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     2686  0 Kommentare Alles, was Mädchen gefällt

    Manchmal bekommt man eine historische Chance. Dann muss man sie nutzen. Neulich auf einem Symposium ein kurzes Interview mit einem der hervorragendsten Unternehmens-Lobbyisten in unserem Land.

    Frage: „Sie sind der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der deutschen Hauptindustrie. Was wünschen Sie sich von der neuen Regierung?“

    „Alles, was Mädchen gefällt.“

    „Verstehe ich das recht?“

    „Ja, das verstehen Sie recht. Wir müssen doch langsam alle eine neue Ehrlichkeit pflegen.“

    „Unternehmer verhalten sich also wie Mädchen. Und was heißt das konkret.“

    „Wir wünschen uns von der neuen Regierung daher alles, was Mädchen gefällt.“

    „Und das wäre?“

    „Prinzessinnen, Einhörner und Flatterponys mit Flügeln.“

    „Hm, und wie beurteilen Sie die bisherigen Beschlüsse der großen Koalition?“

    „Popoarsch und Toilettenwurst.“

    „Das sind klare Worte.“

    „Ich sage doch: die neue Ehrlichkeit.“

    „Und was ist mit den Steuern und dem Arbeitsmarkt?“

    „Wir wünschen uns, nein wir fordern: ein Winterwunderland. Die Sofortmaßnahme eines Winterwunderlandes. Ansonsten werden wir in den Norden abwandern. Dort, wo noch richtiger Winter herrscht.“

    „Das ist ja jetzt sehr kurzfristig gedacht, denn bald ist wieder Sommer. Was erwarten Sie langfristig von der Politik?“

    „Drei Dinge sind unser langfristiges Hauptanliegen: Steuersätze für Unternehmen von null und Löhne auf dem Niveau der Reproduktionskosten der Arbeit. Ansonsten werden wir ...“

    „... und drittens?“

    „Drittens: Noch mehr Prinzessinnen, Einhörner und Flatterponys.“

    „Herr Hauptgeschäftsführer, ich danke für das aufschlussreiche Gespräch.“


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Alles, was Mädchen gefällt Manchmal bekommt man eine historische Chance. Dann muss man sie nutzen. Neulich auf einem Symposium ein kurzes Interview mit einem der hervorragendsten Unternehmens-Lobbyisten in unserem Land. Frage: „Sie sind der Hauptgeschäftsführer des …

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