Forex-Report
Tumulte in London und Washington
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0958 (07:30 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0938 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich
gegenüber dem JPY auf 107,68. In der Folge notiert EUR-JPY bei 117,99. EUR-CHF oszilliert bei 1,0862.
Der Schlagabtausch des britischen Parlaments in der ersten Sitzung nach dem Urteil des Supreme Courts zeigt die Tiefe der Schützengräben auf beiden Seiten. Der Premier Boris Johnson forderte die
Opposition zu einem Misstrauensvotum auf, diese forderte seinen freiwilligen Rücktritt. Boris Johnson warf der Opposition daraufhin Feigheit vor – Recht hat er!
Etwas von einem Dritten zu fordern, was durch eigenes Zutun erreichbar ist, aber dies aus Angst nicht zu machen: das ist per definitionem Feigheit. Das Parlament würde aller Voraussicht nach ein Misstrauensvotum gewinnen. Es kann aber nicht die Frage beantworten, wie es dann weitergehen soll. Der Opposition blieben nur vierzehn Tage, um eine neue Regierung zu bilden, Unsicherheit herrscht darüber, ob sie das schafft. Wofür wurden die letzten zwei Wochen Urlaubspause genutzt? Ist es so schwierig eine Übergangsregierung bis kurz über den 31.10. zu bilden und dann Neuwahlen anzusetzen? Wenn das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten so gering ist, gehört die Opposition dahin, wo sie sitzt, auf die Nicht-Regierungsbänke.
Auf dem Devisenmarkt bleibt die Situation damit angespannt. Je nach Entwicklung sind kurzfristig hohe Ausschläge möglich. Im Falle des Hard-Brexits erscheint eine Abwertung zur Parität zum Euro denkbar, auf eine Verschiebung hin sollte das Pfund zumindest Potential zum Handelsbereich von 0.84 – 0.85 EUR/GBP haben.
In der politischen Arena Washingtons ist die Ausgangslage der Opposition genau gegenteilig zu der Londons. In London erwünscht man den Rücktritt des Premiers und traut sich nicht in die Schlacht, in Washington breitet die Opposition eine Schlacht vor, die sie nicht gewinnen kann.
US-Präsident Trump hat in dem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Themen Militärhilfe und Ermittlungen nicht direkt miteinander verbunden. Den impliziten Willen mag man – je nach politischer Couleur – als bewiesen oder unbewiesen ansehen. Die Hürde, die es in einem Impeachment-Verfahren zu überspringen gilt, ist der republikanisch dominierte US-Senat. Besser könnte Trump damit seine Truppen gar nicht einen, als die Demokraten es für ihn direkt zum Wahlkampf tun. Das Thema Machtmissbrauch wird am Ende weniger an ihm, als mehr an den Demokraten hängen bleiben, da gerade diese die moralische Sichtweise als Argument anführen. Es ist offensichtlich unklug, einen Gegner auf dem Feld anzugreifen, auf dem er stark ist. Warum ziehen dann die Demokraten gegen Trump in die Schlammschlacht?
Licht und Schatten zugleich sehen wir beim Thema Handelspolitik:
Nach der Ausweitung der Sojabohneneinkäufe bereitet China den Kauf von Schweinefleisch mit einem Volumen von über 100.000 Tonnen aus den USA vor. Die Anzeichen, dass ernsthaft nach einer Einigung
gesucht wird, verdichten sich.
Dagegen droht neues Unheil im Handelskonflikt zwischen den USA und Europa. Die USA bereiten laut Bloomberg-Berichten ein rollierendes Zollsystem gegen die EU vor. Nach diesem sollen die Güter, die einem Strafzoll unterliegen, regelmäßig geändert werden, um die Unsicherheit und Kosten für die EU-Handelspartner zu erhöhen. Grund ist der Beihilfestreit um Airbus und Boeing zwischen der EU und den USA. Diese Art der Besteuerung würde in der Tat Unternehmen in der EU hart treffen, da ihnen die Planungssicherheit genommen wird. Zwar gilt das Argument auch für US-Unternehmen, die Waren aus Europa importieren wollen, dieser Effekt ist aber kleiner, da manche EU-Unternehmen auch direkt an Endkunden in den USA verkaufen. Wir sind gespannt auf eine angemessene Reaktion aus Brüssel.
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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1160 – 80 negiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!