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    Im Interview  5166  2 Kommentare HanseYachts: „Dann ist unsere Aktie wohl viel zu günstig“

    Mit einem Gewinnsprung von über 5 Millionen Euro hat die HanseYachts AG das Geschäftsjahr 2018/19 abgeschlossen – und das bei einem Rekordumsatz von 152 Millionen Euro. Im Gespräch mit unserer Redaktion erläutert CEO Jens Gerhardt die Hintergründe dieser positiven Entwicklung und gibt einen Ausblick auf den nächsten Wachstumsschub, ausgelöst durch die Übernahme des französischen Katamaran-Herstellers Privilège. Trotz der jüngsten Ergebnisverbesserung sieht er noch deutliches Margenpotenzial für Deutschlands größten Serienyachthersteller.

    HanseYachts konnte im Geschäftsjahr 2018/19 deutlich wachsen und das erneut stärker als der Gesamtmarkt. Was waren die wichtigsten Treiber hinter dieser Entwicklung?

    Gerhardt: In den vergangenen zehn Geschäftsjahren konnten wir als HanseYachts AG neunmal unseren Umsatz steigern, zuletzt acht Jahre in Folge, obwohl die Märkte in dieser Zeit rauf und runter gegangen sind. Das ist die Folge einer strikten Produkt-, Preis- und Werbestrategie sowie einem stärkeren Fokus auf das Segment Motorboote. Ein weiterer Faktor ist unser hauseigenes Ingenieurbüro, welches kontinuierlich Innovationen und neue Produkte auf den Weg bringt. Diese neuen Yachten verkaufen sich natürlich besser als alte Boote, deren Technik und Design nicht mehr state-of-the-art sind.

    Auch auf der Ergebnisseite hat sich der zuletzt positive Trend fortgesetzt. Das auf 10,9 Millionen Euro verdoppelte EBITDA entspricht dem besten Konzernergebnis seit über zehn Jahren. Was steckt hinter der Ergebnisverbesserung um 5,9 Prozent?

    Gerhardt: Neben den Skaleneffekten, die aus dem Mehrumsatz von 11,7 Millionen Euro resultieren, greifen nun auch die eingeleiteten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung. So sorgte eine höhere Effektivität in der Produktion für geringere Fertigungskosten und zugleich deutlich höhere Deckungsbeiträge. So konnten wir den 8prozentigen Umsatzanstieg mit weniger Mitarbeitern als im Vorjahr erzielen.

    Noch weist HanseYachts mit einer EBITDA-Marge von 7,2 Prozent im Vergleich zu den Wettbewerbern eine geringere operative Marge auf. Werden Sie mittelfristig ebenfalls zweistellige EBITDA-Margen zeigen können?

    Gerhardt: Das schnelle Wachstum der vergangenen Jahre ist teilweise zu Lasten der Marge gegangen. Hier werden wir weiter nachbessern. Bei den Neuheiten werden wir ein noch größeres Augenmerk auf eine höhere Produktivität in der Fertigung und ein optimiertes Zusammenspiel mit den Lieferanten legen. Ein Teil der Marge kommt automatisch im Wachstum durch Economies of Scale, den anderen Teil muss man sich hart und detailliert erarbeiten. Im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr sind wir unseren mittelfristigen Zielen eines Umsatzes von 200 Millionen Euro und einer EBITDA-Marge von 10 Prozent bis 12 Prozent erneut einen markanten Schritt nähergekommen und haben diese weiter konsequent im Blick.

    Welche Stellschrauben haben Sie konkret, um die Marge im Konzern erhöhen zu können?

    Gerhardt: Mit Blick auf die Marge haben wir im Wesentlichen zwei große Stellschrauben: Zum einen steigt seit zehn Jahren der Umsatz pro Boot stark an, er hat sich in diesem Zeitraum auf nun 250.000 Euro mehr als verdoppelt. Das hat eine ganze Reihe von Gründen. Wir heben Preise an durch luxuriösere Platzierung unserer Brands, wir statten unsere Yachten besser aus, wählen modernere Materialien und bieten mehr Extras an, die in der Regel eine bessere Marge aufweisen als das Basisschiff. Zum anderen standardisieren wir die Produktion weiter und managen die Fertigungskosten enger.

    Sie haben den Katamaran-Bauer Privilège mittlerweile komplett von Ihrem Großaktionär Aurelius übernommen. Welche Impulse erwarten Sie von Privilège?

    Gerhardt: Privilège ist ein führender Hersteller von hochseetüchtigen Luxuskatamaranen von 16 bis 24 Metern Länge. Erstmals in der Geschichte von HanseYachts gehören damit nun auch Segel- und Motorkatamarane zum regulären Konzern-Produktportfolio. Wir haben gerade mit dem Bau der Prototypen der beiden Katamaran-Neuentwicklungen Privilège Signature 510 und 580 begonnen. Insbesondere vom Modell 580, das einen Kaufpreis von fast 3 Millionen Euro aufweisen wird, haben wir bereits viele Vorbestellungen vorliegen. Aufgrund der langen Bauzeit dieses Produktes werden diese Neuheiten erst ab Frühherbst 2020 und damit ab dem nächsten Geschäftsjahr 2020/21 positiv zu Umsatz und Ergebnis beitragen können. Dieser Beitrag wird jedoch signifikant ausfallen.

