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    Marktkommentar  128  0 Kommentare Hugh Gimber (J.P. Morgan): Die politischen Interventionen in China

    Die Auswirkungen der jüngsten politischen Interventionen in China auf Wertpapieranlagen

    September 2021

    Nachdem die chinesischen Aktien während eines Großteils der Pandemie die anderen regionalen Aktienmärkte übertroffen hatten, haben sie in den letzten Monaten stark nachgegeben. Die erste Kursbewegung wurde Bedenken über eine Abkühlung der chinesischen Wirtschaft zugeschrieben, die letzten Kursverluste wurden jedoch durch restriktivere aufsichtsrechtliche Maßnahmen ausgelöst, die sich auf bestimmte Sektoren konzentrierten. In diesem Artikel legen wir dar, warum wir bezüglich des mittelfristigen Ausblicks für chinesische Wertpapiere weiterhin positiv eingestellt sind, obwohl es noch einige Zeit dauern kann, bis das Ausmaß der strikteren Regulierung klarer wird und sich die Stimmung am Aktienmarkt verbessert.

    Wie sollten Anleger die jüngsten regulatorischen Änderungen interpretieren 

    Die aktuellen Maßnahmen der politischen Entscheidungsträger in Peking sind am besten im Kontext der Bemühungen zu verstehen, eine Balance zwischen kurzfristigem Wachstum und längerfristigen politischen Zielen zu finden.

    Im Technologiesektor werden die chinesischen Regulierungsbehörden aktiv, um gegen einen Missbrauch von Marktmacht anzugehen, die Möglichkeiten aufsichtsrechtlicher Arbitrage zu begrenzen und den Wettbewerb am Markt zu erhöhen. Cybersicherheit ist ein weiterer Schwerpunkt, wobei dem Umgang der Unternehmen mit Benutzerdaten besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Es gibt deutliche Parallelen zu den regulatorischen Maßnahmen, die in den letzten Jahren in den Industrieländern zu beobachten waren.

    Unternehmen, die sich für eine Notierung im Ausland entschieden haben – häufig chinesische Technologietitel, die an US-Börsen gehandelt werden – werden ebenfalls zusätzlichen Prüfungen unterzogen und könnten besonders anfällig für zukünftige Entscheidungen sein. Im Großen und Ganzen ist zwar ein stärkeres Eingreifen der Behörden im Technologiesektor zu beobachten, unserer Meinung nach liegt es jedoch nicht im strategischen Interesse Chinas, seine inländischen Champions abzustrafen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der seit langem bestehenden Rivalität zwischen den USA und China. Stattdessen dürften die Aufsichtsbehörden sicherstellen wollen, dass die Technologieriesen auf einem fairen und gut funktionierenden Markt mit der nächsten Gruppe von Innovatoren konkurrieren müssen.

    Auch im Bildungssektor gab es erhebliche regulatorische Änderungen. Die chinesische Regierung wird die Gründung neuer privater Nachhilfeunternehmen nicht mehr genehmigen, und bestehende Unternehmen, die den Lehrplan von Schulen betreuen, müssen sich in gemeinnützige Einrichtungen umwandeln. Während der Unterricht im privaten Sektor in den meisten westlichen Ländern nach wie vor Ermessenssache ist, ist Nachhilfeunterricht in China so weit verbreitet, dass die Behörden den Bereich nun als eine zentrale sozialpolitische Herausforderung einstufen. Die neuesten Maßnahmen sollen sowohl die psychische Belastung durch den Zusatzunterricht für Schüler als auch die finanzielle Belastung für Eltern mindern, um dem allmählichen Rückgang der Geburtenrate in China entgegen zu wirken. Vor diesem Hintergrund ist unserer Meinung nach keine Ausweitung der drastischen Maßnahmen im Bildungssektor auf den gesamten Privatsektor zu erwarten.

    Der Ton der jüngsten politischen Interventionen hat gezeigt, dass Peking eine Ausrichtung des Unternehmensverhalten an den langfristigen politischen Zielen der Regierung sicherstellen will. Dennoch glauben wir nicht, dass dies eine fundamentale Änderung im Hinblick auf ein anderes wichtiges langfristiges Ziel darstellt: Die Öffnung der chinesischen Märkte für ausländisches Kapital. Es werden weiterhin erhebliche Anstrengungen unternommen, chinesische Aktien und Anleihen in internationale Indizes einzubinden. Unserer Ansicht wollen die politischen Entscheidungsträger bewusst nicht die Attraktivität chinesischer Vermögenswerte für die globale Investmentwelt durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen untergraben.

    Was erwarten wir als nächstes?

    Die Sitzung des Politbüros Anfang August bot weitere Einblicke in die Ausrichtung der Wirtschafts- und Aufsichtspolitik für den Rest des Jahres. 

