Regierungssuche in Rom
Populisten hoffen auf Segen des Präsidenten
ROM (dpa-AFX) - In Italien bahnt sich elf Wochen nach der Parlamentswahl das Ende der Regierungsbildung an. Die Koalitionspartner, die Fünf-Sterne-Protestbewegung und die rechtspopulistische Lega, wollten am Montag Staatschef Sergio Mattarella einen Ministerpräsidenten vorschlagen und ihr Regierungsprogramm vorlegen. Mattarella muss dann entscheiden, ob er den Weg freimacht für ein politisches Experiment: Mit der Regierung aus den zwei grundverschiedenen Parteien, die aber beispielsweise ihre Europa-Kritik verbindet, könnte ein EU-Gründerstaat erstmals grundsätzlich auf Distanz zur Staatengemeinschaft gehen.
Die Koalition wird in der EU mit Skepsis betrachtet. Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass die Interessen Italiens künftig im Mittelpunkt stehen sollen. Auch wollen die Sterne und die Lega die europäischen Verträge mit Blick auf Staatsverschuldung und Haushaltsdefizit "neu diskutieren". Geplant sind eine Abkehr vom Sparkurs und milliardenschwere Vorhaben wie die Einführung eines Grundeinkommens und die Senkung des Rentenalters. Italien gehört weltweit zu den Ländern mit der höchsten Staatsverschuldung.
Der Quirinalspalast setzte die Gespräche mit den Fünf Sternen und der Lega für den späten Nachmittag an. Danach könnte bekannt werden, wen die Parteien als künftigen Regierungschef wollen. Auf diese Personalie hatten sich Sterne-Chef Luigi Di Maio und Lega-Anführer Matteo Salvini am Sonntag nach langem Ringen geeinigt.
Spekuliert wird, dass die Wahl auf Universitätsprofessor und Rechtsanwalt Giuseppe Conte gefallen sein könnte. Der 54-jährige Jurist steht den Fünf Sternen zwar nahe, wäre aber ein Neuling in der Politik. Die Partei bezeichnete er vor der Wahl am 4. März als "wunderbares, unglaubliches, politisches Labor", weil sie auch unabhängige Figuren mit einbezöge.
Die Sterne verstehen sich als Anti-Establishment-Partei, die weder rechts noch links einzuordnen ist, und sich für die Belange des armen Südens einsetzt.
Die Lega hat sich unter Parteichef Salvini von einer Separatisten-Partei aus dem Norden zur ausländerfeindlichen Bewegung auf nationaler Ebene entwickelt und im Wahlkampf Stimmung gegen Migranten gemacht.
Beide Parteien gelten als europakritisch und versprechen eine "Regierung des Wandels". Salvini sagte am Sonntag, man wolle das Land "radikal verändern". "Wir werden das Gegenteil von dem machen, was die früheren Regierungen getan haben."/lkl/DP/he