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     1436  0 Kommentare Sensibilität und Beharrlickeit

    Der gestrige Marktverlauf zeigte eindruckvoll, wie sensibel die Marktteilnehmer gegenwärtig auf makroökonomische Nachrichten reagieren. In den USA war man zunächst noch recht frohgemut unterwegs, bis gegen 17:00 Uhr unserer Zeit unerwartet schlechte Daten herauskamen: Der Chicagoer Einkaufsmanagerindex für März 2004 kam mit 57,6 herein. Erwartet wurde der Index bei 61,0 bis 61,5 nach zuvor 63,6. Die Industrieaufträge (Factory Orders) sind im Februar 2004 um 0,3 % gestiegen. Erwartet wurde ein Anstieg um 1,5 bis 1,8 Prozent nach zuvor minus 0,9 Prozent. Den Transport-Sektor herausgerechnet war sogar ein Abschlag von 1,2 Prozent zu verzeichnen.

    Der Markt knickte ein, bis zum Handelsschluss waren die Nachrichten aber weitgehend verarbeitet. Der VIX bewegte sich zwar nach oben, blieb aber unter der kritischen Marke von rund 17,10, die das 62er Retracement des letzten Swings markiert. Das ist im Sinne der Bullen positiv zu werten. Der TRIN-Index ging zwar in ein Terrain negativer Marktbreite und schloss auch etwas außerhalb seines seit Mai 2003 geformten Abwärtsdreiecks (ex Ausreißer von Anfang März). Aber diese Bewegung ist angesichts der zuvor vollführten nicht ungewöhnlich.

    Der DAX prallte an der eminent wichtigen Aufwärtstrendlinie aus dem November 2002 ab, fing sich aber rasch wieder und schickt sich heute an, sie (bei 3889) zu erobern. Der S&P 500 hat sein Äquivalent schon seit einigen Tagen unter sich (aktuell rund 1111).

    Zu einem (vorläufigen) Nichtereignis wurde auch die Bestätigung der OPEC, an den Plänen festzuhalten, die Ölförderung des Kartells um täglich eine Million Barrel zu drosseln. Der Öl-Future verlor rund 1,2 Prozent.

    Die Quartals-Bilanz liest sich wie folgt: Der S&P 500 schloss leicht positiv, der NDX leicht negativ, auch der DAX liegt unter seinem Stand vom Jahresanfang.

    Das bullische Setup -und damit komme ich zum zweiten Teil der Überschrift- bleibt nach Lage der Dinge vorerst bestehen. Die heute zur Veröffentlichung anstehenden US-Daten dürften mit den gestrigen Nachrichten keine solch große Rolle mehr spielen. Daher wird man sich zunächst weiterhin auf die gestern genannten Retracement-Level konzentrieren - und damit nach oben.

    Wichtig hingegen wird die Verkündung der Arbeitslosenrate morgen sein, sowie das Ergebnis der heutigen EZB-Sitzung. Die wenigsten Marktteilnehmer rechnen mit einer Senkung der Leitzinses, die Mehrheit erwartet aber eine mehr oder weniger deutliche Absichtserklärung, in diese Richtung zu agieren, zumal die aktuelle Vorabschätzung der jährlichen Inflationsentwicklung in der Eurozone für März 2004 mit gegenüber dem Vormonat konstanten 1,6 Prozent Spielraum lässt. Dieses Niveau ist übrigens das niedrigste seit über vier Jahren. Nein, das hässliche D-Wort fällt mir in diesem Zusammenhang nicht ein.

    Wenn die EZB heute schon die Zinsen senken würde, könnte das als Eingeständnis der prekären wirtschaftlichen Lage in Europa missverstanden werden, insbesondere wenn mehr erfolgt als 25 Basispunkte. Die Märkte dürften dann eher negativ reagieren. Wenn hingegen die Aussicht auf einen künftigen Zinsschritt kommuniziert wird, dürfte das die Märkte vermutlich bei freundlicher Laune halten.

    Die TimePattern sehen beim Öl Brent einen intakten Abwärtstrend mit Ziel 31,30 per Mitte April. Ansonsten zeigen sich die Aktien-bezogenen Indices wenig verändert. Der SOX wird weiterhin auf der schwachen Seite gesehen. Computer-Modell intern deutet sich allerdings bei SOX und NDX eine Phase der „Nachsynchronisation“ der Zeitmuster an. Das ist erfahrungsgemäß ein Hinweis auf neue Impulse. Welcher Art die sein könnten und in welche Richtung sie wirken, lässt sich allerdings nicht sagen.

    Der Euro wird gegenüber dem Dollar weiterhin im Aufwind gesehen. Die aktuelle Phase wird von den TimePattern allerdings weiterhin als überdehnt eingeschätzt, weswegen –abgesehen von den bereits generierten Long-Signalen- aktuell noch kein sinnvoll handelbares weiteres Kaufsignal abgefeuert ist. Sicher dürften die EZB-Sitzung heute und die Daten vom US-Arbeitsmarkt morgen deutliche Auswirkungen haben.



    Klaus Singer
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    Sensibilität und Beharrlickeit Der gestrige Marktverlauf zeigte eindruckvoll, wie sensibel die Marktteilnehmer gegenwärtig auf makroökonomische Nachrichten reagieren. In den USA war man zunächst noch recht frohgemut unterwegs, bis gegen 17:00 Uhr unserer Zeit unerwartet …