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    Migrationskrise  773  0 Kommentare Was kosten Grenzkontrollen und neue Grenzmauern? 

    Belarus-Migrationskrise entfacht die alte Diskussion nach Grenzsicherungen

    Wegen der Migrantenkrise droht ein gefährlicher Grenzkonflikt zwischen Polen (NATO) und Belarus (Russland-Verbündeter). Wegen dieser Gefahr sichern die Polen und die baltischen Staaten ihre Grenzen durch Mauern, die nur einen Bruchteil der potentiellen Migrationskosten ausmachen. Ob dadurch in der EU eine endlich seriöse Diskussion über Flüchtlingshilfe „vor Ort“ neu begonnen wird, ist fraglich. 

    Mauern „kostengünstiger“ und effektiver als Grenzkontrollen

    Beispiel 1: Die Mauer an der polnisch-weißrussischen Grenze wird wahrscheinlich kommen

    Die mit etwa 450 Mio. € (2 Mrd. Zloty) geschätzten einmaligen Grenzsicherungskosten an der 418 KM langen polnischen Ostgrenze mit Weißrussland sind von Polen auch ohne die aus „humanitären Gründen“ von der EU abgelehnten Hilfe leicht finanzierbar. Die Schätzung orientiert sich an der 5 Meter hohen und 40 Km langen Anlage an der griechisch-türkischen Grenze. Käme zu der Grundversion noch die teure Überwachungselektronik hinzu, die mit 15 Mio. (3 Mio.€) pro laufender Kilometer geschätzt wird würde hiernach die Polen ihre Mauer mindestens eine Milliarde Euro kosten. Abweichende Angaben ohne die Elektronik gehen von „nur“ 300 Km und 353 Mio. € Länge aus. Die Faustregel lautet demnach, eine bis vier Millionen bis für einen KM Grenzanlage https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/polen-bauen-riesig ...
    An der 526 km langen Grenze mit der Ukraine werden dank einem Abkommen Illegale von der Ukraine zurückgenommen.  

    Beispiel 2: Trumps Mauerpläne für die Grenze USA-Mexico vorerst gestoppt

    Trumps Wahlversprechen von 2016, an der Grenze zu Mexiko eine Mauer zu bauen und damit die illegale Einwanderung und den Drogenhandel zu stoppen, sollte teurer als geplant wurde. Laut einem internen Bericht der US-Heimatschutzbehörde würden sich (Stand 2017) nach Reuters die Kosten auf knapp 22 Milliarden Dollar für etwa 3.200 Km Landesgrenze belaufen. https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-02/mexiko-mauer-donald-trump-kosten-gestiegen-grenzausgleichsteuer-usa. Das wäre pro laufenden Kilometer etwa doppelt so viel wie Polen wohl aufbringen werden müssen. Zwar hat Präsident Biden das Projekt gestoppt, der Bundestatt Texas will die Mauer aber weiterbauen. Es ist nicht auszuschließen, dass der nächste Herr im Weißen Haus das Projekt für die gesamte USA wiederaufnimmt.

    Kosten von Grenzkontrollen 

    Beispiel: Studie von Prognos/Bertelsmann (2016) zu „untragbaren“ Grenzkontrollkosten

    Die Legende von „wirtschaftlich untragbaren“ Grenzkosten ist alt, sie wird situationsbedingt dennoch immer wieder erzählt. Vor gut fünf Jahren erschien als Entlastungsnachweis für die damalige „jungen Migrationspolitik“ dazu eine Schengen-Studie von Bertelsmann (unten). 

    Eine Studie der Prognos/Bertelsmann vom 22.02.2016 beziffert die Verluste bei Schließung der Schengen-Grenzen allein für Deutschland für den Betrachtungszeitraum 2016-2025 auf bis 235 Mrd. €, für die EU sogar auf 470 Mrd. €. www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2016/februar/ende-von-schengen-koennte-europa-erhebliche-wachstumsverluste-bescheren/ Auch viele DIHK-Expertisen und von einigen EU-Denkfabriken (Österreichische Gesellschaft für Europapolitik, France Strategie, EU-Kommission, das dänische Institut Cepos, Think Tank Bruegel) gehen von ähnlich Belastungen aus. 

    Die unredliche Methodik bleibt immer die gleiche. Das Ergebnis war zu erwarten: Ein Euro Grenzkosten führt zum Wachstumsrückgang von mehreren Euros. So einfach ist das 1 x 1 der Volkswirtschaft nach Prognos! Trotz der großen Vorsicht sind die „Experten“ in ihrem Andienungseifer kräftig über das Ziel hinausgeschossen. Nach anfänglichen medialen Horrormeldungen ist es dann schnell still um die Analyse und das Thema geworden. Die Intransparenz der Zahlen ist Fachleuten aufgefallen. Selbst Gabriels Wirtschaftsministerium meldete, Grenzschließungskosten seien “durchaus überschaubar”. Das IfO-Institut München folgte mit einer beruhigender Gegenexpertise.

