AfD
Euro-Rettungspolitik ist Vertragsbruch durch die EZB
Seit Jahren schwelt die Eurokrise in Europa, immer neue Rettungspakete werden geschnürt. Die in diesem Jahr gegründete Alternative für Deutschland (AfD) hat
sich zum Ziel gesetzt, der derzeitigen Euro-Rettungspolitik ein Ende zu setzen und eine alternative europäische Währungspolitik umzusetzen. Norman Mudring vom Internetportal Spar24.de sprach mit
Prof. Bernd Lucke, Gründungsmitglied der AFD und Parteivorstand sowie Professor für Makroökonomie an der Universität Hamburg.
Spar24.de: Welche Fehler wurden Ihrer Meinung nach bei der Einführung des Euro gemacht?
Bernd Lucke:
Der Euro selbst war bereits ein Fehler. Der Währungsraum der gemeinsamen Währung wurde zu breit angelegt, d. h. zu viele und sehr heterogene Länder wurden mit
aufgenommen. Ohne gemeinsame Währung hätte es in den zurückliegenden 14 Jahren Auf- und Abwertungen gegeben. Die sind jetzt unterbunden worden und die entsprechenden Spannungen zeigen sich
stattdessen in den Leistungsbilanzungleichgewichten im Euro-Raum. Der zweite große Fehler war natürlich die zu unpräzise Formulierung der Nicht-Beistandsklausel. Da hätte man ein unter allen
Umständen gültiges, für jeden Bürger einklagbares Verbot des Einstehens für fremde Schulden formulieren müssen. Der dritte große Fehler war die Tatsache, dass Verletzungen des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes nicht automatisch und unwiderruflich sanktionsbewehrt waren.
Lesen Sie auch
Welche Auswirkungen hatte die Euroeinführung bis zum Beginn der Eurokrise für die deutschen Sparer und Verbraucher?
Lucke: Bis zum Beginn der Eurokrise floss viel Kapital aus Deutschland in die peripheren Eurostaaten, weil Anleger glaubten, dort höhere Zinsen erzielen bzw. rentablere
Investitionen tätigen zu können. Wie wir heute wissen, wurden dabei wichtige Risiken falsch eingeschätzt. Dadurch hat mancher deutsche Sparer schwere Verluste erlitten. Außerdem hat der Abfluss von
Kapital zu einer stagnierenden Konjunktur in Deutschland geführt. Bis 2005 stieg die Arbeitslosigkeit stark an. Dann aber wendete sich langsam das Blatt, weil durch den Boom in den peripheren
Staaten die Preise dort stärker stiegen als in Deutschland und Deutschland damit langsam seine Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen konnte.
Was war Ihrer Meinung nach die Auslöser der Eurokrise?
Lucke: Keynesianische Wirtschaftspolitik in der Finanzkrise. Man konnte doch 2008 und 2009 gar nicht schnell genug zu den großen Ausgabenprogrammen der 70er Jahre zurückkehren. Die
Staatsausgaben stiegen stark an, finanziert nach keynesianischem Rezept durch steigende Staatsverschuldung. Dadurch geriet die Verschuldung aber völlig außer Kontrolle. Die Schuldenstände waren in
den meisten Ländern ja zuvor schon sehr hoch gewesen. Man hatte sich keinen Puffer für schlechte Zeiten angespart. Die Rezession und die schlechter werdende Bonität der Staatsanleihen übertrugen sich dann auf den ohnehin angeschlagenen Finanzsektor, sodass zur Staatsschuldenkrise die Bankenkrise kam – bzw. sich noch
dramatisierte. Banken, denen die Luft ausgeht, vergeben aber kaum noch Kredite an Unternehmen, sodass die Investitionsfinanzierung schwieriger wurde und die makroökonomische Krise sich verschärfte.
Welche Meinung vertreten Sie zur aktuellen Politik der EZB, liegt hier Fehlverhalten oder gar Vertragsbruch vor?
