Analystin zu grünen Investitionen: „Es gibt keine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit“
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Grüne Geldanlagen sind In. Um ernsthaft nachhaltig zu investieren, braucht es aber viel Detailarbeit, sagt Patricia Messner von Eberhardt & Cie. Vermögensverwalter haben laut der Analystin zwei
Optionen.Die Wachstumsraten sind beeindruckend: Im vergangenen Jahr haben nachhaltige Fonds und Mandate in Deutschland um 45 Prozent auf 133,5 Milliarden Euro zugenommen. Nach Angaben des Forums
Nachhaltige Geldanlagen (FNG) gab es noch nie einen so hohen Zuwachs. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sich bei immer mehr Anlegern die Erkenntnis durchsetzt, dass das Beachten
ökologischer, sozialer und Unternehmensführungs-Kriterien nicht Rendite kostet, sondern im besten Fall diese sogar unterstützt.
Patricia MessnerBild: Eberhardt & Cie.
Patricia MessnerBild: Eberhardt & Cie.
Ein Beispiel gefällig? Der Börsengang von Beyond Meat zählt zu den erfolgreichsten der zurückliegenden Jahre. Trotz der jüngsten Korrektur notiert die Aktie des Herstellers pflanzlicher
Fleisch-Ersatzprodukte rund 340 Prozent über seinem Ausgabekurs von 25 Dollar. Bei der Herstellung der veganen Hamburger-Patties wird sehr viel weniger Wasser und Land gebraucht als bei der
Produktion von Buletten aus Fleisch. Gleichzeitig ist der CO2-Ausstoß sehr viel geringer. Das IPO von Beyond Meat zeigt eindrucksvoll: Nachhaltige Geldanlagen können outperformen!
Es stellt sich allerdings die Frage, woran überhaupt ESG-konforme Investments zu erkennen sind. Macht ein klimafreundlicheres Produkt wie ein Burger-Patty aus Erbsenprotein im Vergleich zu einem Echtfleisch-Burger-Patty das Investment in Beyond Meat automatisch nachhaltig? Nicht unbedingt. Denn es mangelt nach wie vor an einer einheitlichen Definition von Nachhaltigkeit. Vielmehr spielen individuelle Präferenzen und Ansichten eine entscheidende Rolle. Das zeigt sich beispielsweise an der komplizierten Klimathematik: Eine gute Ökobilanz eines Produkts kann durch lange Transportwege an Attraktivität verlieren. Bislang produziert Beyond Meat ausschließlich in den USA, verkauft sein Produkt aber auch in Deutschland. Insgesamt dürfte das Unternehmen mit seinem CO2-Fußabdruck deutlich schlechter abschneiden, als auf den ersten Blick vermutet.
Die Problematik wird noch komplexer, wenn man Nachhaltigkeit nicht nur auf Produktebene betrachtet, sondern auch das Unternehmen selbst, dessen Wertschöpfungskette sowie sein Nachhaltigkeitsbestreben. Das erklärt, warum bei der einen oder anderen Nachhaltigkeits-Researchagentur Beyond Meat nicht besser abschneidet als JBS, der größte Fleischproduzenten der Welt.
Zwei Optionen für eine nachhaltige Vermögensverwaltung
Die kommende EU-Taxonomie wird alle Finanzdienstleister zwingen, eine nachhaltige Vermögensverwaltung anzubieten. Generell gibt es zwei Möglichkeiten dies umzusetzen.
Option 1: Eine nachhaltige Vermögensverwaltung lässt sich über entsprechende Fonds abbilden. Das spart die Kosten für Nachhaltigkeits-Research und ermöglicht vergleichsweise einfach eine breite Diversifikation. Nachteilig sind dagegen höhere Verwaltungskosten, da die Vermögensverwaltung zusätzlich über Fondsmanager läuft. Außerdem entsteht ein gewisser Kontrollverlust, schließlich lässt eine Fondslösung kaum Raum für individuelle Anforderungen an nachhaltige Investments.
Auf jeden Fall sollte immer die Zusammensetzung des Fonds geprüft werden. Aufschlussreich ist außerdem, sofern vorhanden, ein Blick auf Fonds-Ratings wie das relativ strenge FNG-Siegel oder das Morningstar Sustainability Rating, um zuverlässig sicherstellen zu können, nachhaltig zu investieren.
