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    Marktkommentar  1127  0 Kommentare Walser: Brexit oder Nicht-Brexit - das ist hier die Frage

    Am 23. Juni 2016 stimmen die Briten darüber ab, ob Großbritannien in der Europäischen Union (EU) verbleibt oder daraus austritt. Premierminister David Cameron, der eigentliche Initiator des Referendums, will Teil einer reformierten Europäischen Union bleiben. Viele seiner Parteifreunde sind dagegen, auch die britische Bevölkerung ist tief gespalten.

    Auch wenn David Cameron noch viel Überzeugungsarbeit für seine Pro-EU-Kampagne leisten muss, erscheint ein Sieg der EU-Befürworter am 23. Juni wahrscheinlicher. In unserem Basisszenario gehen wir somit von einem Verbleib Großbritanniens in der EU aus. Wir sind zuversichtlich, dass eine erfolgreiche Vermarktung der britischen Verhandlungserfolge in Brüssel, auch mithilfe einer intensiven Aufklärungskampagne über die Vor- und Nachteile einer EU-Mitgliedschaft, vor allem aber die mit einem möglichen Brexit verbundenen Risiken, die Mehrheit der Wähler letztlich doch für einen Verbleib in der EU stimmen lässt.

    Sollten sich die Briten im Juni jedoch für den Ausstieg entscheiden, würde der "Loslösungsprozess" etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen. Ein möglicher Austrittstermin wäre wohl der 1. Januar 2019. Die Folgen des Brexits für die britische Wirtschaft wären gravierend. Bereits in der zweijährigen Übergangszeit dürfte das Wachstum deutlich gedrosselt werden, da ein "Leave"-Ergebnis große Unsicherheit und Belastungen mit sich brächte. Die Briten müssten neue Handelsverträge mit der EU und über 60 Freihandelsabkommen mit NichtEU-Ländern neu aushandeln. Zentral auch die Frage, in welcher Form Großbritannien Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten würde. Immerhin stammen 53 Prozent der britischen Importe aus der EU, umgekehrt gehen knapp 48 Prozent der Exporte in die Länder der EU. Solange die künftigen Handelsbeziehungen zur EU nicht geklärt sind, dürfte die daraus resultierende Unsicherheit britische Unternehmen dazu bewegen, ihre Investitionen aufzuschieben. Mit der Perspektive eines EU-Austritts würden zudem vermutlich viele ausländische Investoren andere Standorte innerhalb der EU suchen. Neuinvestitionen blieben aus, bestehende Standorte könnten verlagert und Kapital aus Großbritannien abgezogen werden.

    Verstärkte Kapitalabflüsse dürften wiederum das Britische Pfund, das seit Ende 2015 gegenüber dem Euro bereits deutlich abgewertet hat, zusätzlich belasten. In der Folge wäre mit einem deutlichen Anstieg der Inflation zu rechnen, dem die Bank of England mit Zinserhöhungen begegnen könnte. Dies wiederum würde die Wachstumsabschwächung weiter forcieren. Damit nicht genug: Der von uns unterstellte Rückgang der britischen Wirtschaftsleistung dürfte sich aufgrund der starken außenwirtschaftlichen Verflechtungen auch auf andere EU-Mitgliedsstaaten auswirken. Am stärksten betroffen wären die Euroland-Staaten Irland, Niederlande und Belgien. Deutschland und Frankreich lägen dabei im Mittelfeld.

    Wie stark die erste Reaktion auf ein "Leave" an den Finanzmärkten ausfällt würde vor allem davon abhängen, wie sich die Umfragen in den Wochen vor dem Referendum entwickeln. Sollte sich schon im Vorfeld herauskristallisieren, dass ein Sieg der EU-Kritiker wahrscheinlich ist, dürfte zumindest ein Teil des "Schocks" an den Märkten bereits absorbiert sein. Im anderen Fall dürften die Marktreaktionen weit drastischer ausfallen, das gilt sowohl für die Devisen- als auch für die Anleihemärkte. Auch die Aktienmärkte dürften unter Abgabedruck geraten, wobei britische Firmen mit einem hohen Exportanteil mittelfristig von einem schwächeren Pfund profitieren würden. Für die Briten hängt also mehr an diesem Referendum als ihre Mitgliedschaft in der EU. Die dargestellten Konsequenzen eines Brexits wären ohne Frage gravierend.




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    Marktkommentar Walser: Brexit oder Nicht-Brexit - das ist hier die Frage Am 23. Juni 2016 stimmen die Briten darüber ab, ob Großbritannien in der Europäischen Union (EU) verbleibt oder daraus austritt. Premierminister David Cameron, der eigentliche Initiator des Referendums, will Teil einer reformierten Europäischen Union bleiben. Viele seiner Parteifreunde sind dagegen, auch die britische Bevölkerung ist tief gespalten.