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    Brent und WTI  22153  0 Kommentare Warum der Ölpreis deutlich fallen könnte

    Die Ölpreise gestern wieder unter Druck. Mit einer langen schwarzen Tageskerze zeigten sich die Bären wieder im Markt. Zuvor konnten die Ankündigungen diverser Öl-Produzenten, dass die vereinbarten Förderkürzungen umgesetzt werden oder schon zum Anfang des Jahres greifen, die Ölpreise stützen. Doch die gestrigen Meldungen aus dem Irak mit einer rekordhohen Liefermenge sowie Zahlen der US-Ausrüsterfirma Baker Hughes zur Anzahl der aktiven US-Bohrlöcher ließen die Ölpreise fallen. So scheint der Weg nach oben gedeckelt – die Förderkürzung wird zudem mit Skepsis von den Ölhändlern betrachtet. Erst Ende des Monats dürften klarere Daten vorliegen. Doch mittel- und langfristig könnten die Ölpreise wieder kräftig fallen.

     

    Ein Blick auf die Fakten:

     

    1. Die Ölpreise sind derzeit stabil. Aufgrund der Erwartung, dass sich die Öl-Förderländer zumindest in den ersten Monaten 2017 an die vereinbarte Produktionskürzung halten werden, war bislang die überwiegende Zahl der Händler nicht bereit, deutlich auf fallende Kurse zu setzen.
    2. Das Gleichgewicht im Ölmarkt könnte sich bei einer Umsetzung der Förderkürzungen recht zügig einstellen, das Angebot wird kurz- bis mittelfristig knapper. Die Börse nahm und nimmt diese Entwicklung vorweg, die Ölpreise daher in den vergangenen Wochen stabil bis bullish.
    3. Angestrebt hat die Opec eine Kürzung um 1,2 Mil. bpd sowie um 600.000 bpd der Nicht-Opec-Länder (vereinbart wurden hier ca. 558.000 bpd.). Im Bereich der Nicht-Opec-Länder übernimmt Russland rund 300.000 bpd, den Rest übernehmen vor allem Mexiko, Oman, Sudan oder auch Aserbaidschan. Ein Teil der Kürzungen ist auch bedingt durch normale Produktionseinbußen aufgrund der Alterung der Förderstätten: Das Signal der Einigung innerhalb und außerhalb der Opec ist bzw. war bullish. Die Ölländer haben gezeigt, dass sie miteinander arbeiten wollen um die Ölpreise nicht nochmals auf existenzbedrohende Niveaus rutschen zu lassen.
    4. Steigende Ölpreise lassen jedoch die US Schieferölindustrie boomen. Die Anzahl der aktiven US-Ölbohrlöcher ist in den vergangenen Wochen kontinuierlich angestiegen. In Verbindung mit einer Öl- und Kohlefreundlichen US-Regierung dürfte somit die US-Ölproduktion eher kräftig ansteigen. Einige Experten erwarten hier einen neuen Ölboom in den USA. Das Ziel der Opec, das Ölangebot zu reduzieren, könnte so verhindert oder gar ins Gegenteil gekehrt werden.
    5. Hinzu kommt, dass die US-Fracking-Unternehmen hoch verschuldet sind und einfach so viel wie möglich produzieren müssen, um Kredite und Anleihen bedienen zu können.
    6. Der Vorstandsvorsitzende einer der  größten US Schieferölproduzenten, Pioneer Natural Resources, Scott Sheffield, betonte Ende 2016, dass noch enormes Potenzial in der US Ölproduktion vorliege. Die US-Schieferöl-Industrie sei bei Preisen von 40, 45 und 50 Dollar rentabel – für Pioneer wäre gar ein Preisniveau von 30 Dollar machbar. Sheffield rechnet mit einer  Produktionssteigerung von 300.000 bpd in 2017. Auch neue Bohr-Technologien (Stichwort horizontale Bohrungen) lassen die US Ölförderung rentabler werden.
    7. Zudem planen einige Ölförderer keine Kürzungen, sondern eine Steigerung. So plant Libyen eine Produktionssteigerung auf ca. 850.000 bis 900.000 bpd bis Ende des ersten Quartals 2017. Da jüngst auch die Verladehäfen in Libyen größtenteils ihrem Betrieb wieder aufgenommen haben, ist dieses Ziel erreichbar.