Lucke: Eindeutig ja. Monetäre Staatsfinanzierung ist nun mal verboten. Genau das aber betreibt die EZB, wenn sie Staatsanleihen kauft – auf dem Primärmarkt ohnehin, aber auch auf
dem Sekundärmarkt, weil es ja die Möglichkeit von Dreiecksgeschäften gibt, durch die die EZB de facto eben doch unmittelbar vom emittierenden Staat kauft. Da spielt es überhaupt keine Rolle, dass
die EZB sich auf maximal dreijährige Anleihen beschränkt. Dann finanziert sich der Staat eben in drei-Jahres-Abschnitten bei der EZB.
Die großen Parteien bereiten sich auf den Bundestagswahlkampf vor. Werden nach der Wahl die Eurobonds kommen?
Lucke: Der ESM ist bereits de facto ein großer Eurobond. Er ist ein Instrument der Schuldenvergemeinschaftung. Solange
man in der Eurozone keine Staatsinsolvenzen zulässt, werden die nicht tragfähigen Schulden notwendigerweise vergemeinschaftet. Wie man das Kind nennt, ist letztlich sekundär. Eurobonds sind in
Deutschland stigmatisiert. Wenn man nach der Wahl, bei der nächsten großen Krise, ein neues Finanzierungsinstrument braucht, wird man es vermutlich nicht Eurobond nennen. Aber es wird so ähnlich
funktionieren.
Welche Auswirkungen hätten Eurobonds auf die Verbraucher und Sparer in Deutschland?
Lucke: Nun, mit der Vergemeinschaftung der Schulden übernimmt Deutschland erhebliche Risiken. Wir müssen also mit Verschlechterungen im Rating rechnen und mit steigenden
Schuldzinsen. Das ist schlecht für Deutschland als Kreditnehmer und nicht gut für die Sparer, denn dem höheren Zins steht ja das höhere Risiko gegenüber. Außerdem müssen die Verbraucher mit
steigender Steuerbelastung und mit Inflation rechnen, weil man das Problem der Überschuldung anders wohl nicht in den Griff kriegen wird.
Ist es nicht besser für große politische Entscheidungen, die auch Europa betreffen, wieder die Volksabstimmung einzuführen?
Lucke: Ja. Dass parlamentarische Entscheidungen besser sind, weil Parlamentarier einen Kompetenzvorsprung haben, kann man heute nicht mehr glaubhaft machen.
Wie würde ein Europa und das Währungsgefüge in Europa unter der Führung der AFD aussehen?
Lucke: Wir streben ein Europa an, in dem es wieder mehr nationale Währungen oder kleinere Währungsverbünde gibt. Die sollten in einem Wechselkurssystem wie
dem früheren EWS miteinander verbunden sein, um spekulative Kursschwankungen zu verhindern und stabile Wechselkurse zu sichern. Das EWS hat doch insgesamt recht gut funktioniert.
Welche Vorteile würden sich aus Ihrer Politik für die deutschen Sparer und Verbraucher ergeben?
Lucke: Wir hätten wieder eine stabile Währung, bei der die Zentralbank sich allein der Preisstabilität verpflichtet fühlen würde. Heute widmet sie sich überdies der
Finanzmarktstabilisierung, der Staatsfinanzierung, der Bankenrettung und dem Leistungsbilanzausgleich. Eine Institution, die mehrere Ziele gleichzeitig verfolgt, kann sich nur verzetteln. Wenn die
Zentralbank sich nur noch um Inflationsbekämpfung kümmern würde, dann bräuchte sich der Verbraucher nicht mehr um Inflation zu sorgen. Dann wüsste aber auch der Staat, dass er nicht mehr Schulden
aufnehmen kann, als er zurückzahlen kann, weil die Zentralbank ihm nicht helfen würde. Dann verhält sich der Staat fiskalisch disziplinierter. Davon profitiert der Verbraucher, weil er dann keine
Steuererhöhungen befürchten muss.
Welche Grundlegenden Änderungen müssen in den europäischen Verträgen vorgenommen werden?
Lucke: Es müsste jedem Staat ein Austrittsrecht aus der Währungsunion eingeräumt werden und es müsste ein striktes, für jeden Bürger einklagbares Verbot der gegenseitigen
Schuldenübernahme verankert werden.
Das Interview führte Norman Mudring vom Internetportal Spar24.de.