Alkohol, Tabak, Waffen und Glücksspiel
Überrendite mit Vice-Stocks? – Analyst Hasler: „nicht alles, was reich macht, macht auch glücklich“ – über Hot Sin-Stocks
Investments in die Waffen-, Alkohol-, Tabak- und Glücksspielindustrie sind ethisch äußerst fragwürdig, versprechen Investoren jedoch häufig eine Überrendite. Doch nicht alle „Sünden-Branchen“ können das Versprechen halten: Nur die Waffenindustrie generiert tatsächlich eine Mehrrendite. Dabei darf die philosophische Frage „gnadenlosen“ Alpha-Jägern gestellt werden: Macht Rendite allein glücklich?
Der Vitium Global Fund (US90347D3026) ist einer der bekanntesten Investmentfonds im Bereich unethischer Investments. Der Fonds investiert laut Fondsunterlagen ausschließlich in die Waffen- Glücksspiel-, Luftfahrt- sowie Tabak- und Alkoholindustrie. Bis 2019 hieß er deshalb sogar offiziell Vice Fonds, zu Deutsch Laster-Fonds. Seit seiner Auflegung schnitt der Fonds jedoch kaum besser ab als der S&P 500, berichtet die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Seit Jahresanfang verlor der Fonds sogar mehr als 13 Prozent.
Einige Studien kommen zum Schluss, dass unethische Investments langfristig eine bessere Rendite erzielen als der Gesamtmarkt. So haben beispielsweise Ökonomen der Universität New Mexico zwischen 1992 und 2002 55 ethisch fragwürdige Titel beobachtet, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Die Wissenschaftler kämen dabei zum Schluss, dass die Rendite von Alkohol- und Tabak-Aktien zweimal so hoch wie der Börsenschnitt sei. Glückspiel-Aktien erzielten sogar eine dreimal so hohe Rendite.
Andere Studien kommen zum Schluss, dass unethische Investments in guten Börsenzeiten Mehrrenditen erzielen, in schwierigen Börsenzeiten sie jedoch deutlich schlechter als der Gesamtmarkt performen, so die NZZ.
Wieder andere Untersuchungen können weder die These einer Mehrrendite bei unethischen noch bei ethischen Investments bestätigen. Die Studie „Vice vs. Virtue Investing Around the World“ von Sebastian Lobe und Christian Walkshäusl zieht beispielsweise folgendes Fazit: „Wir finden in den Daten keinen eindeutigen Beweis dafür, dass ethische und unethische Screenings zu einem signifikanten Unterschied in der finanziellen Performance führen.“
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Peter Thilo Hasler, Gründer und Analyst von Sphene Capital, fasst den Stand der wissenschaftlichen Literatur zu dem Thema exklusiv für wallstreet:online zusammen: „es gibt zahlreiche Scientific Papers (und Meta-Papers), in denen die Performance von Vice- oder Sin-Stocks wie Alkohol-, Tabak-, Drogen-, Porno- oder Waffenherstellern sowie Glücksspielanbietern analysiert wird. Unter Verwendung risikoadjustierter Performance-Kennzahlen wie der Sharpe-Ratio oder dem Jensen-Alpha kann in etwa zu gleichen Teilen festgestellt werden, dass derartige Aktien deutliche Überrenditen gegenüber den verwendeten Benchmarks erzielen – oder dass ihnen dies nicht gelingt.“
Analyst Hasler gibt jedoch zu bedenken, dass Investmententscheidungen immer auch eine ethische Dimension beinhalten: „Unabhängig von der empirischen Forschung sollte jeder Anleger für sich selbst festlegen, ob er Sin-Aktien im Depot haben will. Denn nicht alles, was reich macht, macht auch glücklich.“
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Für Anleger, die explizit keinen Wert auf Ethik bei der Geldanlage legen, bieten sich womöglich Investments in die Waffenindustrie an. Denn die Rüstungsindustrie erzielt laut NZZ
tatsächlich gegenüber dem Gesamtmarkt eine Mehrrendite: Der „PDR S&P Aerospace & Defense ETF“ schlug seit 2007 kontinuierlich den S&P 500.
Autor: Ferdinand Hammer