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     1229  0 Kommentare Ölpreise steigen kräftig nach US-Austritt aus Iran-Abkommen

    NEW YORK/LONDON (dpa-AFX) - Der Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran hat die Ölpreise am Mittwoch kräftig steigen lassen. Hauptgrund ist die Furcht vor Angebotsengpässen, nachdem die Vereinigten Staaten ausgesetzte Sanktionen wieder aufleben lassen. Allerdings ist es alles andere als klar, was der Schritt der US-Regierung für den Ölmarkt konkret bedeutet.

    Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete gegen Mittag 76,77 US-Dollar. Das waren 1,92 Dollar mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Juni kletterte um 1,78 Dollar auf 70,84 Dollar. Zeitweise hatten die Preise um jeweils rund zwei Dollar zugelegt.

    Damit liegen die Ölpreise knapp über dem Niveau, das sie bereits zu Wochenbeginn erreicht hatten. Zurzeit kosten die beiden führenden Rohölsorten der Welt so viel wie letztmalig Ende 2014, also wie seit etwa dreieinhalb Jahren nicht mehr. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der Furcht vor einem zu geringen Angebot an Rohöl, sondern auch in einer steigenden Erdölnachfrage als Folge einer solide wachsenden Weltwirtschaft.

    Die USA hatten sich am Vorabend trotz des massiven Widerstands europäischer Partner aus dem Abkommen über das Atomprogramm des Iran zurückgezogen. Die im Rahmen des Abkommens ausgesetzten Sanktionen sollen in voller Härte wieder zum Tragen kommen. "Wir werden die höchste Stufe von Wirtschaftssanktionen einführen", erklärte US-Präsident Donald Trump. Die Europäische Union hält Trumps Entscheidung für gefährlich für die Lage im Nahen Osten und will die Sanktionen ausgesetzt lassen.

    Zu den amerikanischen Sanktionen gehört auch die Aufforderung an Abnehmer iranischen Rohöls, die Käufe innerhalb von 180 Tagen zu reduzieren. Die USA selbst importieren kein Rohöl aus Iran. Während es grundsätzlich denkbar ist, dass die Rohölpreise als Folge der US-Sanktionen weiter steigen könnten, ist dies jedoch alles andere als sicher. Fachleute sind sich über die konkreten Auswirkungen noch nicht im klaren.

    So ist vor allem noch nicht sicher, wie sich die größten Abnehmer iranischen Rohöls verhalten werden. Dies sind in erster Linie China, die Europäische Union, Indien, Japan, Südkorea und die Türkei. Dass China den amerikanischen Sanktionen umfänglich folgt, gilt angesichts des Handelskonflikts mit den USA als unwahrscheinlich. Die EU hat bereits angekündigt, an dem Abkommen mit Iran festhalten zu wollen. Einige Fachleute halten daher die Auswirkungen der US-Sanktionen auf den Ölmarkt insgesamt für eher gering.

    Experten weisen darüber hinaus auf eine Ausnahmeregelung hin. So stellen die USA einzelnen Ländern die Möglichkeit in Aussicht, dem Iran weiterhin Rohöl abzunehmen, soweit die Ölnachfrage gegenüber dem Land ausreichend reduziert wird. Als ein erstes Land gab Japan bekannt, sich um eine solche Ausnahmegenehmigung bemühen zu wollen. Dazu will das Land in Erfahrung bringen, ob das aktuelle Einfuhrniveau dafür ausreiche. Die gegenwärtige Nachfrage sei niedriger als vor dem erstmaligen Inkrafttreten der Iran-Sanktionen, argumentiert Japan.

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    Im aktuellen Umfeld könnten aber auch geringe Angebotsverknappungen deutliche Auswirkungen haben, denn der Ölmarkt ist angespannt. Dies ist zum einen auf eine von der Opec und anderen großen Produzenten wie Russland installierte Fördergrenze zurückzuführen. Deshalb halten es Fachleute auch für unwahrscheinlich, dass der Ölriese Saudi-Arabien wie in früheren Zeiten Angebotsausfälle ausgleichen könnte. Gleichwohl erklärte das Land, zusammen mit anderen Opec-Staaten die Auswirkungen auf dem Ölmarkt gering halten zu wollen. Der zweite große Produzent Russland dürfte aufgrund der angespannten politischen Beziehungen zu dem Westen dafür nicht in Frage kommen.

    Darüber hinaus ist das weltweite Rohölangebot knapp, weil die Förderung im Krisenland Venezuela, das im Besitz der größten Ölreserven der Welt sein soll, in den vergangenen Jahren dramatisch geschrumpft ist. Seit 2015 ist die Tagesproduktion um knapp eine Million Barrel oder 40 Prozent abgestürzt. Als wesentlicher Grund dafür gelten fehlende Investitionen in die maroden Förderanlagen. In Venezuela herrscht aufgrund einer desaströsen Wirtschaftslage Mangelwirtschaft. Die Verantwortung wird nicht unwesentlich der sozialistischen Führung unter Präsident Nicolas Maduro und amerikanischen Wirtschaftssanktionen zugeschrieben./bgf/jsl/jha/




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