereinigung BDA verteidigte die heutige Grundsicherung. "Um dieses System der Armutsbekämpfung beneidet uns die ganze Welt", erklärte der Verband. Die Regelsätze seien auskömmlich und würden jährlich angehoben. "Statt Schwarzmalerei und Scheindebatten, die an der Realität meilenweit vorbeigehen, brauchen wir Reformen in der Grundsicherung, um Langzeitarbeitslose schneller in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren."
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Grünen-Chef Robert Habeck forderte, das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) durch eine armutsfeste Garantiesicherung zu ersetzen. Beim Arbeitslosengeld I sollten jene, die länger eingezahlt haben, auch längere Auszahlungen bekommen./bw/DP/he