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     1509  0 Kommentare ProCredit Holding: Strategie wird gut angenommen

    Die Marktkapitalisierung der ProCredit Holding liegt mit rund 650 Millionen Euro über der der SDAX-Werte SAF Holland, Cewe Stifung, Borussia Dortmund, Deutsche Beteiligungs AG und JOST Werke. Dennoch ist die Bank, die vor allem auf dem Balkan aktiv ist, deutschen Investoren kaum bekannt. Im Gespräch mit unserer Redaktion stellt ProCredit-Vorstand Borislav Kostadinov sein Unternehmen vor. Er spricht über den Wachstumskurs der Bank sowie über die immer beliebter werdenden grünen Kredite. Die Prognose für 2018 und die gerade publizierten Halbjahreszahlen sind weitere Themen im Interview mit Borislav Kostadinov.

    Sie sind Ende 2016 an die Börse gegangen. Dennoch sind Sie den meisten Investoren völlig unbekannt. Wie erklären Sie sich dieses?

    Kostadinov: Die ProCredit Holding ist als Muttergesellschaft der entwicklungsorientierten Gruppe der ProCredit Banken vor allem in Investorenkreisen bekannt, die sich mit KMU und unseren Fokusregionen Südost- und Osteuropa beschäftigen. Das Listing der ProCredit Holding-Aktien im Prime Standard der Frankfurter Börse im Dezember 2016 war damals nicht mit einer Kapitalerhöhung und der Ausgabe neuer Aktien verbunden. Wir verfolgen seit unserem Börsendebüt eine klare Strategie, um die Bekanntheit von ProCredit zu erhöhen. Die regelmäßige Teilnahme an Kapitalmarktkonferenzen nutzen wir, um europaweit direkte Kontakte zu potenziellen Investoren aufzubauen. Außerdem betreiben wir eine aktive Medienarbeit in Richtung des Kapitalmarkts und informieren auch auf diesem Weg interessierte Anleger. Diese Aktivitäten sind aus unserer Sicht die richtigen Schritte, um die Bekanntheit von ProCredit und das Interesse an unserer Aktie kontinuierlich auszubauen. Bei der erfolgreichen Kapitalerhöhung im Februar 2018, die zur Finanzierung unseres zukünftigen Wachstums erfolgte, wurden wir in unserem Vorgehen bestätigt. Wir konnten hierbei neue Investorenkreise für unsere Gruppe gewinnen.

    Worauf legen Sie bei Ihren Geschäften vor allem mit kleinen und mittelständischen Unternehmen in Osteuropa den Fokus?

    Kostadinov: In unserer Zusammenarbeit mit kleinen und mittelständischen Unternehmen stehen dynamische Unternehmen mit guten Entwicklungsperspektiven im Fokus, die unsere Werte wie Transparenz, soziale Verantwortung und Umweltbewusstsein teilen. Darunter verstehen wir auch Unternehmen mit stabilen und formalisierten Strukturen, die Investitionen tätigen, ihr Geschäftskonto bei uns führen und ihren Zahlungsverkehr mit uns abwickeln. Wir legen Wert auf eine langfristige Zusammenarbeit mit unseren Kunden und wollen für sie der verlässliche Partner sein, der ihre Bedürfnisse und Herausforderungen als mittelständische Unternehmen in dynamischen Ländern versteht. Eine sorgfältige Prüfung der Bonität dieser Unternehmen durch unsere gut ausgebildeten Firmenkundenberater und ein Abgleich mit unserer Ausschlussliste sind dabei Selbstverständlichkeiten. In dieser Ausschlussliste definieren wir Bereiche wie zum Beispiel Waffenproduktion oder Glücksspiel klar als diejenigen Geschäftsfelder, die wir nicht unterstützen möchten.

    Zuletzt haben Sie eine Reihe von Filialen geschlossen, die Zahl hat sich von 645 auf rund 100 reduziert. Gleichzeitig setzen Sie verstärkt auf die Automatisierung von Bankleistungen und auf die Digitalisierung. Wie wirkt sich das auf der Kostenseite aus und wie sind die Kundenreaktionen?