    8. Auch der Iran und Irak haben im Vorfeld der Einigung auf Produktionskürzungen eher auf Zeit gespielt und schienen nicht begeistert. Der Iran wollte seine Produktion nach Ende der Sanktionen  auf 1.000.000 bpd steigern. Bei neuen Zerwürfnissen innerhalb der Opec und Nicht-Opec-Staaten dürfte der Iran dieses Ziel weiter verfolgen und kurzfristig umsetzen. Der Irak mit einer Rekordliefermenge im Dezember 2016.
    9. Mit Kasachstan kam Ende 2016 ein neuer Spieler ins Feld. So liefert das Ölfeld „Kashagan“ im Kaspischen Meer erstes Öl, die Produktion Kasachstans soll so in den kommenden Jahren mehr als verdoppelt werden. Auch wenn der Start der Produktion auf Grund von diversen Problemen immer wieder verzögert wurde – die Förderung hat 2016 begonnen. Experten sehen in einem der letzten großen neu entdeckten Ölfeldern Potenzial von rund 9 - 16 Milliarden Barrel Erdöl.
    10. China ist eine unbekannte „Variable“ im Ölmarkt. Läuft die Konjunktur, so könnte sich der Ölverbrauch weiterhin auf hohem Niveau bewegen. Immerhin war der hohe Energieverbrauch Chinas in den vergangenen Jahren für rund ein Drittel des globalen Nachfrageanstiegs verantwortlich. Schwächere chinesische Konjunkturdaten könnten daher bearish zu interpretieren sein.
    11. Bullishe und bärishe Aspekte scheinen sich derzeit im Gleichgewicht zu befinden. Die Ölpreise treten auf der Stelle. Die Strategie der Saudis, mittels einem Preiskrieg Konkurrenten aus dem Markt zu drängen, ist in den letzten Jahren nicht aufgegangen. Die US-Ölindustrie konnte sich behaupten und ist auch bei schwächeren Ölpreisen stabil geblieben. Die Kosten wurden gesenkt. Auf der anderen Seite stehen die Ölstaaten mit dem Rücken zur Wand und müssen fördern, um ihre in Not geratenen Staatshaushalte zu finanzieren oder auch, wie im Falle des Iraks, die Kriegskosten zu decken. Die globale Nachfrage stagnierte und der Anteil der regenerativen Energien steigt an. Dieser Trend dürfte anhalten – auch im Zuge einer Klimaveränderung.
    12. Dies könnte jedoch dazu führen, dass die Ölstaaten auf lange Sicht wieder versuchen werden, soviel Öl wie möglich zu verkaufen, um in den kommenden Jahren nicht auf einem „Ladenhüter“ sitzen zu bleiben.
    13. Kurz vor Weihnachten hat sich hierzu Thierry Lepercq, „Innovation chief“  des französischen Energieversorger Engie, geäußert. Laut „Bloomberg“ (Nachricht hier) geht er davon aus, dass der Ölpreis in den kommenden Jahren auf 10 US-Dollar je Barrel sinkt. Denn fallende Kosten für die Solarenergie gekoppelt mit neuen Möglichkeiten der Energiespeicherung, eine Durchdringung des PKW-Marktes mit Elektroautos sowie eine höhere Energieeffizienz bei Gebäuden und letztlich vor allem die Nutzung von billigem Wasserstoff als Energieträger würden Öl an den Rand drängen.

     

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    Stefan Salomon
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    Stefan Salomon ist seit Mitte der 1990er-Jahre Technischer Analyst. Er gilt als der Spezialist in Deutschland für Candlesticks in Verbindung mit der Trend- und Formationsanalyse. Mit rund 20 Jahren Erfahrung ist Stefan Salomon gefragter Medienpartner und Vortragsredner (u.a. auch n-tv, DAF, diverse Zeitungen und Magazine). Sein Motto lautet: "Börse ist einfach"! In Seminaren und Webinaren sowie als Coach vermittelt "Mr. Candlestick" sein Wissen an Börsen-Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis gern weiter. Dazu hat er auch Das Große Lehrbuch der Chartanalyse* geschrieben. *Werbelink
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    Verfasst von Stefan Salomon
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