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     2157  0 Kommentare Gibt es überhaupt Geld?



    Über das Geld an und für sich

    Es ist ein schweres Leben an den Finanzmärkten. Einerseits haben wir jeder für sich zu wenig Geld, doch andererseits sollen wir momentan gerade alle im Geld ertrinken. Wer mag stark genug sein, diesen Widerspruch auszuhalten? Man hat fast den Eindruck, die Finanzmärkte steigen zu den philosophischen Höhen eines Martin Heideggers auf und ahmen dessen Unterscheidung in ein An-sich-Sein und ein Für-sich-Sein nach. An sich ist viel zu viel Geld da, doch für sich hat niemand genug.

    Doch gibt es eigentlich überhaupt Geld für uns Normalsterbliche? Ist das Geld – sowohl an als auch für sich – nicht einer kleinen Kaste von Mächtigen und Herrschenden vorbehalten? Mittlerweile bin ich sicher, dass dem so ist.

    Im Grunde genommen ist es ganz einfach: Geld ist nur das, was eine Forderung gegen die Zentralbank darstellt. Also Banknoten und Guthaben auf Konten bei der Zentralbank. Doch Konten bei der Zentralbank darf der normale Bürger nicht führen. Das können nur Banken und Finanzinstitute.

    Das wiederum heißt: Jeder Private, der sein Vermögen in Geld halten will, muss das in Form von Banknoten tun. Das ist allerdings risikoreich (Diebstahl) oder teuer (Schließfach). Und in jedem Fall umständlich. Jede Nicht-Bank wird also dann, wenn sie eigentlich Geld halten will, auf Geldsurrogate verwiesen sein, also auf Sichtguthaben. Doch Sichtguthaben bei Geschäftsbanken sind Forderungen gegen diese Banken und nicht gegen die Zentralbank – und damit auch dem Konkursrisiko der jeweiligen Bank ausgesetzt.

    Quintessenz: Eigentlich leben wir in einer Geldwirtschaft, doch der vermögende Bürger ist von der Geldhaltung ausgeschlossen. (Hartz-IV-Empfänger können hingegen ihr gesamtes Vermögen in Geld halten.) Irgendwie ist das beinahe ein Schwindel – aber eben, wie der alte Kostolany so schön gesagt ein: ein gut gemachter! Wir alle geben uns mit Einlöseversprechen von Ackermann & Co zufrieden und haben keinen direkten Schutz durch die Notenbank. (Natürlich gibt es eine Einlagenversicherung, doch da diese eine Umlageversicherung darstellt, kann sie gar nicht greifen, sollten einmal mehrere Banken gleichzeitig Schwierigkeiten bekommen.) Ich bin ja nun wirklich der Letzte, der für eine Goldwährung plädiert. Aber damals war das anders.



    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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