    Kostadinov: Unsere Unternehmenskunden wollen ihre Bankgeschäfte dann erledigen, wenn es am besten in ihren operativen Ablauf passt und nicht von Öffnungszeiten einer Bankfiliale eingeschränkt werden. Wir haben daher zunächst die Prozesse zur Abwicklung von Bargeldtransaktionen in vollautomatisierte 24/7-Servicezonen verlagert. Dann haben wir unsere digitalen Angebote ausgeweitet, damit unsere Kunden ihre Bankgeschäfte auch online vornehmen können. Die Beratungstermine mit unseren speziell ausgebildeten Firmenkundenberatern erfolgen natürlich unabhängig von den Öffnungszeiten der Filialen. Die hohe Akzeptanz unserer digitalen Angebote durch unsere Kunden zeigt, dass wir mit diesen Maßnahmen gute Rahmenbedingungen geschaffen haben. Heute haben wir in unserer Gruppe praktisch keine manuellen Bargeldtransaktionen mehr. Auch unser Direktbankkonzept, mit dem wir uns an zukunftsorientierte Privatkunden richten, die eher dem Mittelstand entsprechen, wird sehr gut im Markt aufgenommen. Diese Gruppe möchte ihre alltäglichen Bankgeschäfte einfach und zeitgemäß über digitale Kanäle erledigen. Für uns ermöglichte die Verschlankung des Filialnetzes die Realisierung von Effizienzgewinnen. Unser Kosten-Ertrags-Verhältnis lag im ersten Halbjahr 2018 bei 71,3 Prozent nach einer Quote von 73,8 Prozent für das Geschäftsjahr 2017.

    Sie haben seit 2013 die Zahl der Mitarbeiter von 11.500 auf etwa 3.000 Personen reduziert. Hat das für Unruhe gesorgt?

    Kostadinov: Die Hauptursache für diese Entwicklung war unsere Entscheidung, das Profil der ProCredit Banken als Banken für kleine und mittelständische Unternehmen mit Entwicklungspotenzial zu schärfen. Diese Entscheidung führte zum Rückzug aus dem Bereich der Kreditvergabe an Kleinstunternehmen, zur Restrukturierung des Filialnetzwerks und zum Rückzug aus bestimmten Ländern. Gleichzeitig stiegen die Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter. Dieser Prozess begann vor über fünf Jahren und wird seitdem konsequent verfolgt. In der Konsequenz führte dies zu der genannten Reduktion der Mitarbeiterzahl seit 2013. In diesem Zusammenhang dürfte es Sie vielleicht interessieren, dass der Großteil der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund ihrer bei uns erworbenen Qualifikationen und Berufserfahrungen nach unserem Wissen recht schnell innerhalb des Bankensektors oder in der Wirtschaft neue Aufgaben übernehmen konnte.

     

    Wie unterscheidet sich der Mittelstand in Osteuropa von dem in Deutschland?K

     

    Kostadinov: So groß sind die Unterschiede nicht. Die grundsätzlichen Fragen, wie man ein mittelständisches Unternehmen aufbaut, erfolgreich führt und irgendwann an die nachfolgende Generation übergibt, beschäftigen viele Unternehmer vollkommen unabhängig von Ländergrenzen in gleicher Weise. Natürlich darf man an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass der Mittelstand in Deutschland auf eine sehr lange Tradition und Historie zurückblicken kann, während er sich in den wachsenden Ökonomien Südost- und Osteuropas, in denen wir aktiv sind, immer weiter aufbaut. Diesen Aufbau zu unterstützen ist genau unser Ansatzpunkt.

     

    Sie engagieren sich verstärkt bei grünen Krediten. Welche Entwicklung erwarten Sie dort?

