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    Marktkommentar  1306  0 Kommentare Dr. Harald Preißler (BANTLEON AG): Politische Unwägbarkeiten und konjunkturelle Risiken treffen auf hohe Bewertungen

    Das mittelfristige Umfeld für die Finanzmärkte bleibt in jeder Hinsicht herausfordernd, meint Dr. Harald Preißler.

    Der deutsche Asylstreit wurde zwar offiziell für beendet erklärt, die Regierungskrise geht aber trotzdem munter weiter. Angela Merkel ist innenpolitisch geschwächt, gleichzeitig steht sie außenpolitisch vor einer Herkulesaufgabe. Ähnlich schwierig ist die Situation von Theresa May – ob ihre Pläne für einen weichen »Brexit« ausreichende Unterstützung finden, steht in den Sternen. Letzteres trifft auch auf die Leitzinswende der EZB zu.

    Insbesondere wenn sich die konjunkturellen Aussichten weiter eintrüben, wäre die Zentralbank mangels Optionen zum Zuschauen verdammt.  Glücklicherweise gibt es aber noch Lebenszeichen, zuletzt etwa von der deutschen Industrie. Nur: Am übergeordneten Abwärtstrend ändert sich dadurch nichts. Die politischen Störfeuer wirken in dieser Hinsicht wie Brandbeschleuniger. Das mittelfristige Umfeld für die Finanzmärkte bleibt herausfordernd.

    Obschon der deutsche Asylstreit von den Beteiligten offiziell für beendet erklärt wurde, geht die Regierungskrise munter weiter. Inzwischen haben die Ausläufer des bayerischen Landtagswahlkampfs sogar den Ärmelkanal überschritten. So bereicherte Innenminister Seehofer die Brexit-Verhandlungen mit eigenen sicherheits­politischen Empfehlungen und brüskierte damit neben der Kanzlerin auch noch die hierfür eigentlich zuständige EU-Kommission. Jüngsten Umfragen zu Folge scheint das Kalkül der CSU indes nicht aufzugehen, der AfD thematisch das Wasser abzugraben. Im Gegenteil, das »Original« erfreut sich regen Zulaufs und zieht in der Wählergunst erstmals mit der Volkspartei SPD gleich.

    Innenpolitisch ist die Kanzlerin mehr als nur angeschlagen, gleichzeitig muss sie in den kommenden Tagen auf aussenpolitischer Ebene den Handelskrieg mit den USA abwenden und Donald Trumps Forderung nach deutlich mehr finanzieller Beteiligung Deutschlands an den NATO-Verpflichtungen abschmettern. Angela Merkel ist um ihren Job momentan wahrlich nicht zu beneiden.

    Auf ihre britische Kollegin Theresa May trifft dies schon lange zu. Ihre Pläne für einen homöopathischen »Brexit« stossen im Kabinett auf offenen Widerspruch, Brexit-Minister David Davis hat aus Protest seinen sofortigen Rücktritt verkündet. Ob es ohne sein Zutun gelingen kann, die hauchdünne Mehrheit der konservativen Abgeordneten im Unterhaus von der Linie der Premierministerin zu überzeugen, steht in den Sternen.

    Nicht minder offen ist in den Augen der Marktteilnehmer die Leitzinspolitik der EZB. Mario Draghi hatte in der Pressekonferenz nach dem vergangenen Ratstreffen einen ersten Zinsschritt ab Sommer 2019 für denkbar erklärt – das ist lange hin. Noch dazu, wenn sich das konjunkturelle Umfeld weiter im Tempo der zurückliegenden Monate eintrüben sollte.

    Dann würde sich eher die Frage stellen, welche Optionen die Geldpolitik in der Eurozone überhaupt noch hat, um sich einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten entgegenzustemmen. Zinssenkungen scheiden dabei ebenso aus wie eine simple Wiederaufstockung des QE-Programms – das 33%-Limit stellt eine bindende juristische Restriktion dar.

    Glücklicherweise sind wir noch nicht so weit. Die jüngsten Daten aus Deutschland belegen zumindest, dass der freie Fall der zurückliegenden Monate gestoppt werden konnte. Die Industrie erhielt im Mai wieder deutlich mehr Aufträge, steigerte ihr Produktionsvolumen spürbar und auch der Export legte zu. Bleibt zu hoffen, dass es sich dabei nicht um eine Eintagsfliege handelt und in den kommenden Monaten weitere Lebenszeichen folgen.

    Aber selbst wenn – am übergeordneten Abwärtstrend des konjunkturellen Momentums wird sich nichts ändern. Richtungsweisende Frühindikatoren wie der Verflachungstrend der Zinsstrukturkurven oder das stark rückläufige Expansionstempo der globalen Liquidität (tiefster Stand seit Sommer 2007) sprechen in dieser Hinsicht eine unmissverständliche Sprache.

    Die politischen Störfeuer der vergangenen Monate tragen das ihre zur Aushöhlung der wirtschaftlichen Perspektiven bei. Mehr denn je sind die Unternehmen verunsichert, an welchem Standort Investitionen getätigt werden sollen. Das führt in vielen Fällen dazu, die Entscheidung aufzuschieben – und das »kostet« in letzter Konsequenz Wirtschaftswachstum.

    Das mittelfristige Umfeld für die Finanzmärkte bleibt daher in jeder Hinsicht herausfordernd. Hohe Bewertungen in allen Assetklassen gepaart mit tiefer Volatilität treffen auf enorme geopolitische Unwägbarkeiten, geldpolitische Handlungsunfähigkeit und zunehmende konjunkturelle Risiken.



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