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    Die Frau in der kasachischen Politik - Seite 2

    Frauen in hohen Positionen der Politik und Wirtschaft werden im westlichen Kulturkreis mehr und mehr zur Normalität. In den Ländern Zentralasiens sind sie nach wie vor ein seltenes Phänomen. In Kasachstan ist dies jedoch anders. Mit Dariga Nazarbayeva steht dort eine Frau an der Spitze des Senats, welche in mancherlei Hinsicht eine Vorbildrolle einnimmt.

    Regionale Vorbildrolle in Zentralasien

    Die gesellschaftlichen Rollen von Mann und Frau waren, ebenso wie in Europa, auch in Zentralasien lange Zeit durch traditionelle Vorstellungen geprägt. Zwar gab es in der Sowjetzeit einige progressive Vorstöße zur Verbesserung der beruflichen Stellung der Frau. So war die Gleichstellung von Mann und Frau gesetzlich geregelt und es wurden Neuerungen wie die Einführung eines Mutterschaftsurlaubes und die staatliche Bereitstellung von Kinderkrippen umgesetzt. Im Zuge des Zusammenbruches der Sowjetunion zu Beginn der neunziger Jahre und der vielerorts folgenden Rezessionen wurden jedoch insbesondere die weiblichen Teile der Bevölkerung aus dem Arbeitsmarkt verdrängt und die traditionellen Auffassungen der Geschlechterrollen erlebten einen erneuten Aufschwung. 

    Nicht so jedoch in Kasachstan. Dem Binnenstaat am kaspischen Meer ist insbesondere im Bezug zur Gleichberechtigung der Geschlechter eine regionale Vorreiterrolle zuzuschreiben. Bereits seit der Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1991 ist die staatliche Politik darum bemüht, die rechtliche Stellung von Frauen zu verbessern. So war Kasachstan gemäß der Einheit der Vereinten Nationen für Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen (UN Women) das erste zentralasiatische Land, welches eine nationale Stelle zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter ins Leben rief. Zudem liegt Kasachstan, was die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt anbelangt, mit 78% regional auf dem ersten Platz und Frauen haben sogar eine höhere Wahrscheinlichkeit als Männer, einen Hochschulabschluss zu absolvieren.

    Zweitwichtigste Person des Landes

    Das wohl prominenteste Beispiel für diese Entwicklungen ist in der Person von Dariga Nazarbayeva zu finden. Nach ihrem Studium der Politikwissenschaften an der Lomonossow-Universität in Moskau sowie der Kasachischen Nationalen Al-Farabi-Universität (ehemals Kasachische Staatliche Kirow-Universität) war die älteste Tochter des ehemaligen kasachischen Präsidenten zunächst als Unternehmerin tätig und durchlief später eine fast schon mustergültige politische Laufbahn. Von 2004 bis 2007 war sie als Abgeordnete im kasachischen Parlament vertreten und wurde rund zehn Jahre später zur Vize-Sprecherin des Mäschilis, des parlamentarischen Unterhauses von Kasachstan, gewählt und zugleich Fraktionschefin der regierenden Partei Nur-Otan. 2015-2016 wurde sie sodann zur stellvertretenden Premierministerin der Republik Kasachstan ernannt. Darauf folgte die Wahl in den Senat, wo sie zudem den Posten der Vorsitzenden des bedeutenden Komitees für internationale Angelegenheiten, Verteidigung und Sicherheit erhielt.

    Im März dieses Jahres wurde ihr schließlich die Position der Sprecherin des Senates von Kasachstan zuteil. Dass sie damit als Frau die zweitwichtigste Position des Landes einnimmt, ist in der sonst von Männern dominierten politischen Landschaft Zentralasiens mehr als ungewöhnlich und steht sinnbildlich für den gesellschaftlichen Wandel, welcher sich in den letzten Jahren in der Region vollzogen hat. Als Sprecherin des Senates hat sie zudem vielversprechende Chancen, in Zukunft zur ersten weiblichen Präsidentin des Landes gewählt zu werden.

    Förderung der internationalen Zusammenarbeit

    Ihre diesbezügliche Vorbildfunktion stellte sie unter anderem beim „World Cancer Leader Summit“, welches im Oktober 2019 in Kasachstan stattfand, unter Beweis. Dabei kam es zu verschiedenen Treffen mit weiblichen Führungspersönlichkeiten, so beispielsweise mit der humanitären Aktivistin und Präsidentin der Internationalen Vereinigung gegen Krebs, Prinzessin Dina Mired von Jordanien, wobei sich Nazarbayeva insbesondere für die Stärkung der internationalen Kooperation im Bereich der Forschung und Behandlung von Krebs aussprach.

    Die internationale Zusammenarbeit und wirtschaftliche Öffnung Kasachstans ist Nazarbayeva auch im Rahmen ihrer politischen Tätigkeiten ein besonderes Anliegen. So steht sie kontinuierlich dafür ein, die wirtschaftliche, wissenschaftliche und parlamentarische Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und anderen Ländern, unter anderem mit Deutschland, Zypern oder der Tschechischen Republik, zu vertiefen und den Wissensaustausch aktiv zu fördern. Zudem setzt sie sich dafür ein, Kasachstans Attraktivität für ausländische Investoren durch die Schaffung transparenter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen zu vergrößern. Im Rahmen bilateraler Gespräche, welche kürzlich mit Vertretern verschiedener Staaten stattgefunden haben, betonte sie die Einführung beispielloser Maßnahmen zum Schutz von Investitionen und zur Unterstützung ausländischer Unternehmen in ihrem Heimatland.

    Unternehmerische Tätigkeiten

    Die Politik ist jedoch längst nicht das einzige Steckenpferd von Nazarbayeva, denn sie war zunächst viele Jahre als Unternehmerin tätig und hat sich dabei ein eigenes Medienimperium aufgebaut. Im Jahr 1995 gründete sie das Medienunternehmen Khabar, welches heute über 600 Angestellte beschäftigt und den staatlichen Nachrichtensender Khabar sowie zwei weitere Fernsehsender und einen Radiosender umfasst. Zudem war Nazarbayeva an weiteren Unternehmen der Medienbranche, wie dem Unterhaltungssender NTK oder Europe Plus Kazakhstan JSC beteiligt. Durch ihre Tätigkeiten hat sie die kasachische Medienlandschaft nachhaltig mitentwickelt und geprägt. Bei Aufnahme ihrer politischen Aufgaben im Jahr 2004 zog sie sich jedoch aus der aktiven Tätigkeit in diesen Unternehmen zurück.

    Zivilgesellschaftlich war Nazarbayeva jedoch auch weiterhin aktiv. 2002 rief sie das „Eurasian Media Forum“ ins Leben, welches jährlich 600 Teilnehmern aus über 60 Ländern in Kasachstan eine Plattform zur Diskussion der drängendsten Themen der Gegenwart bietet. Bei den Teilnehmenden handelt es sich um zentrale Persönlichkeiten der internationalen Medienbranche sowie gesellschaftliche Meinungsführer, Politiker und Nobelpreisträger.

    Solche eigenständigen unternehmerischen Tätigkeiten sind für Frauen in den patriarchalisch dominierten Gesellschaften Zentralasiens vielerorts nach wie vor undenkbar, auch wenn sich die gesellschaftspolitischen Dynamiken in den letzten Jahren merklich verändert haben. Es bedarf daher auch weiterhin charismatischer Führungspersönlichkeiten, wie Dariga Nazarbayeva, welche die gesellschaftliche Entwicklung vorantreiben und Vorbildfunktionen einzunehmen bereit sind.




    Martin Brosy
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    Martin Brosy ist Tradingcoach und Mitbegründer der Trading Ausbildung www.trademy.de. Großen Einfluss auf sein ökonomisches Weltbild haben die Publikationen von Karl-Heinz Paqué und Joseph Schumpeter. Als Börsianer inspirieren ihn die Ansätze von Buffett, Burry, Livermore und Lynch.
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    Verfasst von Martin Brosy
    Die Frau in der kasachischen Politik - Seite 2 Frauen in hohen Positionen der Politik und Wirtschaft werden im westlichen Kulturkreis mehr und mehr zur Normalität. In den Ländern Zentralasiens sind sie nach wie vor ein seltenes Phänomen. In Kasachstan ist dies jedoch anders. Mit Dariga …

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