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     1609  1 Kommentar Italien bleibt eine Herausforderung für die Währungsunion

    Die neue Regierungskoalition, vor der Italien vermutlich steht, wird die EU vor neue Herausforderungen stellen. Ihre finanzpolitischen Vorhaben sind mit den Stabilitätsvereinbarungen in der Währungsunion nicht kompatibel. Ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen werden kaum das schwache Potenzialwachstum fördern.

    Die heutigen Gerüchte, dass die beiden populistischen Parteien die Rückzahlung der von der EZB gekauften Anleihen in Frage stellen, ist vielleicht nur ein Vorgeschmack auf das, was noch alles kommen könnte. Sie beenden die Diskussion über eine realistische Vertiefung der Währungsunion.

    Es ist absehbar, dass die EU und die Währungsunion als Sündenbock für weiter stagnierende Pro-Kopfeinkommen in Italien herhalten müssen. Gerechtfertigt ist das keineswegs. Ohne den Stabilitätsanker der Währungsunion wäre die Finanzierung der italienischen Staatsschuld spätestens in der Finanzkrise unmöglich geworden.

    Mit der Lega Nord und der Fünf-Sternebewegung stehen zwei populistische Parteien vor der Regierungsübernahme in Rom. Die italienischen Wählerinnen und Wähler haben allen Grund mit den Leistungen ihrer bisherigen Regierungen unzufrieden zu sein: Während das Bruttoinlandsprodukt in der gesamten Währungsunion seit ihrem Beginn Anfang 1999 um 26% anstieg, erhöhte es sich in Italien um lediglich 6%. Dieser Wert beinhaltet sogar noch den Effekt einer steigenden Bevölkerung. Betrachtet man stattdessen das Pro-Kopfeinkommen so schmilzt jegliches Wachstum komplett daher. Der Trend seit der Finanzkrise hat sich sogar noch einmal verschlechtert. Aktuell sind die Pro-Kopfeinkommen 14% niedriger als das Niveau, das sich eingestellt hätte, wenn sie mit der durchschnittlichen Rate der 10 Jahre vor der Finanzkrise gewachsen wären.

    Es sieht auch nicht so aus, als wenn sich an der unterdurchschnittlichen Performance der italienischen Wirtschaft schnell etwas ändern würde. Die OECD schätzt das Potenzialwachstum in Italien um ein Prozent niedriger ein als in der gesamten Währungsunion. Die EU-Kommission erwartet für dieses und nächstes Jahr in Italien mit 1,5% bzw. 1,2% ein schwächeres Wachstum als in allen anderen Ländern der Währungsunion. Zentral und symptomatisch für die italienische Wachstumsschwäche scheint die extrem schwache Investitionstätigkeit zu sein, die mit einer seit Jahren nicht mehr steigenden Stundenproduktivität einhergeht.


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    Dr. Karsten Junius
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    Dr. Karsten Junius ist seit dem 1. April 2014 Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin AG und hat die Leitung des Economic Research inne. Bevor er zur Bank J. Safra Sarasin stiess, war Dr. Junius beim Internationalen Währungsfonds als „Principal Economist“ tätig. In vorgängigen Positionen arbeitete er als Leiter Kapitalmarkt- und Immobilien Research bei Deka Bank und als Ökonom bei Metzler Asset Management GmbH. Davor war er Ökonom am Institut für Weltwirtschaft der Universität Kiel. Dr. Karsten Junius ist CFA Charterholder und doktorierte in Volkswirtschaft an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.
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    Verfasst von Dr. Karsten Junius
    Italien bleibt eine Herausforderung für die Währungsunion Die neue Regierungskoalition, vor der Italien vermutlich steht, wird die EU vor neue Herausforderungen stellen. Ihre finanzpolitischen Vorhaben sind mit den Stabilitätsvereinbarungen in der Währungsunion nicht kompatibel. Ihre wirtschaftspolitischen …

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