    Hier die wichtigsten Schwächen der Researches: 

    1.    Die Folgekosten der Grenzkontrollen induzieren laut Prognos in einem optimistischen Szenario einen jährlichen Wachstumsrückgang von 0,03%, also von 0,3% für die Periode 2016 – 2025. Auf der Basis des deutschen BIP in Höhe von 3.025 Mrd. € von 2015 errechnete sich eine BIP-Reduzierung von etwa 9 Mrd. € (Ausgangsszenario). Das sind in Makrodimensionen Peanuts. Warum also diese Aufregung? 
    2.    Spannend wurde es wie aus den nachvollziehbaren 9 Mrd. € plötzlich gigantische 77 Mrd. Euro (optimistisches Szenario) oder letztlich 235 Mrd. € (pessimistisches Szenario) erwuchsen. Prognos erklärt diesen Quantensprung mit komplizierten “ökonomischen Wirkungsketten” und versteckt sich argumentatis hinter seinem volkswirtschaftlichen Modell VIEW. Nichts darf isoliert gesehen werden. Schließlich haben die, – wegen der Kontrollen gestiegenen – gestiegenen Kontrollkosten negative Folgewirkungen auf das allgemeine Preisniveau, die Löhne und Realeinkommen, den privaten Konsum, die Lohnstückkosten und letztendlich auf den Außenhandel. Zu guter Letzt sollen selbst das ferne China und die USA von den Grenzturbulenzen im fernen Europa betroffen werden. Alles in allem ein ganz großer Wurf, in so wenigen Sätzen dargestellt, sozusagen das 1 x 1 der Volkswirtschaft für Dummies.
    3.    Mit dieser Methodik schien Prognos auf breiter Flur allein zu stehen. Auf Anfrage des Autors konnte das Institut keinen deutschen Mitbewerber nennen, der einen ähnlichen “Research – Ansatz” verwendete. Auch verstand niemand so richtig, warum von den Grenzkontrollen alle Länder betroffen wären, wo es bei Schengen nur um die EU-Außengrenzen auf dem Balkan ging. Auch der Brenner könnte in Frage kommen.
    4.    Auffallend waren in dem 20seitigen Papier, das er zur Hälfte aus “Füllseiten” besteht, mit zum Teil aus den 90er Jahren stammenden Literaturhinweisen. 
    5.    Auch eine Gegenrechnung, dass die Migrationskosten immer höher sind als das “Nicht- Schengen” war bei Prognos nicht zu finden. Denn selbst wenn die Zahlen stimmen sollten, wäre eine komplette Grenzschließung für Deutschland immer noch “billiger” als die horrenden Asylkosten. Diese liegen, je nach Institut und Szenario in den meisten Schätzungen zwischen 30 Mrd. € und 50 Mrd. € jährlich. 
    6.    Auch wenn 2016 die Migration schon voll im Gange war, hätten im Umkehrschluss in den Folgejahren die Grenzkontrollen Deutschland je nach Prognos-Szenario und den geschätzten Migrationskosten folgende „Kostenersparnis“ gebracht.
    a)    Bei 30 Mrd. € Migrationskosten im optimistischen (pessimistischen) Szenario von 223 Mrd. € (65 Mrd. €). Hier belaufen sich die Grenzkontrollkosten auf 7,7 Mrd. € jährlich.  
    b)    Bei 50 Mrd. € Migrationskosten im optimistischen (pessimistischen) Szenario von 423 Mrd. € (265 Mrd. €). Hier belaufen sich die Grenzkontrollkosten auf 23,5 Mrd. € p.a.  

    Im Kontext vorgenannter Rechenkünste ist es legitim, nach der Seriosität der Bertelsmann-Analysemethodik zu fragen. Schließlich überraschten die „linientreuen“ Stiftungen nicht zum ersten Mal mit auffallend regierungsnahen Aussagen ihrer Forschungsergebnisse. Wohl gerade deswegen werden ihre Autoren häufig als zuverlässiger Argumentationslieferant bei allen Talkshows zitiert.

