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    Vorstände im Interview  1997
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    MS Industrie: Mit Wasserstoff und E-Fuels zur Klimaneutralität

    MS Industrie ist u.a. ein Zulieferer im Bereich der nachhaltigen Antriebe. Wasserstoff und E-Fuels sind dabei auf der Agenda. Im Interview verraten die Vorstände Distel und Aufschnaiter mehr über die kommenden Pläne.

    Knapp 20 Millionen Euro will MS Industrie, das nicht nur Porsche und Tesla zu seinen Kunden zählt, 2023 investieren. Das weitere organische Wachstum soll zudem mit hohen F&E-Ausgaben abgesichert werden. Das machen Andreas Aufschnaiter und Armin Distel, Vorstände von MS Industrie, im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich. Letztlich soll sich all dies in einer steigenden Profitabilität niederschlagen. Antworten gibt es im Interview mit Distel und Aufschnaiter auch zu den Themen Börsengang und Emission einer Anleihe. Die Frage nach der Prognose 2023 wird ebenfalls ausführlich beantwortet.

    MS Industrie ist ein Small Cap, den nur wenige Investoren auf der Beobachtungsliste haben. Was machen Sie?

    Distel: MS Industrie besteht aus zwei Geschäftsbereichen: Powertrain und Ultrasonic. Im Geschäftsfeld Powertrain produzieren wir schon seit Jahrzehnten präzise Teile für Hochleistungsantriebe im Schwerlastbereich, also für LKW bis hin zu Schiffsmotoren. Mit Hilfe von E-Fuels oder Wasserstoff-Warmverbrennung, die im Schwerlastbereich unseres Erachtens alternativlos sind, werden Hochleistungsantriebe zukünftig klimaneutral. Das Geschäftsfeld Ultrasonic hat drei Schwerpunkte. Einerseits produziert MS Industrie hier Sondermaschinen für die Automobilindustrie, z.B. für Stoßfänger oder Türverkleidungen und das für Porsche bis Tesla. Dann bauen wir in diesem Bereich auch Serienmaschinen, die Kleinteile aus voll recyclefähigen Kunststoffen mithilfe von Ultraschall verschweißen. Die Produktpalette, die mit unseren Maschinen produziert wird, reicht von Spritzen, Kanülen, Dialysefiltern über Babyschnuller, Wassertanks, Windeln bis hin zu elektrischen Komponenten wie Batterie Packs. Hervorzuheben ist, wir bieten die effizientesten Maschinen mit dem geringsten Energieverbrauch. Auch in der Verpackungsindustrie sind unsere Maschinen zu finden. Wir schweißen thermoplastische recyclebare Folien. Die findet man u.a. bei Zahnbürstenblister oder Folien für Lebensmittel. Zusammenfassend: Ohne die Maschinen von MS Industrie wäre das Leben deutlich komplizierter.

    Bei Powertrain sind Sie sowohl bei schweren Verbrennungsmotoren als auch bei neuen Antriebsformen aktiv. Werden die neuen Varianten künftig den Schwerpunkt der Arbeit bilden?

    Distel: Bereits heute sind wir mit mehr als 85 Prozent unseres Lieferspektrums „H2-/E-Fuel-ready“ und damit nicht von der klassischen Diesel-Verbrennung abhängig - Tendenz steigend. Darüber hinaus beliefern wir auch den Markt für neue Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge, sowie in kleinem Umfang noch Getriebegehäuse für klassische Verbrenner. MS Industrie ist auf nachhaltige Antriebe ausgerichtet.

    Wie sehen hier die nächsten Entwicklungsschritte aus? Und gibt es aus ihrer Sicht ein Motorensystem der Zukunft, das für Sie von besonderer Bedeutung sein wird?

    Distel: Nach unserer Beobachtung geht aktuell die Entwicklung der Original Equipment Manufacturer (OEM) bei den Antrieben für den Schwerlastverkehr in Richtung Wasserstoffwarmverbrennung. Hierbei ist die Handhabung von Wasserstoff, dem kleinsten Molekül überhaupt, die technische Herausforderung. Darüber hinaus sind regenerativ hergestellte E-Fuels ebenso geeignet. Unsere Ventiltriebsysteme sind für diese Technologien bereits vorbereitet.

    Sie haben jüngst einen Vertrag über Ventile für Nutzfahrzeuge verlängert. Kann dies eine Blaupause für Vereinbarungen mit anderen Produzenten sein?