    Für einige Sektoren der „New Economy“, in denen die chinesischen Behörden eine Verbesserung der sozialen Ergebnisse erzielen oder den Wettbewerb stärken möchten, stehen weitere Reformen bevor. Die aufsichtsrechtliche Ungewissheit wird hoch bleiben, bis das Ausmaß der Reformen klarer wird, insbesondere in politisch oder gesellschaftlich sensiblen Branchen. Anleger sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass es bei vielen führenden Akteuren der New Economy in China noch Spielraum für künftige Kursgewinne gibt. Sie arbeiten seit vielen Jahren eng mit der Regierung zusammen und werden dies auch weiterhin tun.

    Es wird auch Sektoren geben, die von künftigen politischen Änderungen profitieren. Beispiele hierfür sind klimaorientierte Technologien, die zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beitragen, Branchen mit Verbindung zur schnellen Verbreitung von Elektrofahrzeugen und Sektoren, die für die chinesische Autonomie in Schlüsselbereichen der Technologie-Lieferkette von entscheidender Bedeutung sind.

    Auf ökonomischer Ebene ist sich die chinesische Regierung der Ungleichgewichte in der Konjunkturerholung bewusst, bei der kleine und mittlere Unternehmen und Haushalte mit niedrigem Einkommen bislang abgehängt worden sind. Daher dürften im weiteren Jahresverlauf gezielte fiskalische Impulse den geldpolitischen Maßnahmen vorgezogen werden. Die Geldpolitik wurde nach einer moderaten Straffung im ersten Halbjahr zu einer neutraleren Haltung verlagert, wobei eine zusätzliche Lockerung möglich ist, wenn die Wachstumsdynamik weiter nachlässt.

    Allgemein scheint Peking das Wachstum nach der „Boom-Phase“ der Erholung im letzten Jahr wieder auf einen stabileren Pfad einzustellen.

    Die Auswirkungen der Ausbreitung der Delta-Variante bleiben unberechenbar. Die chinesische Regierung war sehr erfolgreich in der Eindämmung der bisherigen Varianten, die Fallzahlen sind aber wieder gestiegen. Das Impfprogramm schreitet zügig voran, obwohl bisher nur wenige Studien zur Wirksamkeit verschiedener Impfstoffe unter realen Bedingungen vorliegen. Dies wird in den kommenden Monaten ein Thema sein, das genau zu beobachten ist. Wir erwarten keine Wiederholung des starken Abschwungs der chinesischen Wirtschaft wie im letzten Jahr, doch angesichts der

    „Zero-Covid“-Strategie Chinas besteht die Gefahr, dass regelmäßig Einschränkungen verhängt werden. Dies könnte durchaus Auswirkungen auf die globalen Lieferketten haben. Die jüngsten Betriebsstillegungen im Zusammenhang mit Covid-19 in Ningbo- Zhoushan, dem drittgeschäftigsten Hafen der Welt, sind dafür ein eindrucksvolles Beispiel.

    Welche Auswirkungen hat dies auf Investments? 

    Die starken Kursverluste in den letzten Monaten haben alle Akteure daran erinnert, dass chinesische Aktien eine höhere Schwankungsintensität aufweisen als viele andere Märkte. Über die letzten 25 Jahre betrachtet liegt die annualisierte Rendite des chinesischen Aktienmarktes bei über 5 % in Lokalwährung, trotz durchschnittlicher unterjähriger Kursverluste von fast 30 %. Wie bei jeder Marktkorrektur ist es unmöglich, den Tiefpunkt vorauszusagen. Die Bewertungen sind nun aber erheblich gefallen, von mehr als dem 18-fachen der zwölfmonatigen Gewinnprognosen zum Jahresanfang auf unter 14x für den MSCI China zum heutigen Zeitpunkt. Bis zur weiteren Klärung der regulatorischen Rahmenbedingungen werden die Bewertungen zwar möglicherweise unter Druck bleiben, wir erwarten jedoch, dass sich die Aufmerksamkeit der Anleger allmählich wieder auf unternehmensspezifische Fundamentaldaten richtet.

    Unserer Ansicht nach bleiben chinesische Vermögenswerte ein wesentlicher Bestandteil sowohl der globalen Aktienallokationen als auch der globalen Anleihenallokationen. Peking hat einen enormen Vorstoß zur Öffnung seiner Kapitalmärkte für internationale Anleger gemacht, und wir gehen davon aus, dass dies weiterhin eine Priorität bleiben wird. Die kurzfristige Volatilität hat die langfristigen Anlagechancen in China, die auf technologischen Innovationen und dem Anstieg des Binnenkonsums basieren, nicht grundlegend verändert. Der Schlüssel für Anleger ist die Wahl der richtigen Methode für den Zugang zu den chinesischen Märkten: Über ein diversifiziertes Portfolio aus Onshore- und Offshore-Unternehmen und mit einem aktiven Ansatz, der zwischen den Gewinnern und Verlierern der langfristigen politischen Ziele seitens der Regierung unterscheiden kann.

    Lesen Sie hier den vollständigen Artikel "Die Auswirkungen der jüngsten politischen Interventionen in China auf Wertpapieranlagen".


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