    Selbst der halbamtlichen Deutschen Welle (DW) https://www.dw.com/en/how-costly-would-inner-european-border-controls-be/a-44647255 war seinerzeit das realitätsfremde Zahlenspiel zu „bunt“, weil sie auch abweichende Meinungen zitierte: A different perspective has been offered by Viktor Heese, …Heese has said that a reintroduction of systematic border checks would be expensive, at perhaps €8 billion per annum in direct costs, but would nevertheless be cheaper than the annual costs of paying for large numbers of refugee claimants, which Heese put between €30 billion to €50 billion per year.

    EU verzankt in der Mauerfrage: Wasche mir den Pelz aber mach mich nicht nass! 

    In der aktuellen Frage der polnischen Grenzmauern, trickst die deutsche Politik und die EU wie gewohnt. Während sich Seehofer (Innenminister), Kretschmer (Ministerpräsident von Sachsen) Weber (EVP-Präsident im EU-Parlament) „generell“ dafür aussprechen, ist von der Leyen (EVP-Präsidentin im Europäischen Kommission) dagegen. 

    Seit mindestens sieben Jahren wird in Brüssel bei der Frage der Migrationskosten geheuchelt, übertreiben und getäuscht, wie folgendes Beispiel belegt.

    Beispiel:

    250.000€ „Strafe“ für einen abgelehnten und 6.000 Belohnung für aufgenommenen Flüchtling.

    Während 2014 am Vorabend der Großen Flüchtlingswelle die EU-Innenkomissarin Malström gerade eine einmalige Zahlung von 6.ooo € https://taz.de/EU-Kommisarin-ueber-Fluechtlinge/!5040700/ für jeden Neuankömmling anbot und das „linientreue“ DIW diesen Betrag für fair hielt, drohte die Kommission zwei Jahre später mit einer „Ausgleichszahlung“ von 250.000 für jeden Abgelehnten. https://www.tagesschau.de/ausland/eu-verweigerung-strafe-grenzkontroll .... Von dieser Summe könnte 2015 ein Bulgare 25, ein Pole 16 und ein Ungare 13 Jahre leben.

    Der Vergleich Grenzmauern versus Migrationskosten ist weder inhuman noch zynisch

    Die Frage nach den beiden „physischen“ Grenzsicherungsvarianten ist die wichtigste im Bereich des „Flüchtlingskostenmanagements“. Dieses gibt es (noch?) nicht,– obwohl in allen Wirtschaftsbereichen die Kostenfrage eine zentrale ist – weil ein solches Vorhaben politisch nicht durchsetzbar ist. 

    Auch weiter bleiben unbeantwortete: 1. Wäre es nicht sinnvoll statt Migrationskosten einen Teil der dadurch „eingesparten“ Flüchtlingskosten für die Hilfe vor Ort einzusetzen. Würden von den 30 (50) Mrd. Migrationskosten) nur 10 Mrd. € für zwei Millionen Rückkehrwillige ausgegeben, stünden diesen in ihrem Herkunftsland über 400 € monatlich zur Verfügung. Damit kann in einem afrikanischen Land – bedingt durch die niedrigen Lebenshaltungskosten - eine Familie ernährt werden; 2. Wie steht es mit der Transparenz (Ausweis Bundeshaushalt) und Einsparungsprüfung der Migrationskosten im Inland (Stichwort: Leistungskatalog an Unbegleitete Minderjährige)? 3. Warum werden vermögende „Kostenverursacher“, wie die Seenotrettung der Evangelischen Kirche im Mittelmer an den Folgekosten nicht beteiligt? 

    Fazit:

    Der alte Ruf nach Grenzkontrollen und der neue nach Grenzmauern erhalt, wenn sich die Migrationskrise, verschärft. Die Kosten dieser Grenzsicherungen betragen nur einen Bruchteil der exorbitanten hohen Migrationskosten. Die Diskussion über echte Hilfen in den Migrationsregionen ist überfällig.

    Autor: Dr. Viktor Heese – Finanzanalyst und Fachbuchautor www.prawda24.com, www.finanzer.eu

     




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    Dr. Viktor Heese
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    Dr. Viktor Heese ist promovierter Volkswirt und war bis 2010 dreißig Jahre bei verschiedenen Großbanken im Wertpapierresearch tätig. Heese spezialisierte sich auf Versicherungs- und Bankaktien sowie Kapitalmarktanalyse. 2010-2013 leitete er das Deutsch-Russische-Zentrum- für Wirtschaftsforschung und deutsches MBA in Moskau. Seit 2014 ist er als Fachbuchautor und Publizist freiberuflich tätig und bietet Fachseminare zu Börsen- und Bankthemen an. Er ist Herausgeber des Anleihen-Börsenbriefes „Der Zinsdetektiv“
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    Verfasst von Dr. Viktor Heese
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