     

    Kostadinov: Wir haben unser eigenes Umweltmanagementsystem gruppenweit etabliert in dem Bestreben, unseren ökologischen Fußabdruck zu minimieren und berichten über den Impact unserer Geschäftstätigkeit seit 2017 nach GRI Standard. Unser Kreditportfolio der „Grünen Kredite“ umfasst diejenigen Kredite, die wir speziell zur Förderung ökologisch verantwortungsvoller Projekte vergeben. Dabei wollen wir unseren Kunden bewusst in der Beratung aufzeigen, welchen Vorteil es für sie bringt, zum Beispiel in energieeffiziente Produktionsmaschinen zu investieren. Im ersten Halbjahr 2018 ist unser Green Loan Portfolio um rund 21 Prozent auf einen Wert von 590,6 Millionen Euro gewachsen und zum Stichtag 30. Juni 2018 machten diese Kredite einen Anteil von 13,9 Prozent am gesamten Kundenkreditportfolio aus. Der Schwerpunkt der entsprechenden Investitionen liegt mit über 60 Prozent im Bereich der Energieeffizienzmaßnahmen. Wir erwarten, dass unser Green Loan Portfolio weiterwächst.

     

    Macht es für Sie einen Unterschied, ob Ihre Kunden aus EU- oder Nicht-EU-Staaten stammen?

    Kostadinov: Unsere Banken arbeiten mit nationalen Management-Teams und sind voll lizenzierte Einzelbanken. Diese unterliegen der Bankenaufsicht durch die jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden.

     

    Die ProCredit Gruppe unterliegt über die ProCredit Holding als übergeordnetes Institut der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank. Die ProCredit Holding ist für die strategische Führung, die angemessene Kapitalausstattung, die Berichterstattung, das Risikomanagement und eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation der Gruppe verantwortlich.

     

    Deshalb folgt die Gruppe den europäischen Anforderungen an das Risikomanagement, den Anforderungen zur Vermeidung von Betrug und Geldwäsche und anderen gruppenweit gültigen Richtlinien. Somit behandeln wir alle Kunden innerhalb dieser Rahmenbedingungen, den gruppenweit festgelegten operationellen Prinzipien und in Einhaltung der jeweiligen nationalen Gesetzgebung gleich.

     

    Boni werden von Ihnen nicht an die Mitarbeiter gezahlt. Was ist dann deren besondere Motivation?

     

    Kostadinov: Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unserem Profil und mit unserem entwicklungsorientierten Fokus auf den Mittelstand in Transformationsökonomien für viele Menschen ein attraktiver Arbeitgeber sind. Unsere Kolleginnen und Kollegen identifizieren sich in hohem Maße mit unserem Banking-Ansatz und ziehen aus ihrer täglichen Arbeit mit unseren Kunden einen wichtigen Teil ihrer Motivation. Unsere Mitarbeiter sind die tragende Säule, damit die ProCredit Gruppe ihrem Anspruch gerecht werden kann, ein verantwortungsvolles Bankgeschäft zu betreiben. Das versuchen wir bereits im gruppenweit einheitlichen Einstellungsprozess zu berücksichtigen. Wir suchen nicht den klassischen Banker, sondern stellen überwiegend Hochschulabsolventen ein, die sich mit unserem Ansatz identifizieren. In einem intensiven Trainingsprogramm machen wir sie mit den Wertvorstellungen der ProCredit Gruppe vertraut und bereiten sie auf die Zusammenarbeit mit unseren Kunden vor. Unser umfangreiches Aus- und Weiterbildungsangebot sowie die anregende Arbeit in einem internationalen Umfeld sind Argumente, die Interessenten regelmäßig von einem Einstieg bei ProCredit überzeugen. Denn dies sind keine Selbstverständlichkeiten in den Ländern, in denen wir aktiv sind.

    Dabei erstreckt sich unser Anspruch auf Transparenz auch auf unsere Vergütungsstrukturen, die gruppenweit gültig und für jedermann einsehbar sind. Demgegenüber führen komplizierte Bonussysteme unserer Auffassung nach zu Intransparenz und damit oft zu Argwohn unter den Mitarbeitern. Wer nur des Geldes wegen bei uns arbeiten will, der wäre bei uns auch nicht gut aufgehoben.

     

    Wie zufrieden sind Sie mit den Halbjahreszahlen?