    Aufschnaiter: In der Tat ist es uns gelungen, mit unserem langjährigen und größten Kunden einen Vertrag bis 2032 partnerschaftlich zu vereinbaren. Derartige Vertragsverlängerungen erwarten wir erfahrungsgemäß auch bei unseren anderen Kunden, zumal wir stets ein Single-Source-Lieferant sind. Aktuell können wir auf ein Auftragsvolumen im Geschäftsfeld Powertrain von insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro blicken.

    Im Bereich Ultrasonic gab es zuletzt Probleme mit der Beschaffung von Bauteilen. Hat sich die Lage dort normalisiert?

    Distel: Von einer Normalisierung der Lage kann noch nicht gesprochen werden. Allerdings haben wir interne Lösungen geschaffen, um uns auf die teilweise extrem langen Lieferzeiten einzustellen. Dadurch sind die immer noch vorhandenen Lieferengpässe für uns beherrschbarer geworden.

    Ihre Tochter MS Ultraschall Technologie ist für das gesamte Jahr 2023 bereits ausgelastet. Sind Kapazitätserweiterungen ein Thema bei MS Industrie?

    Distel: Wir haben bereits auf die extrem hohen Auftragsbestände reagiert und den Personalbestand in den produktiven Bereichen entsprechend aufgestockt. Das Hauptwachstum in den nächsten Jahren wollen wir jedoch in den Technologiebereichen Serienmaschinen sowie Systeme und Komponenten erzielen. Im Bereich Sondermaschinen ist durch die Rückkehr der Modellvielfalt nach der Verbrenner-/Elektroumstellung der Markt wieder auf Vorkrisenniveau gewachsen. Weiterhin sind zwei Mitbewerber aus dem Markt ausgeschieden. Dadurch ist die Lieferzeit unserer Sondermaschinen auf fast ein Jahr angewachsen. Bei den Serienmaschinen setzt sich der technologische Fortschritt unserer Maschinen zunehmend durch, was bereits im letzten Jahr zu einer Verdoppelung der Absatzzahlen führte. Im Bereich Systeme und Komponenten erwarten wir in den nächsten Jahren durch die Umsetzung der neuen Verpackungsverordnung hinsichtlich recyclebarer Materialien stetig steigende Absatzchancen. Darüber hinaus haben wir für das kontinuierliche Schweißen von Vliesstoffen (Nonwovens) erste vielversprechende Aufträge erhalten.

    Wie hoch werden ihre Investitionen in 2023 und 2024 sein?

    Aufschnaiter: Für das Jahr 2023 planen wir mit einem Investitionsvolumen von knapp 20 Millionen Euro. Darin ist im Wesentlichen der letzte Schritt der Automatisierung der Fertigung im Geschäftsfeld Powertrain abgebildet. Die Hallenerweiterung über zusätzliche 3.500 qm Produktionsfläche am Standort Trossingen wird im April dieses Jahres abgeschlossen sein. Somit steht die entsprechende Flächenkapazität für die nächsten Jahre zur Verfügung. Ab dem Jahr 2024 rechnen wir für die gesamte Gruppe zunächst mit reinen Ersatzinvestitionen in Höhe von rund 6-7 Millionen Euro pro Jahr - dies entspricht dann ca. 50 Prozent der aktuellen Abschreibungen.

    Und wie hoch sind ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den kommenden Jahren?

    Aufschnaiter: Die Ausgaben für F&E, insbesondere im Geschäftsfeld Ultraschall, spielten aufgrund einer Reihe von Neuproduktentwicklungen in den letzten Jahren eine große Rolle. Im Schnitt betrug das Volumen zwischen 4 und 5 Millionen Euro pro Jahr. Vor dem Hintergrund des weiteren organischen Wachstums in unserer Gruppe gehen wir für die kommenden Jahre von einem zumindest gleichbleibenden Niveau aus.

    2022 haben Sie den Umsatz um rund 25 Prozent gesteigert. Wird sich dieser Trend fortsetzen?

