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     2785  0 Kommentare Silber – zum Zweiten

    Eigentlich habe ich ja gedacht, das Thema „Silber“ wäre nur ein Randthema, für das sich außer ein paar Fanatikern niemand so recht interessiert. An der Zahl der Mails, die ich anlässlich meiner letzten Kolumne bekommen habe, merke ich jedoch, dass dem anscheinend nicht so ist. Die Verunsicherung über die Grundlagen unserer Finanzen und unseres Geldes ist enorm groß, und deswegen sind die Edelmetalle ein wichtiges Thema. Ich glaube jedoch, dass man hier einem Trugschluss aufsitzt.

    Zunächst einmal danke ich jedoch sehr herzlich für die vielen Tipps, wie man Silber am besten putzt. Ich werde sie sorgsam beachten. Die gängige Meinung über unser Geldsystem ist, dass man es mit einem „Zuviel“ an Geld ruiniert. So wie die USA unter Alan Greenspan es gegenwärtig tun. Aus meiner Sicht ist das sowohl richtig als auch falsch. Richtig ist, dass eine Geldvermehrung gegen Scheinsicherheiten den Glauben in die Sicherheit des Geldes ruiniert und zu einer Hyperinflation führt. Doch hier steht die Frage der Gelddeckung, also die Frage nach der Qualität, vor derjenigen der Quantität.

    Falsch an dem Mengenmythos ist aus meiner Sicht, dass man glaubt, in normalen Zeiten durch Geldemission gegen gute Sicherheiten eine Inflation produzieren zu können. Das kann man nicht! Und das ist ja gerade das Schlimme, weswegen der Kampf gegen die Deflation auch so schwierig wird!

    Hintergrund des allgemeinen Unverständnisses dieser Tatsache ist die Quantitätsgleichung des Geldes, aus der man die unsägliche Quantitätstheorie gemacht hat. Illustriert wird letztere am besten durch Friedmans Hubschrauberbeispiel: Ein Hubschrauber wirft Geld ab – und schwupps steigen die Preise. In der Wirklichkeit fällt Geld jedoch nicht vom Himmel, sondern kommt gegen die Hinterlegung von Sicherheiten bei der Zentralbank in Umlauf. Das heißt: Jede Geldmengenerhöhung ist begleitet von einer parallelen und gleich hohen Reduktion der Verfügbarkeit über Vermögen durch den privaten Sektor einer Volkswirtschaft.

    Noch vereinfachter gesagt: Jede Geldmengenerhöhung ist nur ein Aktivtausch für die Privaten. Und so lange die Besitzer von Vermögen davon ausgehen können, dass nur gegen gute Sicherheiten Geld emittiert wird, so lange wird das Geld auch an Wert nicht verlieren. Soll heißen: Letztlich ist es völlig egal, wie hoch die Geldmenge in einer Volkswirtschaft ist. Seine umlaufende Menge hat nichts mit seiner Qualität und seinem Wert zu tun.

    Und noch etwas: Sollte es tatsächlich irgendwo zu einem Knall kommen, wird der Edelmetallbesitz mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verboten werden. Wer dann trotzdem Edelmetalle weiterhin hält, wird entweder ein Nomadenleben führen müssen oder aber gesellschaftlich stigmatisiert werden. Wenn es also wirklich knallt, ist sowieso Sense. Doch weil alle das wissen, wird es nicht dazu kommen. Und der gesellschaftliche Konsens, oder wie immer man dann die zu treffenden Entscheidungen nennen wird, das ist mein fester Glaube, wird den Metallhortern keine Chance lassen. Denn wir leben in sozialistischen Zeiten, das sollte man niemals vergessen. Die Superschlauen werden daher nicht unbedingt einmal die Ersten sein.

    berndniquet@t-online.de

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Silber – zum Zweiten Eigentlich habe ich ja gedacht, das Thema „Silber“ wäre nur ein Randthema, für das sich außer ein paar Fanatikern niemand so recht interessiert. An der Zahl der Mails, die ich anlässlich meiner letzten Kolumne bekommen habe, merke ich …