     

    Kostadinov: Das erste Halbjahr 2018 ist für die ProCredit Gruppe sehr erfreulich verlaufen und wir können gute Halbjahreszahlen vorlegen. Das starke Wachstum unseres Kreditportfolios um 8,9 Prozent seit Jahresbeginn auf ein Volumen von 4,3 Milliarden Euro zum 30. Juni 2018 zeigt, dass unsere Strategie, uns schwerpunktmäßig auf vielversprechende KMU zu konzentrieren, gut umgesetzt und angenommen wurde. Um für diesen Fall gut gerüstet zu sein, hatten wir im Februar 2018 mit der erfolgreichen Kapitalerhöhung unsere Eigenkapitalbasis gestärkt. Auch ergebnisseitig sind wir mit dem ersten Halbjahr 2018 zufrieden. Das Ergebnis aus fortgeführten Geschäftsbereichen haben wir gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent auf 26,7 Millionen Euro gesteigert und die Eigenkapitalrendite legte gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent zu. Neben den Kostensenkungen im Filialbereich ernten wir die ersten Früchte aus der Einführung unseres Direktbankkonzepts im Privatkundenbereich und haben ein deutliches Wachstum unseres Provisionsüberschusses auf 24,0 Millionen Euro erzielt.

     

    Können Sie nach den aktuellen Zahlen Ihre Prognose für 2018 bestätigen? Gibt es ein Wachstum des Bruttokreditportfolios um 12 Prozent bis 15 Prozent sowie einen Anstieg der Eigenkapitalrendite auf 7,5 Prozent bis 8,5 Prozent?

     

    Kostadinov: Ja, auf Basis der Halbjahreszahlen bestätigen wir die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr. Wir sehen uns auf einem guten Weg, die gesetzten Ziele zu erreichen, und wollen den Schwung der ersten sechs Monate in die zweite Jahreshälfte mitnehmen.

     

    Sie sagten jüngst, dass das Jahr 2017 für die ProCredit Gruppe als das letzte Transformationsjahr betrachtet werden könne. Die Gruppe werde nun einen beschleunigten Wachstumskurs im Kreditgeschäft einschlagen. Können Sie dies näher erläutern und auch an Zahlen festmachen?

     

    Kostadinov: Bis einschließlich des Jahres 2017 war die Entwicklung unseres Kreditportfolios deutlich von der strategischen Neuausrichtung der ProCredit Banken mit klarem Fokus auf KMU mit guten Entwicklungsperspektiven geprägt. In diesem Zusammenhang erfolgte der Rückzug aus der Vergabe von Kleinstkrediten. Wir haben unser Portfolio an Krediten an Kleinstunternehmen abgebaut und konzentrieren uns auf wachstumsstarke KMU. ProCredit will gemeinsam mit diesen erfolgreichen KMU wachsen. Dass uns dies gelingt, unterstreicht das gute Portfoliowachstum von 8,9 Prozent im ersten Halbjahr 2018.

     

    Sie haben eine Marktkapitalisierung von rund 650 Millionen Euro. Im SDAX gibt es mit SAF Holland, der Cewe Stifung, Borussia Dortmund, Deutsche Beteiligungs AG und JOST Werke gleich fünf Unternehmen mit einer geringeren Marktkapitalisierung. Ist der SDAX für Sie ein Ziel?

     

    Kostadinov: Für die Aufnahme in den SDAX gibt es klar definierte Regeln. Dabei spielen die Mechanismen von Angebot und Nachfrage an der Börse eine entscheidende Rolle, die von vielfältigen Erwartungen und Entscheidungen der individuellen Investoren abhängig sind. Diese können wir nicht vorhersehen und beteiligen uns nicht an Spekulationen zu möglichen Indexzusammensetzungen. Wir konzentrieren uns vollständig auf das operative Geschäft und die Entwicklung der ProCredit Gruppe.

     

     

    Das Interview ist eine Kooperation von wallstreet-online mit der Redaktion von www.4investors.de.




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    Verfasst von wO Gastbeitrag
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