Option 2: Die Alternative zu einer Fondslösung ist die Einzeltitel-basierte nachhaltige Vermögensverwaltung. Sie bietet eine deutlich bessere Möglichkeit, eigene Vorstellungen sowie Wünsche und Erwartungen der Kunden an ihr nachhaltiges Portfolio individuell zu gestalten. Es entstehen jedoch ein höherer Arbeitsaufwand und eventuell Kosten für Nachhaltigkeits-Research, die nicht unerheblich sind. Kauft eine Vermögensverwaltung Nachhaltigkeits-Research ein, sollte es verschiedene Anforderungen erfüllen. Dazu zählen:
Es sollte zuverlässig mit konsistenter Methodik Nachhaltigkeit anhand möglichst detaillierter, der jeweiligen Industrie angepasster Indikatoren bestimmen.
Es muss regelmäßig aktualisiert und bei Kontroversen schnell korrigiert werden.
Notwendig ist außerdem ein ausreichend großes Universum, sodass die Diversifikation nicht eingeschränkt wird.
Schließlich sollte es eine individuelle Kontrolle von Nachhaltigkeitsindikatoren erlauben und nicht nur ein Gesamtrating bieten, sodass die Möglichkeit besteht, je nach Kunde bestimmte Akzente setzen zu können.
In den zurückliegenden Jahren haben sich mehrere Research-Anbieter wie ISS Oekom, Imug oder Sustainalytics am Markt etabliert. Sie differenzieren sich in der Größe des Universums und in der Detailtiefe. Gravierend Unterschiede gibt es zudem in der Methodik.
Während einige Nachhaltigkeits-Ratings wie ISS Oekom eine ganzheitliche und langfristige Analyse der Sustainability Performance von Unternehmen vornehmen, konzentrieren sich andere Ratings – zum Beispiel MSCI ESG Rating oder Sustainalytics Risk Rating – stärker auf finanziell-materielle Aspekte sowie finanzielle Risiken, die aus besserem oder schlechterem Umgang mit Nachhaltigkeits-Themen resultieren. Letzteres hat zwar den Vorteil, dass Asset Manager kurzfristig finanzielle Risiken minimieren können. Jedoch sollte das Ziel bei einem externen Bezug von Nachhaltigkeits-Researchs primär sein, solide Nachhaltigkeitsdaten zu beziehen. Die Einschätzung des finanziellen Risikos kann in der Hand des Asset Managers bleiben.
Schließlich spielt zudem der Kundenservice eine wichtige Rolle. Bei spezifischen Rückfragen, insbesondere von Endkunden, kann es über die zur Verfügung stehenden Company Reports hinaus hilfreich sein, direkt Rückfragen an die verantwortlichen Analysten stellen zu können, um Unklarheiten aus dem Weg zu räumen.
Sollte das Ziel eine individuelle nachhaltige Vermögensverwaltung auf Einzeltitel-Basis sein, ist es für die meisten Anbieter wohl kaum möglich, diese ohne externes Nachhaltigkeits-Research seriös darstellen zu können. Wird darauf verzichtet, laufen vor allem kleinere und mittelgroße Vermögensverwalter Gefahr, aufgrund nur oberflächlicher Nachhaltigkeits-Analysen des "Greenwashings" beschuldigt zu werden. So ein ungerechtfertigtes Umhängen eines ökologischen und sozialen Mäntelchens kann bei Kunden schlecht ankommen.
Über die Autorin:Patricia Messner ist bei der Vermögensverwaltung Eberhardt & Cie. als Nachhaltigkeitsanalystin tätig. An der HFU Business School studiert sie International Management.
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Es stellt sich allerdings die Frage, woran überhaupt ESG-konforme Investments zu erkennen sind. Macht ein klimafreundlicheres Produkt wie ein Burger-Patty aus Erbsenprotein im Vergleich zu einem Echtfleisch-Burger-Patty das Investment in Beyond Meat automatisch nachhaltig? Nicht unbedingt. Denn es mangelt nach wie vor an einer einheitlichen Definition von Nachhaltigkeit. Vielmehr spielen individuelle Präferenzen und Ansichten eine entscheidende Rolle. Das zeigt sich beispielsweise an der komplizierten Klimathematik: Eine gute Ökobilanz eines Produkts kann durch lange Transportwege an Attraktivität verlieren. Bislang produziert Beyond Meat ausschließlich in den USA, verkauft sein Produkt aber auch in Deutschland. Insgesamt dürfte das Unternehmen mit seinem CO2-Fußabdruck deutlich schlechter abschneiden, als auf den ersten Blick vermutet.
Die Problematik wird noch komplexer, wenn man Nachhaltigkeit nicht nur auf Produktebene betrachtet, sondern auch das Unternehmen selbst, dessen Wertschöpfungskette sowie sein Nachhaltigkeitsbestreben. Das erklärt, warum bei der einen oder anderen Nachhaltigkeits-Researchagentur Beyond Meat nicht besser abschneidet als JBS, der größte Fleischproduzenten der Welt.
