checkAd

    GESAMT-ROUNDUP  404  0 Kommentare SPD will sich im Asylstreit nicht unter Druck setzen lassen

    BERLIN (dpa-AFX) - Nach der hart erkämpften Einigung der Union auf einen Asylkompromiss haben es nun die SPD, Österreich und Italien in der Hand, ob er auch umgesetzt werden kann. Die Sozialdemokraten kündigten am Dienstag eine gründliche Prüfung der von CDU und CSU geplanten Transitzentren für Flüchtlinge an der Grenze zu Österreich an. Die Regierung in Wien will Maßnahmen an Österreichs Südgrenze zu Italien und Slowenien ergreifen, falls die SPD dem Kompromiss zustimmen sollte. Aus Italien, dem Land über das ein Großteil der Flüchtlinge nach Deutschland kommt, gab es zunächst keine Reaktion.

    Kanzlerin Angela Merkel rief die Koalitionspartner nach dem erbitterten Streit mit der CSU dazu auf, zu seinem sachlichen Arbeitsstil zurückzukehren. "Ich glaube, es wäre jetzt gut, wenn wir auch jetzt in anderen Bereichen der Politik eine ruhige Arbeitsmethodik an den Tag legen", sagte die CDU-Chefin am Dienstag nach Teilnehmerangaben in einer Fraktionssitzung.

    Sie hatte sich am Vorabend mit dem Innenminister und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer auf die Einrichtung der sogenannten Transitzentren geeinigt. Von dort sollen Asylbewerber, für deren Verfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist, in diesen Staat zurückgebracht werden. Gibt es zwischen Deutschland und dem betreffenden EU-Land keine entsprechende Vereinbarung für eine beschleunigte Rückführung, ist vorgesehen, den Schutzsuchenden nach Österreich zurückzuweisen.

    Offen ist aber, ob Österreich da mitmacht. Außenministerin Karin Kneissl sagte, die Pläne würden "eine ganze Reihe von europarechtlichen und damit auch politischen Fragen" aufwerfen. "Wir wurden zu keinem Zeitpunkt einbezogen. Und wir warten jetzt auf weitere Details von deutscher Seite", sagte Kneissl am Dienstag in Schengen (Luxemburg) am Rande eines Treffens mehrerer europäischer Außenminister. "Ob Österreich - und mit welchen Maßgaben - ein Abkommen abschließen könnte, weiß ich heute nicht."

    Bereits zuvor hatten sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorbehalten, Maßnahmen zur Sicherung der österreichischen Südgrenze zu ergreifen. "Sollte diese Einigung so zur deutschen Regierungsposition werden, sehen wir uns dazu veranlasst, Handlungen zu setzen, um Nachteile für Österreich und seine Bevölkerung abzuwenden", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

    Ob und wann die Vorstellungen der Union zur Regierungspolitik werden, blieb am Dienstag zunächst völlig offen. SPD-Chefin Andrea Nahles sagte, es gebe "noch ungedeckte Schecks in dieser Verabredung". Neben fehlenden Abkommen mit Italien und Österreich sei der Begriff Transitzentren irreführend. Solche Zentren hatte die SPD 2015 unter völlig anderen Voraussetzungen abgelehnt. Damals kamen täglich Tausende Flüchtlinge nach Deutschland. In der Fraktion wurde besonders die Frage erörtert, ob die geplanten Aufnahmeeinrichtungen geschlossene, gefängnisähnliche Zentren sein sollen.

    Der frühere SPD-Chef Martin Schulz kritisierte das Agieren der CSU im Asylstreit scharf und betonte, dass die SPD sich nun nicht unter Druck setzen lasse. Es könne nicht sein, "dass sich da ein paar Durchgeknallte wochenlang gegenseitig öffentlich beschimpfen, beleidigen" und die SPD dann innerhalb von 24 Stunden entscheiden solle, wie sie mit dem Ergebnis umgeht.

    Deutliche Kritik an dem Asylkompromiss kam vom linken Parteiflügel. "Die SPD hat geschlossenen Lagern eine deutliche Absage erteilt", sagte Juso-Chef Kevin Kühnert der Deutschen Presse-Agentur. "Egal ob in Nordafrika, an der europäischen Außengrenze oder in Passau."

    Seehofer, der auf dem Höhepunkt seines Streits mit Merkel seinen Rücktritt als Innenminister angekündigt hatte, wollte davon am Dienstag nichts mehr wissen. "Des is scho wieder Geschichte", sagte er am Rande der CDU/CSU-Fraktionssitzung. Zwischenzeitlich war auch eine Aufspaltung der Fraktionsgemeinschaft im Gespräch.

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt äußerte sich optimistisch zu den Umsetzungschancen des Migrationskompromisses. Schon am Montagabend seien im Koalitionsausschuss sehr konstruktive Gespräche mit der SPD geführt worden, sagte er. Ein weiteres solches Treffen sollte am Dienstagabend stattfinden.

    Scharfe Kritik an dem Kompromiss kam aus der Opposition. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sagte, es handele sich um einen Aufguss alter Ideen. "CDU und CSU haben einen Vorschlag von 2015 rausgekramt und verkaufen das als Einigung", sagte er der dpa. "Diesen alten Kram kippen sie nun der SPD vor die Füße und sagen, super, das ist es jetzt. Dabei hat die SPD Transitzonen explizit als Massenlager abgelehnt. Arme SPD."

    Aus Sicht der AfD kann von einer "Asylwende" keine Rede sein. Parteichef Jörg Meuthen sagte der dpa, Seehofer habe von der CDU "nur ungedeckte Schecks erhalten". Deutschland werde sich auch in Zukunft schwer damit tun, Asylbewerber, die einmal die Grenze passiert haben, wieder außer Landes zu bringen. Auch durch die Unterbringung in grenznahen Transitzentren werde dieses grundlegende Problem nicht gelöst. Er könne sich zudem nicht vorstellen, dass die österreichische Regierung eine Zurückweisung von Ausländern an der Grenze akzeptieren werde, sagte Meuthen./mfi/DP/she





    dpa-AFX
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Die Nachrichtenagentur dpa-AFX zählt zu den führenden Anbietern von Finanz- und Wirtschaftsnachrichten in deutscher und englischer Sprache. Gestützt auf ein internationales Agentur-Netzwerk berichtet dpa-AFX unabhängig, zuverlässig und schnell von allen wichtigen Finanzstandorten der Welt.

    Die Nutzung der Inhalte in Form eines RSS-Feeds ist ausschließlich für private und nicht kommerzielle Internetangebote zulässig. Eine dauerhafte Archivierung der dpa-AFX-Nachrichten auf diesen Seiten ist nicht zulässig. Alle Rechte bleiben vorbehalten. (dpa-AFX)
    Mehr anzeigen
    Verfasst von dpa-AFX
    GESAMT-ROUNDUP SPD will sich im Asylstreit nicht unter Druck setzen lassen Nach der hart erkämpften Einigung der Union auf einen Asylkompromiss haben es nun die SPD, Österreich und Italien in der Hand, ob er auch umgesetzt werden kann. Die Sozialdemokraten kündigten am Dienstag eine gründliche Prüfung der von CDU und …

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer