Absage an Corona-Bonds / Kommentar zur Lage bei den Euro-Staatsanleihen von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - Beim Blick auf den Staatsanleiheprimärmarkt der Eurozone
drängt sich derzeit nicht unbedingt der Eindruck eines Krisenmodus auf, wie er
etwa in der Staatsschuldenkrise vorzufinden gewesen ist. Emittenten stehen heute
nicht mit dem Rücken zur Wand, weil Staatsanleiherenditen emporschnellen,
Spreads explodieren, Käufer in den Streik treten und das Ende dieses Prozesses
für jedermann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu prognostizieren
ist: Verlust des Marktzugangs. Von dieser Situation, in der sich die
Eurozonenperipherie während der Staatsschuldenkrise oder Banken während der
Finanzmarktkrise befanden, sind Länder wie Italien und Spanien meilenweit
entfernt. Das ist in der gerade abgelaufenen Marktwoche eindrucksvoll bewiesen
worden.
Italien ging mit zwei Staatsanleihen mit fünf und 30 Jahren Laufzeit an den
Start. Die Investoren standen geradezu Schlange, um die Anleihe zu ordern. Am
Ende dürfte so mancher seinen Augen nicht getraut haben. Für die beiden Bonds
zusammen bekamen die Italiener ein Orderbuch von sage und schreibe mehr als 110
Mrd. Euro zusammen - das war Rekord. Käuferstreik sieht anders aus. Das
fünfjährige Papier ging zu einer Rendite von 1,928% an die Investoren. Der
30-jährige Bond wurde zur Rendite von 3,129% platziert. Ein Marktzugangsverlust
aufgrund prohibitiv hoher Zinsen bzw. Bondrenditen sieht auch anders aus.
drängt sich derzeit nicht unbedingt der Eindruck eines Krisenmodus auf, wie er
etwa in der Staatsschuldenkrise vorzufinden gewesen ist. Emittenten stehen heute
nicht mit dem Rücken zur Wand, weil Staatsanleiherenditen emporschnellen,
Spreads explodieren, Käufer in den Streik treten und das Ende dieses Prozesses
für jedermann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu prognostizieren
ist: Verlust des Marktzugangs. Von dieser Situation, in der sich die
Eurozonenperipherie während der Staatsschuldenkrise oder Banken während der
Finanzmarktkrise befanden, sind Länder wie Italien und Spanien meilenweit
entfernt. Das ist in der gerade abgelaufenen Marktwoche eindrucksvoll bewiesen
worden.
Italien ging mit zwei Staatsanleihen mit fünf und 30 Jahren Laufzeit an den
Start. Die Investoren standen geradezu Schlange, um die Anleihe zu ordern. Am
Ende dürfte so mancher seinen Augen nicht getraut haben. Für die beiden Bonds
zusammen bekamen die Italiener ein Orderbuch von sage und schreibe mehr als 110
Mrd. Euro zusammen - das war Rekord. Käuferstreik sieht anders aus. Das
fünfjährige Papier ging zu einer Rendite von 1,928% an die Investoren. Der
30-jährige Bond wurde zur Rendite von 3,129% platziert. Ein Marktzugangsverlust
aufgrund prohibitiv hoher Zinsen bzw. Bondrenditen sieht auch anders aus.
Einen Tag später wurde Spanien vorstellig. Die zehnjährige Anleihe generierte
ein geradezu gigantisches Ordervolumen von mehr als 97 Mrd. Euro - für eine
einzelne Anleihe ist das Rekord. Diesen hatte bislang Belgien im März mit 58
Mrd. Euro aufgestellt. Das zehnjährige Papier der Spanier bekamen Investoren zur
Rendite von 1,306%. Sowohl die Italiener als auch die Spanier konnten bei dieser
Nachfrage aus dem Vollen schöpfen. Italien nahm über beide Anleihen zusammen 16
Mrd. Euro auf, Spanien mit 15 Mrd. Euro über einen Bond in etwa das gleiche
Volumen. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass es am Markt nicht etwa
einen Mangel an Alternativen gab und die unter Anlagedruck stehenden Investoren
praktisch keine andere Wahl hatten, als die Anleihen von Italien oder Spanien zu
kaufen. So trat am Dienstag neben Italien auch das am Bondmarkt für seinen
Seltenheitswert bekannte Großherzogtum Luxemburg mit gleich zwei Anleihen über
fünf und zehn Jahre Laufzeit auf. Eine sicherere Alternative zu Italien war also
sehr wohl da.
In der gleichen Woche berieten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs dann
darüber, wie den durch die Covid-19-Pandemie gebeutelten Ländern bzw.
Volkswirtschaften zu helfen ist und welche Finanzbeschlüsse dafür zu fassen
sind. Da ertönte auch wieder der Ruf nach gemeinsamen Anleihen, also der
gemeinsamen Haftung. Warum nur? Italien und Spanien, die klare Befürworter
gemeinsamer Corona-Bonds sind, wird das Geld am Markt praktisch nachgeschmissen.
Warum nehmen sie in dieser Situation nicht einfach 3, 4 oder 6 Mrd. Euro mehr
auf, wenn es doch problemlos möglich ist? Ein gemeinsamer Corona-Bond würde
vielleicht im Volumen von 5, 10 oder - schon recht hoch gegriffen - von 15 Mrd.
Euro kommen, dies würde dann auf mehrere Länder verteilt werden. Mehr als einen
jeweiligen Anteil von vielleicht 5 Mrd. Euro würde auf Italien oder Spanien aus
einem sehr großvolumigen gemeinsamen Bond vermutlich ohnehin nicht entfallen.
Zur Erinnerung: Zinsen im Sinne von Anleiherenditen des Bundes im zehnjährigen
Laufzeitenbereich von mehr als 1% zahlte der Bund zuletzt im Juli 2014, also zu
einer Zeit, als die Staatsschuldenkrise noch ihre Nachwirkungen zeigte.
Zehnjährige Bundrenditen von mehr als 2% zahlte der Bund zuletzt im November
2011, also während der Staatsschuldenkrise. Italien liegt jetzt bei zehnjährigen
Bondrenditen von 2%, d. h. auf dem Niveau des Bundes während der
Staatsschuldenkrise. Spanien liegt auf dem Niveau des Bundes zu Zeiten der
Nachwirkungen derselben Krise. Auch in der Staatsschuldenkrise wurde auf die
Bundrenditen verwiesen, und angesichts dieser Konditionen ertönte der Ruf nach
gemeinsamen Bonds. Die Renditen galten damals nicht als prohibitiv hoch und sind
heute für Spanien bzw. Italien Realität.
Geschlossene Grenzen und die Rückbesinnung auf die eigene Nation gelten der
Politik in Europa nicht als unsolidarisch. Geschlossene Portemonnaies
offenkundig schon, wird bei der gemeinsamen Haftung doch gern auf diese
Solidarität gepocht. Umso unverständlicher wird die Forderung angesichts der
Tatsache, dass sich die Länder quasi im Handumdrehen zu historisch günstigen
Konditionen selbst mit Kapital versorgen können. Da kann es nur heißen: Nein zu
Corona-Bonds!
(Börsen-Zeitung, 25.04.2020)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/30377/4580542
OTS: Börsen-Zeitung
ein geradezu gigantisches Ordervolumen von mehr als 97 Mrd. Euro - für eine
einzelne Anleihe ist das Rekord. Diesen hatte bislang Belgien im März mit 58
Mrd. Euro aufgestellt. Das zehnjährige Papier der Spanier bekamen Investoren zur
Rendite von 1,306%. Sowohl die Italiener als auch die Spanier konnten bei dieser
Nachfrage aus dem Vollen schöpfen. Italien nahm über beide Anleihen zusammen 16
Mrd. Euro auf, Spanien mit 15 Mrd. Euro über einen Bond in etwa das gleiche
Volumen. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass es am Markt nicht etwa
einen Mangel an Alternativen gab und die unter Anlagedruck stehenden Investoren
praktisch keine andere Wahl hatten, als die Anleihen von Italien oder Spanien zu
kaufen. So trat am Dienstag neben Italien auch das am Bondmarkt für seinen
Seltenheitswert bekannte Großherzogtum Luxemburg mit gleich zwei Anleihen über
fünf und zehn Jahre Laufzeit auf. Eine sicherere Alternative zu Italien war also
sehr wohl da.
In der gleichen Woche berieten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs dann
darüber, wie den durch die Covid-19-Pandemie gebeutelten Ländern bzw.
Volkswirtschaften zu helfen ist und welche Finanzbeschlüsse dafür zu fassen
sind. Da ertönte auch wieder der Ruf nach gemeinsamen Anleihen, also der
gemeinsamen Haftung. Warum nur? Italien und Spanien, die klare Befürworter
gemeinsamer Corona-Bonds sind, wird das Geld am Markt praktisch nachgeschmissen.
Warum nehmen sie in dieser Situation nicht einfach 3, 4 oder 6 Mrd. Euro mehr
auf, wenn es doch problemlos möglich ist? Ein gemeinsamer Corona-Bond würde
vielleicht im Volumen von 5, 10 oder - schon recht hoch gegriffen - von 15 Mrd.
Euro kommen, dies würde dann auf mehrere Länder verteilt werden. Mehr als einen
jeweiligen Anteil von vielleicht 5 Mrd. Euro würde auf Italien oder Spanien aus
einem sehr großvolumigen gemeinsamen Bond vermutlich ohnehin nicht entfallen.
Zur Erinnerung: Zinsen im Sinne von Anleiherenditen des Bundes im zehnjährigen
Laufzeitenbereich von mehr als 1% zahlte der Bund zuletzt im Juli 2014, also zu
einer Zeit, als die Staatsschuldenkrise noch ihre Nachwirkungen zeigte.
Zehnjährige Bundrenditen von mehr als 2% zahlte der Bund zuletzt im November
2011, also während der Staatsschuldenkrise. Italien liegt jetzt bei zehnjährigen
Bondrenditen von 2%, d. h. auf dem Niveau des Bundes während der
Staatsschuldenkrise. Spanien liegt auf dem Niveau des Bundes zu Zeiten der
Nachwirkungen derselben Krise. Auch in der Staatsschuldenkrise wurde auf die
Bundrenditen verwiesen, und angesichts dieser Konditionen ertönte der Ruf nach
gemeinsamen Bonds. Die Renditen galten damals nicht als prohibitiv hoch und sind
heute für Spanien bzw. Italien Realität.
Geschlossene Grenzen und die Rückbesinnung auf die eigene Nation gelten der
Politik in Europa nicht als unsolidarisch. Geschlossene Portemonnaies
offenkundig schon, wird bei der gemeinsamen Haftung doch gern auf diese
Solidarität gepocht. Umso unverständlicher wird die Forderung angesichts der
Tatsache, dass sich die Länder quasi im Handumdrehen zu historisch günstigen
Konditionen selbst mit Kapital versorgen können. Da kann es nur heißen: Nein zu
Corona-Bonds!
(Börsen-Zeitung, 25.04.2020)
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