Notizen zum Aktienmarkt
Buy the rumour, sell the news
Europa hat sich politisch bemerkenswert stabilisiert. Macron als Napoleon-gleicher Präsident der Republic Francais – vor wenigen Monaten wagten viele nicht einmal davon zu träumen. Balkanroute: was war das noch - ein Reisetip der deutschen Kanzlerin?
Kurz gesagt: politisch hat sich Europa als deutlich stabiler erwiesen, als die meisten – insbesondere an der Wall Street - glaubten.
Ob jetzt allerdings der richtige Zeitpunkt ist, aufgrund der politischen Entwicklungen damit anzufangen, das eigene Portfolio stärker auf Europa auszurichten, darf bezweifelt werden. Einen weiteren Macron wird es in Europa nicht geben, auch in Deutschland nicht. Dort gibt es vielleicht einen neuen Außenminister von der FDP und die heutige Verteidigungsministerin würde sicher gerne in das Kanzleramt umziehen. Bahnbrechend für die Börse wäre das alles aber nicht. Eher bereits eingepreist, wie Börsianer gerne sagen.
Hamburg und die nächsten Krisenthemen
Beim G20-Gipfel in Hamburg sprechen jetzt alle noch von den Krawallen und der mangelhaften Polizeireaktion. Die Diskussion hierüber hat schon groteske Züge, wenn man am Tag vorher Deutschlandradio gehört hat und sich daran erinnert, wie der Sprecher der Hamburger Polizei sich für die vermeintlich zu harte Polizeireaktion am Vortag rechtfertigen musste. So schnell ändert sich der Betrachtungswinkel in der Presse.
An der Börse ist das nicht anders. Donald Trump hat sein Angriffsziel bereits mehrfach benannt. Der deutsche Handelsbilanzüberschuss sei ein inakzeptables Problem. Der von mir sehr geschätzte Economist kam argumentativ in der Ausgabe von dem G20-Gipfel Trump zu Hilfe mit dem Aufmacher: „The German Problem“. Diese Analyse fällt allerdings nicht in den Bereich, den ich am englischen Journalismus mag. „German Bashing“ ist – auch nach Ansicht von Engländern – eines der größten Hobbies der englischen Presse. Ein intellektuelles Highlight ist das ganze gleichwohl nicht. Der Brexit – und die Angst davor – lässt grüßen.
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Vor rund 20 Jahren bezeichnete der Economist Deutschland als den lahmen Mann Europas. Die Tatsache, dass die Analyse damals richtig war, bedeutet allerdings nicht, dass dies heute automatisch auch der Fall ist. Aber der gemeinsame Fingerzeig von The Donald und The Economist auf die gleiche Stelle am Rücken des deutschen Siegfrieds macht deutlich, dass bei anderen Nationen der Schuh drückt. Das hat sich bekanntlich ja auch bereits in entsprechenden Regierungswechseln manifestiert, die nicht unwesentlich auf derartigen populistischen Thesen aufgebaut waren.