Kreditzinsen als Dividenden-Ersatz?
Mutterkonzerne versorgen Lebensversicherer mit frischem Geld - Wahre Mutterliebe? Wohl kaum
Mutti ist eben die Beste. Und weil das so ist, können sich auch die Lebensversicherer in ihrer finanziellen Notlage auf die Hilfe ihrer Mutterkonzerne verlassen. Diese helfen mit hoch verzinsten Kredite aus der Patsche. Doch dahinter steckt nicht nur Mutterliebe.
Die herrschenden Zinsbedingungen seien eine große Herausforderung für Branche und Aufsicht gleichermaßen, konstatierte die Bankenfinanzaufsicht (BaFin) kürzlich (siehe hier). Hintergrund sind niedrigen Zinsen, die den Lebensversicherer zunehmend das Leben schwer machen. So brauchen mehrere deutsche Lebensversicherer dringend mehr Eigenkapital. Doch eine Lösung ist in Sicht. Noch dazu eine, von der nicht nur die Versicherer, sondern auch die Geldgeber profitieren.
Die Lebensversicherer stehen aktuell vor einem doppelten Problem. Entscheiden sie sich aufgrund des aktuellen Zinsumfeldes dazu, ihren Kunden keine Kursgewinne auf Anleihen auszuzahlen, so drehen sie damit implizit auch ihren Mutterkonzernen den Geldhahn zu. In diesem Fall dürfen sie nämlich auch keine Dividenden an das Mutterunternehmen ausschütten.
Denen gefällt das natürlich ebenso wenig wie die klammen Kassen ihrer Tochterunternehmen. Dabei liefern ausgerechnet diese Finanznöte eine elegante Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Die Lösung: hoch verzinste Kredite.
Kreditzinsen als Dividendenersatz?
Wie die „WirschaftsWoche“ berichtet, haben einige Mutterkonzerne den Lebensversicherern mit hoch verzinsten Krediten finanziell unter die Arme gegriffen. Praktischerweise werden diese von der Finanzaufsicht BaFin als Eigenkapital anerkannt. So zahlt etwa die HDI-Leben für ein Nachrangdarlehen ihrer Mutter Talanx sechs Prozent Zinsen. Die deutsche Swiss Life muss für einen solchen Kredit der Holding in Zürich zehn Jahre lang 4,3 Prozent zahlen. Die Lebensversicherung Provinzial Rheinland hat sich 125 Millionen Euro bei der Provinzial Rheinland Versicherung AG geliehen und zahlt dafür zehn Jahre lang je 3,7 Prozent.
Den höchsten Zins zahlt Generali Leben: Sie hat sich 382 Millionen Euro bei einer Tochter der Generali Deutschland Holding geliehen. Das Darlehen wird in den ersten zehn Jahren mit 6,5 Prozent pro Jahr verzinst – somit fließen jährlich knapp 25 Millionen Euro ab. Das seien „nennenswerte Summen, die da abfließen“, sagte Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten der „WiWo“.
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Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, sieht in den Krediten allerdings einen Trick, mit dem die Versicherungskonzerne das Dividendenverbot umgehen. Tatsächlich könnte man angesichts der hohen Zinsen auf die Idee kommen, diese dienten quasi als Ersatz für die Auszahlung der Dividenden. Schick fordert daher: „Notmaßnahmen begrenzen bereits die Ausschüttungen der Versicherer an Kunden, das muss in Zeiten wie diesen auch für Zahlungen an die Eigentümer gelten.“ Weil die Lebensversicherer so hohe Zinsen aktuell nicht erwirtschaften könnten, würden die Kredite die Lebensversicherer destabilisieren anstatt zu stabilisieren.