Der Indikator, der aus der Reihe tanzt
Wer Charts analysiert, weiß: Mit den Indikatoren ist es so eine Sache. Allein ihre Existenz beweist, dass sie ihre Berechtigung haben – ein Indikator, der gar nichts taugt, wäre längst vergessen.
- LEI des Conference Board zeigt weiterhin eine Rezession in den USA an
- LEI verzeichnete im Dezember den 22. Rückgang in Folge
- Schwäche des LEI hat klare Gründe in seiner Konstruktion
Der Indikator, der aus der Reihe tanzt
von Torsten Ewert
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
wer Charts analysiert, weiß: Mit den Indikatoren ist es so eine Sache. Allein ihre Existenz beweist, dass sie ihre Berechtigung haben – ein Indikator, der gar nichts taugt, wäre längst vergessen. Aber kein Indikator ist perfekt; jeder versagt hin und wieder. Das gilt auch für Konjunkturindikatoren. Aber das Versagen dieses Indikators ist schon sehr bemerkenswert.
Der übertrifft sie alle!
Wenn Sie regelmäßig die Börse-Intern lesen, dann wissen Sie längst, dass auch Konjunkturindikatoren hin und wieder widersprüchliche Signal geben (siehe „Massiv widersprüchliche Konjunkturdaten“), dass sie nicht das anzeigen, was man erwartet (siehe „Was zeigt der ISM-Index eigentlich an?“) oder dass sie die Lage über längere Phasen sogar falsch darstellen (siehe „Was die stark verbesserte Verbraucherstimmung bedeutet“).
Aber ein Indikator übertrifft sie derzeit alle – in negativer Hinsicht. Die Rede ist von einem der renommiertesten Konjunkturindikatoren – dem Leading Economic Indicator (LEI) des Conference Board (CB). Dieser tanzt aus der Reihe und zeigt weiterhin unbeirrt eine Rezession in den USA an:
Quellen: MarketMaker mit Daten von BEA, Conference Board, NBER
Und was für eine! Im Dezember verzeichnete der Indikator zum 22. Mal in Folge einen Rückgang. Gleich lange bzw. längere Rückgänge gab es bisher nur zwei Mal: während der Rezession infolge des OPEC-Ölembargos 1973-75 und in der Finanzkrise 2007-09.
Im Rezessionsmodus
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Diesmal kam es nur im 1. Halbjahr 2022 zu zwei kleinen Rückgängen des Bruttoinlandsprodukts (BIP), als auch der LEI begann zu fallen (siehe Pfeil). Seitdem steigt das BIP wieder, und eine Schwäche ist derzeit weder beim BIP noch bei anderen Frühindikatoren in Sicht (siehe „Die US-Wirtschaft befindet sich in der besten aller Welten“):
Quellen: MarketMaker mit Daten von ISM, S&P Global, Conference Board, eigene Berechnungen
Während der LEI im ersten Chart als Indexvariante dargestellt ist, zeige ich ihn hier in seiner 12-Monats-Veränderungsrate (unterster Chartteil). Im ersten Fall gibt er gut erkennbare Hinweise auf den generellen Wirtschaftsverlauf, wobei die Rückgänge „überzogen“ erscheinen. Das ist aber durchaus erwünscht, um eine konjunkturelle Abkühlung möglichst klar zu erkennen. Im zweiten Fall ist er besser mit den üblichen Frühindikatoren vergleichbar, den Einkaufsmanagerindizes (PMIs) vom ISM und von S&P Global. Dabei ist sein Verlauf glatter als bei den anderen beiden Indikatoren, was eine größere „Klarheit“ suggeriert, die aber trügerisch sein kann, wie man sieht.