checkAd

     1022  2 Kommentare 1936 - 2018

    Schon lange Zeit überlege ich: Wie hätte ich mich wohl bei Hitlers Olympiade 1936 verhalten? Wie als Deutscher und wie als Ausländer?

     

    Im Grunde genommen wusste man ja damals bereits fast alles. Man wusste zwar noch nichts vom Krieg und von der Ermordung der Juden, doch man wusste, dass das Deutsche Reich eine brutale Diktatur geworden war, in der die Rechte des Einzelnen nichts mehr zählten.

     

    Gräulich und abscheulich.

     

    Man wusste aber auch, dass die Börse in Deutschland vom Tiefststand 1932 bereits wieder 100 Prozent gestiegen war. Und man wusste, dass die Nationalsozialisten stark in die Märkte eingegriffen hatten und versuchten, das Interesse des Publikums für Aktien zu begrenzen. Denn die Leute sollten lieber Anleihen des Reiches zeichnen.

     

    Das tangiert allerdings nur peripher.

     

    Tja, was hätte ich gemacht? Ich denke, ich hätte mir Hitlers Selbstinszenierung im Rahmen der Spiele nicht angeschaut.

     

    Und genauso wollte und habe ich es bisher auch weitgehend mit der Fußball-WM gemacht. Wobei hier dazukommt, dass das kolossal vor Langeweile schützt.

     

    Doch merkt man in unseren Medien etwas von der Besonderheit der Situation? Von den Parallelen zu 1936, die ja überwältigend sind? Russland hat ja zudem genauso wie die Nationalsozialisten damals alle Menschen, die stören könnten, rechtzeitig weggesperrt.

     

    Ich habe bisher die Berichterstattung im Fernsehen nicht verfolgt. Wahrscheinlich wird es immer wieder Alibisätze geben. Doch ansonsten geht alles seinen normalen Gang. Die Welt ist schließlich überall schlecht, warum daher Unterschiede.

     

    Doch es sind die Unterschiede, die den Unterschied machen. Doch das bekommt man immer erst im Nachhinein mit.

     

    Jetzt will sich ja sogar der US-Präsident mit dem russischen Präsidenten treffen. Wie isses nur zu fassen. Die Welt ist komplett aus den Fugen geraten.

     

    Klare Sache und damit hopp.

     

     


    Bernd Niquet
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Bernd Niquet
    1936 - 2018 Es sind die Unterschiede, die den Unterschied machen