Der Markt als Mensch
Benjamin Graham hat uns den Begriff „Mr. Market“ nähergebracht. So bezeichnete er gern den Aktienmarkt, der sich tatsächlich wie ein Mensch verhält: unvorhersehbar, emotional und
allzu oft irrational.
Der Markt wird nun einmal von Menschen gemacht, und wenn viele Menschen gleichzeitig emotionale und nicht perfekt informierte Entscheidungen treffen, ist es kein Wunder, dass Mr.
Market oft schnell von himmelhoch jauchzend nach zu Tode betrübt oder umgekehrt umschwenkt.
Sie dürfen sich davon nicht mitreißen lassen. Der Markt agiert nur deshalb so wankelmütig, weil sich eben nur wenige Anleger tatsächlich genau mit den Hintergrundinformationen zu
den einzelnen Unternehmen und ihren wahren Werten auseinandersetzen.
Wenn Mr. Market gut gelaunt ist, kann er uns auch zukünftige Profite sehen lassen, wo es in Wirklichkeit gar keine gibt. Unser Gehirn ist nämlich so konstruiert, dass es gern im
Chaos ein bestimmtes Muster erkennt. Wenn wir verschiedenen Versuchspersonen eine Reihenfolge, z.B. aus weißen und schwarzen Feldern, vorlegen und ihnen sagen, dass diese
Reihenfolge zufällig ist, werden sie trotzdem versuchen, darin ein Muster und eine Regelmäßigkeit zu erkennen. Wir Menschen können dagegen nichts machen, wir ticken nun einmal so.
Im Fall von Märkten und Preisen führt das dazu, dass wir nach einer Preissteigerung immer noch eine weitere Preissteigerung erwarten. Je länger das Hoch anhält, desto sicherer sind
wir uns im Unterbewusstsein, dass es auch noch eine Weile weiter anhalten wird – dabei ist genau das Gegenteil richtig: Je länger ein Preis steigt, desto größer wird die
Wahrscheinlichkeit, dass er demnächst wieder fallen wird.
Diese psychologischen Eigenheiten machen es uns noch schwerer, tatsächlich vorherzusehen, wie ein Markt sich in der Zukunft entwickeln wird. Hier haben wir also einen weiteren
Grund, nicht auf den Markt und die anderen Anleger zu vertrauen, sondern uns stattdessen solide und langfristige Hintergrundinformationen zu beschaffen und mit ihrer Hilfe eine
möglichst rationale Entscheidung über den Wert einer Aktie zu treffen.
Auch Impfstoff von Moderna hat gute Erfolgsaussichten
Der Impfstoff des USA-Pharmakonzerns ist offenbar stabiler und deshalb weniger anspruchsvoll als das Produkt von Biontech und Pfizer.
Blicken wir einmal rational und emotionslos auf die Aktie:
Das Papier ist in den vergangenen zwölf Monaten bereits über 380 Prozent gestiegen. Zum aktuellen Kurs von 101 USD ist das Unternehmen mehr als sportlich bewertet: Das
Kurs-Umsatz-Verhältnis liegt bei 149, das Kurs-Cashflow-Verhältnis bei 55 und das Kurs-Buchwert-Verhältnis bei 14.
Moderna wies bis 2019 stets einen negativen Free Cashflow aus. Auch die Margen waren bis zuletzt negativ. Erst im letzten Quartal konnten Umsatz und Gewinn deutlich
gesteigert werden. Die Bilanz allerdings ist solide mit einem Current Ratio von 2,4 und einem Verschuldungsgrad von 0,08.
Viele Anleger springen jetzt erst auf den Impfstoff-Zug auf. Angesichts der hohen Bewertung ist das riskant. Das oftmals zitierte „Donnern der Kanonen“ ist aus meiner Sicht schon
lange vorbei. Die sportliche Bewertung in der momentanen Aufwärtsphase bietet keine Einstiegschance.
Mit den besten Grüßen,
Ihr
Henning Lindhoff
Redaktion Der Privatinvestor