Wöchentlicher Marktkommentar
Wöchentlicher Marktkommentar: Wettlauf der negativen Indikatoren
Mit der am Dienstag gewonnenen Vertrauensfrage im griechischen Parlament sieht es so aus, als könnte Ministerpräsident Giorgos Papandreou seinen Sparkurs fortsetzen. Trotzdem reagierten die Märkte am Mittwoch nur sehr verhalten. Die Rendite für griechische Staatsanleihen mit zweijähriger Laufzeit sank von 28,52 auf 28,24 Prozent. Der Euro hielt sich einigermaßen stabil, notierte gestern bei rund 1,44 US-Dollar, um bis zum heutigen Morgen auf gut 1,43 Dollar abzusinken – und dass trotz der gestrigen Pressekonferenz der US-Zentralbank Federal Reserve (Fed), in der Fed-Chef Ben Bernanke zwar die Konjunkturprognosen für 2011 und 2012 nach unten korrigierte, aber dennoch kein neues Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen (Quantitative Easing/QE) ankündigte.
„Diese Entwicklung zeigt, dass die Märkte die positive Antwort auf die Vertrauensfrage in Griechenland bereits erwartet hatten“, sagt Torsten Gellert, Managing Director bei FXCM Deutschland. „Zumindest kurzfristig kann dieses eigentlich positive Signal nicht den Druck vom Euro nehmen, trotz der ebenfalls nicht gerade positiven Vorgaben aus den USA.“ Dort hatten manche Marktbeobachter sogar nicht ausgeschlossen, dass Bernanke einen Nachfolger für das Ende Juni auslaufende QE-Programm zumindest andeuten könnte, falls die Wirtschaft zu schwach sei. Stattdessen betonte er, dass ein Zahlungsausfall Griechenlands auch die USA schwer treffen könnte – nicht direkt durch das Engagement in griechischen Staatsanleihen sondern indirekt, wenn deutsche und französische Banken zu sehr in Mitleidenschaft gezogen würden.
Trotz der in Griechenland besonders brisanten Situation fangen die Marktteilnehmer wieder an, auch die anderen angeschlagenen Euro-Staaten genauer zu beobachten. So sagte der Investmentchef von Allianz Global Investors, Horacio Valeiras, dass auch auf Irland und Portugal wahrscheinlich eine Umschuldung zukomme. Auch der weltgrößte Staatsanleihenhändler Pimco erwartet nach eigenen Angaben Zahlungsausfälle nicht nur in Griechenland, sondern auch in anderen europäischen Ländern.
„Die unterschiedliche Lage in einzelnen Euro-Ländern kann wegen der gemeinsamen Währung nicht direkt über Devisen gehandelt werden“, kommentiert Finanzexperte Gellert. „Wer einen mittelfristigen Anlagehorizont hat und auf die Entwicklung einzelner Länder setzen möchte, sollte deswegen auch einen Blick auf die großen Aktienindizes werfen.“
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So zeigt zum Beispiel ein Vergleich zwischen deutschem DAX und griechischem ATHEX eine deutlich abweichende Entwicklung seit dem dritten Quartal 2009, also vor dem Beginn der Griechenlandkrise. Während der deutsche Leitindex seitdem rund 30 Prozent gewonnen hat, büßte der griechische mehr als die Hälfte seines Wertes ein. In anderen europäischen Staaten, die auch wegen akuter Finanzprobleme im Gespräch sind, ist das Minus deutlich geringer. Und hier liegt ein mittelfristiger Handelsansatz: „Wer in seiner Analyse zu dem Schluss kommt, dass die Verschuldungskrise andere europäische Länder anstecken wird und auch Spuren an deren Aktienmärkten hinterlässt, kann sich entsprechend positionieren“, so Gellert. Ein entsprechendes Short-Investment, zum Beispiel in den spanischen IBEX oder den italienischen FTSE MIB, könnten vorsichtige Anleger mit einem Long-Investment in den DAX absichern. Gellert erklärt: „So würde das Marktrisiko verkleinert und fokussiert die unterschiedliche Performance von hilfsbedürftigen und helfenden Volkswirtschaften abgebildet.“