„Schwarze Null“ statt nachhaltiger Finanzen – nicht nur die öffentliche Infrastruktur verfällt
Diesen Auszug aus meinem neuen Buch „Das Märchen vom reichen Land – Wie die Politik uns ruiniert“ publizierte WirtschaftsWoche Online. Das Buch erscheint am 10. September im Münchener Finanzbuchverlag (FBV):
Auch in Deutschland fehlt nicht viel bis zu einstürzenden Brücken, denn unser Staat investiert seit vielen Jahren zu wenig in die öffentliche Infrastruktur. Das wird sich rächen. Dabei könnte es der Staat viel besser.
Freude überall. Im Frühjahr 2018 melden die Nachrichtenagenturen, dass Deutschland früher als erhofft wieder einen Schuldenstand von unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen wird. Schon
2019 sollen die Schulden auf 58 Prozent des BIP sinken, damit unter das im Maastricht-Vertrag zur Euroeinführung vorgesehene Höchstniveau und bis 2021 auf 53 Prozent des BIP. Das Finanzministerium
rechnet bis 2021 durchgehend mit Überschüssen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen zwischen 1 und 1,5 Prozent des BIP. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich dazu verpflichtet,
die „Politik der schwarzen Null“, also den Verzicht auf neue Staatsschulden, fortzusetzen.
Der (bisherige) Höchststand der Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt von 81 Prozent war im Jahr 2010 erreicht worden. Also eine echte Erfolgsstory unserer Politiker, die damit
vielleicht kompensieren wollen, dass die privaten Haushalte in Deutschland nicht so vermögend sind? Ein relativ reicher Staat (weil weniger verschuldet) als Trost für die kleineren Vermögen und
damit als zukünftig geringere Belastung, weil wir ja vorgesorgt haben?
Leider nein. Diese Hoffnungen muss ich sogleich enttäuschen. Die „schwarze Null“ und ihre Folgen sind eine der großen Täuschungen der Politik, die unseren Wohlstand nicht mehrt, sondern zusätzlich
mindert.
[…]
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Die „Sparleistung“ von Wolfgang Schäuble, Scholz’ Vorgänger im Amt des Bundesfinanzministers, lag also darin, die Ausgaben weniger stark wachsen zu lassen als die Einnahmen. Da ein guter Teil der Ausgaben jedoch ohne jegliches Zutun der Politiker gesunken ist, nämlich die Finanzierungskosten, ist sie nur unter politischen Gesichtspunkten eine „Leistung“. Schäuble hat immerhin noch höheren Ausgabenwünschen der Kabinettskollegen widersprochen.