    Privilège war zuletzt noch defizitär, wann schafft die neue Tochter den Break-even?

    Gerhardt: Der Break-even von Privilège kommt spätestens, wenn die vorbestellten Signature 580 Boote zu Umsatz werden und damit ziemlich genau am Anfang des nächsten Geschäftsjahres.

    Werden durch die Komplettübernahme von Privilège weitere Synergiepotenziale frei oder konnten Sie bereits zuvor Synergien realisieren?

    Gerhardt: Im Zusammenspiel mit Privilège konnten wir die internen Abläufe bereits optimieren und erste Synergien heben. Es liegt aber auch noch jede Menge Arbeit vor uns. Diese Millionen-Boote bestehen aus sehr vielen Teilen, entsprechend kommt die Einkaufssynergie nur langsam von Boot zu Boot zum Vorschein. Einsparpotenzial haben wir bei den Fertigungskosten auch durch die nun eingeführte Serienfertigung, wobei sich bei Bauzeiten, die planmäßig zwischen 6 und 15 Monaten liegen, diese Einsparungen erst in einigen Quartal nachhaltig zeigen werden.

    Die Klimadiskussion hat auch den Schiffsmarkt erreicht. Wie reagieren Sie auf diese neuen Herausforderungen?

    Gerhardt: Bei diesem Thema sind wir absoluter Vorreiter. Bereits vor drei Jahren haben wir bei Hanse unser eigenes Konzept, den E-Motion Rudder Drive, auf den Markt gebracht: einen Elektroantrieb, der in das Ruderblatt unter dem Heck der Yacht integriert ist und somit zusätzlich zu dem ökologischen Vorteil weniger Wasserverdrängung und bessere Manövereigenschaften ermöglicht. Auch bei Privilège haben wir schon einen komplett elektrischen 51 Fuß Katamaran gebaut und ihn auf der Messe im vergangenen Herbst gezeigt. Das sind beides Segelboote, die per se die ökologischste Reisemöglichkeit bieten. Bei den Motorbooten testen wir ein eigenes Cloud-System, welches eine intelligentere Motoren-Überwachung, Wartung und damit Optimierung des Verbrauches erlaubt, dort ist das Thema aber noch sehr jung.

    Die Konjunkturaussichten haben sich zuletzt merklich eingetrübt, Brexit und Handelskrieg sind Dauerthemen, wirkt sich das auch auf die Nachfrage nach Yachten aus?

    Gerhardt: Die Themen Brexit und Handelskriege sind durchaus spürbar am Markt. Allerdings konnten wir die daraus resultierenden regionalen Nachfrageschwächen durch andere, sehr starke Märkte mehr als ausgleichen: So lagen zum Beispiel die Verkäufe in Deutschland, Griechenland und auch im Nahen Osten deutlich über den Erwartungen.

    Konnten Sie die Dynamik des Vorjahres mit ins neue Geschäftsjahr nehmen? Welche Umsatz- und Ergebnisziele haben Sie für das laufende Geschäftsjahr?

    Gerhardt: Die Dynamik setzt sich fort und unsere Zielsetzung sieht für 2019/2020 ein weiteres Umsatzwachstum vor. Zudem werden wir im laufenden Geschäftsjahr zum ersten Mal den Volljahreseffekt der im vergangenen Jahr auf den Weg gebrachten Kostensenkungsprojekte abschöpfen. Gegenläufig wird sich noch der Anfangsverlust aus dem Aufbau der Marke Privilège auswirken. Unter Berücksichtigung dieser negativen Einmaleffekte erwarten wir für 2019/2020 einen einmaligen Rückgang des EBITDA, blicken aber mit großer Zuversicht auf die Folgejahre. Privilège wird dann einen wichtigen Beitrag für unser zweistelliges Margenziel liefern.

    Vor kurzen musste der italienische Yachthersteller Ferretti sein Börsendebüt verschieben, ist das Sentiment für Werften an der Börse derzeit zu schlecht?

    Gerhardt: Ferretti hatte einen Ausgabepreis von bis zu 3,70 Euro pro Aktie angepeilt. Auf der Basis von 291 Millionen Aktien hätte dies einem Börsenwert von bis zu 1,08 Milliarden Euro entsprochen. Ferretti erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 609 Millionen Euro bei einer Marge von knapp 9 Prozent. Umgerechnet auf unseren Aktienkurs, der zu diesem Zeitpunkt bei 5,85 Euro lag, hätte der HanseYachts-Kurs bei einer vergleichbaren Bewertung bei 24,21 Euro liegen müssen. Entweder war die Bewertung von Ferretti zu ambitioniert oder die HanseYachts-Aktie ist viel zu günstig. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.

    Dieses Interview ist eine Kooperation von wallstreet-online mit der Redaktion von www.4investors.de.




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