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    Börsen-Zeitung  419  0 Kommentare Die Geister, die er rief... , Kommentar zur EZB von Stephan Lorz

    Frankfurt (ots) - Ist die pure Geldpolitik tatsächlich noch die
    Richtschnur der EZB beim Ausstieg aus den Anleihekäufen? Zumindest
    sagt das EZB-Präsident Mario Draghi bei jeder Gelegenheit; so auch
    bei der gestrigen Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung. Er
    verwies auf diverse konjunkturelle und monetäre Indikatoren, die in
    der geldpolitischen Entscheidungsmatrix gewichtet und gegeneinander
    abgewogen würden. Aber die Erklärungen des EZB-Chefs haben eines
    gezeigt: Inzwischen diktieren die Märkte die Geldpolitik. Die
    Geister, die Mario Draghi einst rief zur Abwehr einer eingebildeten
    Deflationsgefahr, wird er nun nicht mehr los. Er muss taktieren,
    politische Rücksichten nehmen - alles, was man mit der Verleihung des
    Unabhängigkeitsstatus an die EZB eigentlich vermeiden wollte.

    Angesichts eines festeren Eurokurses, der den Export erschwert,
    und etwas ungünstigerer Finanzierungskonditionen sah sich der EZB-Rat
    nicht einmal imstande, auch nur ansatzweise seinen Ausstiegswillen zu
    bekunden. Dass die Märkte unlängst nach Draghis etwas
    zuversichtlichen konjunkturellen Äußerungen ziemlich überreagierten,
    scheint die EZB regelrecht geschockt zu haben. Sogleich ruderte sie
    zurück. Deshalb die Zurückhaltung auch gestern. Das
    Erpressungspotenzial der Märkte scheint die EZB gefügig zu machen.
    Und je stärker die Notenbank sich in das Marktgeschehen einmischt,
    desto mehr macht sie sich von Interessenlagen dort abhängig - und
    umso schwerer wird der Ausstieg.

    Irgendwann wird sie den Exit aber wagen müssen. Doch wird dieser
    wohl - und das lässt sich ebenfalls aus Draghis Äußerungen
    herauslesen - fast unmerklich daherkommen, so klein dürften die
    Trippelschritte ausfallen. Dass die Ankaufgrenze von 33% der
    Staatsanleihen in einigen Staaten dann schon im Sommer erreicht wird,
    schreckt die EZB offenbar nicht. Draghi sprach in diesem Zusammenhang
    von der "Flexibilität" einer Notenbank. Der EZB-Rat diskutierte das
    Thema wohl nicht einmal.

    Und hier spielt als zweiter Faktor das politische Kalkül eine
    Rolle, dem sich die EZB ausgeliefert hat. Denn die Zinsen für
    Staatsanleihen müssen mit Rücksicht auf besonders hochverschuldete
    Staaten weiter niedrig bleiben. Ein Zinssprung würde vor allem die
    Regierung in Rom in große Nöte bringen, weil die Staatsfinanzierung
    viel teurer würde. Obendrein stehen dort Wahlen an. Die Notenbank
    stünde als Buhmann da. Es ist fraglich, ob die EZB ihre
    Glaubwürdigkeit - immerhin Basis ihres Handelns - bei solchen
    Abhängigkeiten noch lange wahren kann.

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