VW Skandal - Oberlandesgericht in Hamburg möchte Klage auf Neulieferung eines Tiguan stattgeben - Seite 2
Zufahrts/Durchfahrtsrechte haben können und von daher für die vom
Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht geeignet sind.
Problematischer könnte indessen das Begehren des Klägers auf
Nachlieferung sein, weil das Landgericht vollkommen zutreffend die
Überlegung angestellt hat, ob nicht wegen der unterdessen
vorgenommenen Änderungen der Beklagten bzw. des Lieferunternehmens am
Produkt die begehrte Nachbesserung im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB
unmöglich geworden ist, so dass eine Nachlieferung gemäß § 439 Abs.
3, 275 Abs. 1 BGB nicht geschuldet sein könnte. Allerdings wird diese
Frage nach derzeitiger Übersicht des Gerichts in Rechtsprechung und
Literatur unterschiedlich gesehen, was sich auch schon aus den in
Berufungsbegründung und Berufungserwiderung von den Parteien jeweils
zitierten vielfachen Entscheidungen ergibt. Nach einigen Ansichten
liege ein Fall der Unmöglichkeit vor, da bei Modellveränderungen eine
Besserstellung des Kunden erfolge, welche vom Nacherfüllungsrecht und
dessen Sinn und Zweck nicht gedeckt sei (LG Darmstadt Urteil vom 27.
März 2017, Az.: 13 O 543/16; LG Kempten Urteil vom 29. März 2017 Az.:
13 0 808/16). Diesen Entscheidungen steht allerdings gegenüber, dass
auch vertreten wird, dass beim Gattungskauf der Verkäufer so lange
Nachlieferung zu leisten hat, wie die Gattung (das Fahrzeugmodell)
überhaupt noch hergestellt werde und am Markt verfügbar sei
(Staudinger-Caspers, Kommentar zum BGB, § 275 Rdnr. 19 m.w.N.). Daher
bestehe auch bei Abweichungen durch eine Modelländerung
grundsätzlich ein Nachlieferungsanspruch (so etwa LG Offenburg Urteil
vom 21. Juni 2017 Az.: 3 O 77/16 oder LG Aachen Urteil vom 8. Juni
2017 Az.: 12 O 347/17). Auch das Landgericht Hamburg hat nach
Kenntnis des Senats schon diese Auffassung vertreten. Es fragt sich
daher, ob es zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits darauf
ankommt, diese Frage zu entscheiden und Stellung zu beziehen. Nach
derzeitigem Kenntnisstand ist diese Frage vom Bundesgerichtshof noch
nicht abschließend entschieden worden und spielte auch bei der am 5.
September 2018 verhandelten Sache (Az.: VIII ZR 66/17) keine Rolle,
deren Verkündung ohnehin erst für den Januar 2019 angekündigt ist.
Gleichwohl meint das Gericht, dass der vorliegende Rechtsstreit
entscheidungsreif sein dürfte, weil eine Entscheidung über diese
streitige Rechtsfrage nicht erforderlich sein dürfte. Nähert man sich
der Problematik nämlich von der Bestimmung des Begriffs der
Gattungsschuld, um die es sich hier unzweifelhaft handelt, so ergibt
sich die Lösung bereits aus der Definition des Begriffs selbst. Nach