    Aufschnaiter: Auf Basis der vorläufigen konsolidierten Eckdaten für das Geschäftsjahr 2022 erreichte der MS Industrie Konzern eine Betriebsleistung nach HGB von rund 206 Millionen Euro – dies entspricht einer Steigerung von über 25 Prozent im Vergleich zum Geschäftsjahr 2021. Der absolute effektive Trend wird sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen, prozentual folglich mit einer entsprechenden Abflachung. Aktuell erwarten wir für 2023 ein Umsatzvolumen von über 230 Millionen Euro. Das Wachstum wird sich in den darauffolgenden Jahren fortsetzen, auch wenn etwas gedämpfter.

    Sind Sie mit den jüngst vorgestellten Zahlen unterm Strich zufrieden?

    Aufschnaiter: Auftragseingänge und Umsätze haben sich sehr erfreulich entwickelt; diesbezüglich sind wir also sehr zufrieden. Die Ergebniszahlen hinken noch hinterher. Hier sind die Stichworte: Zeitversatz der Inflationseffekte und die Verbesserung der Preisqualität im Bereich Ultraschall erst ab Mitte 2022. Wir erwarten deutlich positive Ergebniseffekte in den Jahren 2023 und 2024.

    Gibt es Gedankenspiele, eine der Tochtergesellschaften an die Börse zu bringen?

    Aufschnaiter: Grundsätzlich bzw. auch technisch sind bei unserer Holdingsstruktur verschiedene Szenarien möglich und denkbar. In Anbetracht der zu bewältigenden operativen Herausforderungen der letzten drei Jahre stellt sich eine derartige Strategieentscheidung momentan nicht. Beide Geschäftsfelder, Powertrain und Ultraschall, sind im Prinzip eigenständige Geschäftsmodelle und werden perspektivisch weiter wachsen, was aber wiederum individuell unterschiedliche Finanzierungserfordernisse mit sich bringen könnte.

    Sie platzieren derzeit eine Anleihe. Ist der Zinssatz von 6,25 Prozent dabei im aktuellen Marktumfeld attraktiv genug?

    Aufschnaiter: Anleihen werden bekanntlich auf Basis der Rendite über die Restlaufzeit gehandelt. Aufgrund der Zinsentwicklungen der letzten Monate ergab sich im Herbst 2022 ein Nachteil unserer Anleihe gegenüber der ein oder anderen größeren, liquideren Anleihe mit kürzerer Restlaufzeit. Wir meinen, dass unsere Anleihe hinsichtlich der Absicherungsmechanismen für Investoren mit 6,25 Prozent ein sehr attraktives Chancen-/Risikoprofil aufweist und durch die langfristige Auftragslage unserer Gruppe fundamental weit über die Endfälligkeit hinaus unterlegt ist. Mittelstandsanleihen mit höheren inhärenten Risiken bieten aktuell auch höhere Verzinsungen an. Die Anleger werden entscheiden, in welche Risiken sie mit welchen Quoten investieren wollen. Nachdem die langfristigen Zinsen am Kapitalmarkt tendenziell wieder sinken, fühlen wir uns mit unserer Anleihe gut positioniert.

    Welches Emissionsvolumen steht bei der Anleihe noch zur Verfügung und wie soll das frische Geld eingesetzt werden?

    Aufschnaiter: Die MS Industrie Anleihe 22/27 ist flexibel ausgestattet und kann auf ein Volumen von bis zu 20 Millionen Euro im Rahmen von Privatplatzierungen jederzeit aufgestockt werden. Aktuell sind noch mehr als 10 Millionen Euro zuteilbar. Die Mittelverwendung dient primär der Reduktion kurzfristiger Finanzverbindlichkeiten, also der Umschichtung von einer kurzfristigen auf eine deutlich langfristigere Finanzierung, mit einem kleinen Puffer für unser weiteres Working Capital Wachstum und Innovationen.

    Analysten sehen das Kursziel der MS-Aktie bei bis zu 3,00 Euro. Können Sie dem zustimmen?

    Aufschnaiter: Als Vorstände halten wir uns bei der Kommentierung von Analystenmeinungen traditionell sehr zurück. Jedenfalls sehen wir, dass wir bei dem aktuellen Kursniveau noch deutlich unter unserem Buchwert pro Aktie, der bei ca. 2,35 Euro pro Aktie liegt, gehandelt werden und sich alleine aus diesem Faktum heraus ein klares Potenzial ergeben müsste. Zusätzlich bietet MS Industrie gute Wachstumsperspektiven und eine starke Marktposition in beiden Geschäftsfeldern.

    Dieses Interview ist eine Kooperation von wallstreet-online mit der Redaktion von www.4investors.de.


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