Zwei Optionen für eine nachhaltige Vermögensverwaltung
Die kommende EU-Taxonomie wird alle Finanzdienstleister zwingen, eine nachhaltige Vermögensverwaltung anzubieten. Generell gibt es zwei Möglichkeiten dies umzusetzen.
Option 1: Eine nachhaltige Vermögensverwaltung lässt sich über entsprechende Fonds abbilden. Das spart die Kosten für Nachhaltigkeits-Research und ermöglicht vergleichsweise einfach eine breite Diversifikation. Nachteilig sind dagegen höhere Verwaltungskosten, da die Vermögensverwaltung zusätzlich über Fondsmanager läuft. Außerdem entsteht ein gewisser Kontrollverlust, schließlich lässt eine Fondslösung kaum Raum für individuelle Anforderungen an nachhaltige Investments.
Auf jeden Fall sollte immer die Zusammensetzung des Fonds geprüft werden. Aufschlussreich ist außerdem, sofern vorhanden, ein Blick auf Fonds-Ratings wie das relativ strenge FNG-Siegel oder das Morningstar Sustainability Rating, um zuverlässig sicherstellen zu können, nachhaltig zu investieren.
Option 2: Die Alternative zu einer Fondslösung ist die Einzeltitel-basierte nachhaltige Vermögensverwaltung. Sie bietet eine deutlich bessere Möglichkeit, eigene Vorstellungen sowie Wünsche und Erwartungen der Kunden an ihr nachhaltiges Portfolio individuell zu gestalten. Es entstehen jedoch ein höherer Arbeitsaufwand und eventuell Kosten für Nachhaltigkeits-Research, die nicht unerheblich sind. Kauft eine Vermögensverwaltung Nachhaltigkeits-Research ein, sollte es verschiedene Anforderungen erfüllen. Dazu zählen:
Es sollte zuverlässig mit konsistenter Methodik Nachhaltigkeit anhand möglichst detaillierter, der jeweiligen Industrie angepasster Indikatoren bestimmen.
Es muss regelmäßig aktualisiert und bei Kontroversen schnell korrigiert werden.
Notwendig ist außerdem ein ausreichend großes Universum, sodass die Diversifikation nicht eingeschränkt wird.
Schließlich sollte es eine individuelle Kontrolle von Nachhaltigkeitsindikatoren erlauben und nicht nur ein Gesamtrating bieten, sodass die Möglichkeit besteht, je nach Kunde bestimmte Akzente setzen zu können.
In den zurückliegenden Jahren haben sich mehrere Research-Anbieter wie ISS Oekom, Imug oder Sustainalytics am Markt etabliert. Sie differenzieren sich in der Größe des Universums und in der Detailtiefe. Gravierend Unterschiede gibt es zudem in der Methodik.
Während einige Nachhaltigkeits-Ratings wie ISS Oekom eine ganzheitliche und langfristige Analyse der Sustainability Performance von Unternehmen vornehmen, konzentrieren sich andere Ratings – zum Beispiel MSCI ESG Rating oder Sustainalytics Risk Rating – stärker auf finanziell-materielle Aspekte sowie finanzielle Risiken, die aus besserem oder schlechterem Umgang mit Nachhaltigkeits-Themen resultieren. Letzteres hat zwar den Vorteil, dass Asset Manager kurzfristig finanzielle Risiken minimieren können. Jedoch sollte das Ziel bei einem externen Bezug von Nachhaltigkeits-Researchs primär sein, solide Nachhaltigkeitsdaten zu beziehen. Die Einschätzung des finanziellen Risikos kann in der Hand des Asset Managers bleiben.
Schließlich spielt zudem der Kundenservice eine wichtige Rolle. Bei spezifischen Rückfragen, insbesondere von Endkunden, kann es über die zur Verfügung stehenden Company Reports hinaus hilfreich sein, direkt Rückfragen an die verantwortlichen Analysten stellen zu können, um Unklarheiten aus dem Weg zu räumen.
Sollte das Ziel eine individuelle nachhaltige Vermögensverwaltung auf Einzeltitel-Basis sein, ist es für die meisten Anbieter wohl kaum möglich, diese ohne externes Nachhaltigkeits-Research seriös darstellen zu können. Wird darauf verzichtet, laufen vor allem kleinere und mittelgroße Vermögensverwalter Gefahr, aufgrund nur oberflächlicher Nachhaltigkeits-Analysen des "Greenwashings" beschuldigt zu werden. So ein ungerechtfertigtes Umhängen eines ökologischen und sozialen Mäntelchens kann bei Kunden schlecht ankommen.
Über die Autorin:Patricia Messner ist bei der Vermögensverwaltung Eberhardt & Cie. als Nachhaltigkeitsanalystin tätig. An der HFU Business School studiert sie International Management.
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