checkAd

     3667  0 Kommentare Abschied von Wachstumsillusionen

    Nach einer nicht unerwarteten technischen Reaktion gestern, scheinen die Aktienmärkte heute schon nicht mehr daran anknüpfen zu können. Eine Reihe von Belastungsfaktoren muss eingepreist werden. Da sind die Sorgen hinsichtlich staatlicher Überschuldung, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA. Und da ist die Unsicherheit darüber, wie stark der Tempoverlust der wirtschaftlichen Erholung ausfallen könnte.

    Der Katalysator der gestrigen Kursgewinne bestand darin, dass das US-Handelsbilanzdefizit deutlich geringer ausfiel als erwartet. Die Importe gingen im April zurück, aus Japan sanken bedingt durch Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe um mehr als 25 %. Gleichzeitig stiegen die Exporte im Monatsvergleich an. Das linderte Sorgen hinsichtlich der konjunkturellen Abschwächung.

    Ich habe eine ganze Reihe von seit Mitte Mai veröffentlichten Makro-Indikatoren untersucht. Das Ergebnis: Sie zeigen allesamt das Bild einer zumindest erlahmenden Aufwärtsbewegung. Und das ist auch das Gesamturteil hinsichtlich der laufenden Konjunkturbewegung: Lahm. (Hier der Link zu dieser Untersuchung mit dem Titel „US-Makrodaten mit deutlichem Tempoverlust“ im Blog der TimePatternAnalysis: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/2011/06/07/699/).

    “Lahm” bedeutet noch nicht, dass es nun zwingend abwärts gehen muss, aber die Wahrscheinlichkeit, dass dies geschieht, ist erhöht. Denn der Aufschwung ist alles andere als selbsttragend, vielmehr gestützt durch massive Eingriffe, sei es durch eine keynessche Wirtschaftspolitik massiver Staatsausgaben, sei es durch ultralockere Geldpolitik.

    Da die Verschuldung der Gesamtwirtschaft nach wie vor sehr hoch ist, wird ein kräftiges, nachhaltiges Wachstum benötigt, um den Schuldendienst zu finanzieren. Wachstumsraten unter 2 % p.a. sind in diesem Kontext zu wenig – das US-BIP kam im ersten Quartal 2011 auf ein Wachstum von annualisiert 1,8 % gegenüber noch plus 3,1 % im Vorquartal.

    Wegen der hohen Staatsverschuldung würden weitere auf Pump finanzierte staatliche Subventionsprogramme zur Ankurbelung der Wirtschaft nicht mehr produktiv wirken.

    Das ergibt alles zusammen eine Gemengelage, die rasch zu einer weiteren konjunkturellen Eintrübung führen kann.

    Fed-Chef Bernanke hat in dieser Woche in einer viel beachteten Rede pessimistischere Töne zur wirtschaftlichen Entwicklung angeschlagen. Er gab sich überzeugt, dass der „Durchhänger“ in der zweiten Jahreshälfte in wieder stärkeres Wachstum mündet. Er warnte gleichzeitig vor aggressiven Budget-Kürzungen. Zugleich deutete er keine weiteren geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen an. Mancher „Liquiditäts-Junkie“ hatte Hinweise in dieser Richtung erwartet.
    Seite 1 von 3



    Klaus Singer
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Das Buch von Robert Rethfeld und Klaus Singer: Weltsichten - Weitsichten. Ein Ausblick in die Zukunft der Weltwirtschaft.
    Mehr anzeigen
    Verfasst von Klaus Singer
    Abschied von Wachstumsillusionen Nach einer nicht unerwarteten technischen Reaktion gestern, scheinen die Aktienmärkte heute schon nicht mehr daran anknüpfen zu können. Eine Reihe von Belastungsfaktoren muss eingepreist werden. Da sind die Sorgen hinsichtlich staatlicher …

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer