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     136  0 Kommentare Der Coup der Opec / Kommentar zur Entwicklung des Ölpreises von Dieter Kuckelkorn

    Frankfurt (ots) - Mit dem Ergebnis des jüngsten Ministertreffens ist dem
    Produzentenkartell "Opec plus" ein Überraschungscoup gelungen. Die Mehrzahl der
    professionellen Ölmarktbeobachter ist davon ausgegangen, dass die Staatengruppe
    die Produktion um 1,5 Mill. Barrel pro Tag (bpd) anhebt. Dazu ist es jedoch
    nicht gekommen. Zumindest für den Monat April wird die Produktion auf dem
    gegenwärtigen Niveau gehalten, wobei Saudi-Arabien sogar seine zusätzlichen
    freiwilligen Kürzungen um 1 Mill. bpd beibehält.

    Der Ölmarkt hat darauf sehr deutlich reagiert. Die Notierung der weltweit
    wichtigsten Rohölsorte Brent Crude bewegt sich nun zügig auf die Marke von 70
    Dollar je Barrel zu. In der Spitze wurden am Freitag 69,35 Dollar erreicht. Dies
    ist der höchste Stand seit 14 Monaten. Insofern lässt sich von einer geschickten
    Steuerung des Ölmarktes durch die beiden Schwergewichte der "Opec plus",
    Russland und Saudi-Arabien, unter Ausnutzung der fundamentalen Gegebenheiten
    sprechen.

    Eine große Rolle spielt dabei, dass sich die Ölnachfrage zu einem relativ großen
    Teil erholt hat, auch wenn die Coronakrise noch lange nicht vorüber ist. War auf
    dem Höhepunkt der ersten Pandemiewelle bezogen auf den Durchschnittsverbrauch
    von 2019 eine Nachfrage von 22 Mill. bpd ausgefallen, so fehlen aktuell noch 4
    bis 5 Mill. bpd. Bis zum Herbst soll die Verbrauchsminderung gerade noch 1 Mill.
    bpd betragen.

    Was das Angebot betrifft, zeichnet sich die Opec derzeit durch eine Disziplin
    bei der Einhaltung der Förderquoten aus, die es in den Jahrzehnten seit ihrer
    Gründung eigentlich fast nie gegeben hat. Hinzu kommt, und das ist die
    eigentliche Überraschung, dass auf den kräftigen Preisanstieg hin nur eine
    unterdurchschnittliche Erholung der amerikanischen Schieferölförderung
    eingetreten ist. Offensichtlich hat sich das Verhalten der Schieferölproduzenten
    verändert: Es geht nicht mehr um Anhebung der Förderung um fast jeden Preis,
    sondern um eine nachhaltigere Positionierung und die Erzeugung von Shareholder
    Value. Auch scheinen sich die Förder- und Exportmengen des Iran kaum zu erholen,
    da die USA ihre Sanktionen nicht lockern.

    Vor diesem Hintergrund haben sich die zusätzlichen Fördereinschränkungen der
    Saudis ausgezahlt, wie die Analysten von Goldman Sachs vorrechnen: Seit dem 5.
    Januar ist der Ölpreis um 25 % gestiegen, während die saudi-arabische
    Ölproduktion nur um 9 % gesunken ist. In der gleichen Zeitspanne sind die
    weltweiten, gegenüber der Zielgröße der Opec überschüssigen Lagerbestände an
    Rohöl um 56 % gesunken. Die Analysten von Goldman Sachs sind daher für den
    Ölpreis weiterhin sehr zuversichtlich gestimmt, sie haben ihre Prognose für den
    Brent-Ölpreis um jeweils 5 Dollar je Barrel auf 75 Dollar für das zweite Quartal
    und 80 Dollar für das dritte Quartal angehoben. Dabei verweisen sie auch auf die
    hohe Backwardation, also den Zustand, bei dem bei den Ölkontrakten die kurzen
    Laufzeiten deutlich höher notieren - ein Zeichen von Knappheit.

    Allerdings gibt es für die weitere Entwicklung des Ölpreises zwei wesentliche
    Unsicherheitsfaktoren. Zum einen, so merkt Eugen Weinberg von der Commerzbank
    an, könnte es sich erweisen, dass die "Opec plus" den Bogen überspannt und der
    starke Anstieg des Ölpreises auf die nach wie vor anfällige konjunkturelle
    Erholung durchschlägt.

    Zum anderen gibt es derzeit nicht nur an den Märkten für Industriemetalle,
    sondern auch bei Rohöl spekulative Übertreibungen. So betonen die Analysten von
    J.P. Morgan, der Ölpreis sei den fundamentalen Gegebenheiten um zwei Quartale
    bzw. um 4 Dollar je Barrel vorausgeeilt. Insofern ist nicht auszuschließen, dass
    es auch am Ölmarkt zu Turbulenzen kommt, wie sie derzeit an den Metallmärkten zu
    beobachten sind.

    (Börsen-Zeitung, 06.03.2021)

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