Eurokrise
Zitterpartie um Zwangsabgabe in Zypern erschüttert Finanzmärkte
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Schock über die geplante Zwangsabgabe auf zyprische Bankeinlagen hat die Finanzmärkte am Montag erschüttert. Sorgen um eine Staatspleite Zyperns dominieren, denn an diesem Nachmittag soll das Parlament des kleinen Eurolandes über die umstrittene Maßnahme abstimmen und die Mehrheit gilt als ungewiss. Experten warnen vor Ansteckungseffekten und neuer Marktpanik im Euroraum. Einem Bericht des 'Wall Street Journal' zufolge arbeitet Zypern an einem neuen Modell, bei dem Reiche stärker belastet werden sollen. Im Gegenzug sollen geringe Guthaben nicht mehr so stark belastet werden. An den Märkten sorgte der Bericht für etwas Beruhigung. Die Verluste beim Euro und an den Aktienmärkten verringerten sich.
Der Euro brach am Montagmorgen zunächst massiv ein. Der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung sank bis auf 1,2883 Dollar und fiel damit auf den tiefsten Stand seit drei Monaten. Zuletzt konnte sich der Euro wieder etwas erholen und stieg deutlich über die Marke von 1,29 Dollar. An den Anleihemärkten schossen die Renditen für Papiere der Euro-Krisenländer nach oben. Die Risikoaufschläge für Staatspapiere aus den Krisenländern legten um mehr als 20 Basispunkte zu. Die Kosten für Versicherungen gegen Zahlungsausfälle der angeschlagenen Eurostaaten zogen ebenfalls massiv an.
Die Aktienmärkte starteten mit deutlichen Abschlägen, konnten diese aber in den ersten 30 Handelsminuten reduzieren. Der Dax verlor zuletzt 1,32 Prozent auf 7.936,36 Punkte - zur Handelseröffnung war der Index noch um 1,75 Prozent auf 7.901 Zähler abgerutscht. Sichere Häfen wie der amerikanische Dollar, der japanische Yen oder der Schweizer Franken erhielten deutlichen Zulauf.
'Diese Quasi-Enteignung der Anleger würde nicht nur das Bankensystem in Zypern gefährden, sondern wäre eine Bedrohung für das Finanzsystem im gesamten Euro-Raum', sagte der 'Wirtschaftsweise Peter Bofinger der 'Passauer Neuen Presse' (Montag). 'Das muss revidiert werden, sonst hätte es fatale Folgen. Die Euro-Krise würde wieder verschärft werden, und es würde Europa ein Vielfaches von dem kosten, was man jetzt glaubt, durch die Beteiligung der Sparer in Zypern einsparen zu können', so Bofinger weiter.
Ökonomen warnen, dass Anleger und Bankkunden aus Angst vor repressiven Maßnahmen auch in anderen Ländern ihre Ersparnisse in Sicherheit bringen könnten. Nach Einschätzung der Ratingagentur Moody's hat die angepeilte Zwangsabgabe in Zypern nicht nur für heimische Bankkunden schwerwiegende Folgen. Auch für Gläubiger von Banken anderer europäischer Länder ergäben sich negative Implikationen, schreibt die Agentur in einem Bericht vom Montag. Unter anderem erhöhe die Entscheidung der Eurogruppe vom Wochenende das Risiko der Kapitalflucht aus anderen Euro-Krisenländern.
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Die Ansteckungseffekte über die Anleihemärkten schätzt die Agentur indes geringer ein. Die Gefahr einer Umschuldung wie in Griechenland, als Inhaber von Staatsanleihen auf einen Großteil ihres Kapitals verzichten mussten, sei vorerst gebannt. Allerdings weiche der Beschluss, Bankkunden eine Zwangsabgabe auf ihre Einlagen aufzubürden, entscheidend von vorherigen Fällen ab, schränkt Moody's ein. Beispielhaft nennt die Agentur die Unterstützung des spanischen Bankensektors oder des niederländischen Instituts SNS Reaal. Dort wurden Bankkunden nicht zur Kasse gebeten./hbr/zb/stk