Börsen-Zeitung
Teure politische Irrtümer / Kommentar von Dietegen Müller zur Währungskrise in den Schwellenländern
Frankfurt (ots) - Der August ist traditionell ein Monat mit
Neigung zu Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Böse Zungen unken,
dies liege daran, dass dann wichtige internationale Institutionen
in ihrer Sommerpause und damit weniger reaktionsschnell sind. Das war
etwa 1997, 1998, 2007, 2011 und 2016 so. Auch dieses Jahr wird,
zumindest mit Blick auf die Schwellenländer, in die Annalen eingehen.
Am Devisenmarkt zeigt sich bis dato eine Bilanz des Schreckens:
Gegenüber dem Euro hat der argentinische Peso seit Anfang dieses
Jahres die Hälfte an Wert eingebüßt. Wenig besser sieht es für die
türkische Lira aus.
In den Augen vieler Experten handelt es sich dabei um ein
isoliertes Phänomen. Im Fall der Türkei liegt dies an der wachsenden
Einflussnahme von Präsident Recep Tayyip Erdogan, der die
Lira-Schwäche, die mit hohen Kursschwankungen verbunden ist, am
Freitag erneut als "Operation gegen die Türkei" bezeichnete. Das Land
ist in hohem Maße auf ausländische Finanzierung angewiesen. Laut der
US-Großbank J.P. Morgan müssen Staat, Unternehmen und Banken bis
Mitte 2019 um 150 Mrd. Dollar an Auslandsschulden zurückzahlen. Dass
sich Erdogan bisher entschiedenen Zinsanhebungen entgegenstellt und
durch autokratische Maßnahmen auch das Umfeld für ausländische
Direktinvestitionen verschlechtert beziehungsweise unberechenbarer
macht, gilt in den Augen vieler Marktakteure als eigentlicher Grund
für die Misere: Es handelt sich um einen politischen Irrtum.
Neigung zu Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Böse Zungen unken,
dies liege daran, dass dann wichtige internationale Institutionen
in ihrer Sommerpause und damit weniger reaktionsschnell sind. Das war
etwa 1997, 1998, 2007, 2011 und 2016 so. Auch dieses Jahr wird,
zumindest mit Blick auf die Schwellenländer, in die Annalen eingehen.
Am Devisenmarkt zeigt sich bis dato eine Bilanz des Schreckens:
Gegenüber dem Euro hat der argentinische Peso seit Anfang dieses
Jahres die Hälfte an Wert eingebüßt. Wenig besser sieht es für die
türkische Lira aus.
In den Augen vieler Experten handelt es sich dabei um ein
isoliertes Phänomen. Im Fall der Türkei liegt dies an der wachsenden
Einflussnahme von Präsident Recep Tayyip Erdogan, der die
Lira-Schwäche, die mit hohen Kursschwankungen verbunden ist, am
Freitag erneut als "Operation gegen die Türkei" bezeichnete. Das Land
ist in hohem Maße auf ausländische Finanzierung angewiesen. Laut der
US-Großbank J.P. Morgan müssen Staat, Unternehmen und Banken bis
Mitte 2019 um 150 Mrd. Dollar an Auslandsschulden zurückzahlen. Dass
sich Erdogan bisher entschiedenen Zinsanhebungen entgegenstellt und
durch autokratische Maßnahmen auch das Umfeld für ausländische
Direktinvestitionen verschlechtert beziehungsweise unberechenbarer
macht, gilt in den Augen vieler Marktakteure als eigentlicher Grund
für die Misere: Es handelt sich um einen politischen Irrtum.
Teuer bezahlt auch Argentinien dafür, dass der vor zwei Jahren
noch als marktfreundlicher Reformer gefeierte Präsident Mauricio
Macri den Internationalen Währungsfonds (IWF) um vorzeitige
Auszahlung von Finanzhilfen gebeten hat und dies auch noch im
Fernsehen kundtat. Der IWF hat dem Land eine Kreditlinie von 50 Mrd.
Dollar eingeräumt. Der Effekt war verheerend: Der Peso stürzte am
Folgetag über 18% ab, eine Leitzinsanhebung von 45% auf 60% half
nichts. Am Montag will die Regierung Maßnahmen vorstellen, mit denen
etwa das Haushaltsdefizit gesenkt werden kann. Auch hier ist
festzuhalten: Eine verschleppte Haushaltssanierung und ungeschickte
Kommunikation politischer Verantwortlicher haben die Krise
verstärkt.
Die Reihe der Verlierer geht weiter. Auch in Brasilien sorgen
politisches Chaos sowie eine steigende Verschuldung - wenn auch von
vergleichsweise niedrigem Niveau aus - für Druck auf die
Landeswährung. Und am Devisenmarkt richtet sich der Blick nun öfter
auch auf Indien und Indonesien, letzteres Land ein Protagonist in der
Asienkrise 1997/98. Am Freitag fielen sowohl die indische Rupie als
auch die indonesische Rupiah auf ein Rekordtief. In Indien wecken die
faulen Kredite staatlicher indischer Banken Sorgen, in Indonesien ist
es ein hohes Zahlungsbilanzdefizit, das das Land verwundbar
erscheinen lässt.
Als Vervielfacher politischer Irrtümer - deren es auch in
westlichen Ländern einige gibt - gelten die steigenden
Dollarzinsen und die gedrosselte Liquiditätszufuhr seitens der
Notenbanken. Nicht zu vergessen ist die Repatriierung von
Milliarden Offshore-Dollars von US-Technologiekonzernen, die nun im
Markt anderweitig investiert werden.
Interessanterweise sind aber trotz der markanten Kursverluste von
einigen Schwellenländerwährungen laut BoA Merrill Lynch zuletzt netto
sowohl im Aktien- wie im Anleihenmarkt Gelder in die Schwellenländer
geflossen. Seit Jahresanfang zeigen sich große Divergenzen: Aus
Brasilien, Russland und Indien sind aus den Aktienmärkten netto
Mittel abgezogen worden, dagegen rund 15,6 Mrd. Dollar netto nach
China geflossen.
Es könnte also, zumindest was die Kapitalbewegungen anbelangt,
noch stärkeren Gegenwind für die Schwellenländer geben. Etwa wenn die
USA den Handelskonflikt eskalieren lassen. Sinkt dann die Liquidität
in den Schwellenländer-Anleihemärkten, wie dies das Institute of
International Finance in diesem Fall erwartet, leiden Länder mit
schwächeren Kreditratings besonders. Den Preis für politische
Irrtümer werden am Ende also auch die bezahlen, die damit nichts zu
tun haben.
(Börsen-Zeitung, 01.09.2018)
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noch als marktfreundlicher Reformer gefeierte Präsident Mauricio
Macri den Internationalen Währungsfonds (IWF) um vorzeitige
Auszahlung von Finanzhilfen gebeten hat und dies auch noch im
Fernsehen kundtat. Der IWF hat dem Land eine Kreditlinie von 50 Mrd.
Dollar eingeräumt. Der Effekt war verheerend: Der Peso stürzte am
Folgetag über 18% ab, eine Leitzinsanhebung von 45% auf 60% half
nichts. Am Montag will die Regierung Maßnahmen vorstellen, mit denen
etwa das Haushaltsdefizit gesenkt werden kann. Auch hier ist
festzuhalten: Eine verschleppte Haushaltssanierung und ungeschickte
Kommunikation politischer Verantwortlicher haben die Krise
verstärkt.
Die Reihe der Verlierer geht weiter. Auch in Brasilien sorgen
politisches Chaos sowie eine steigende Verschuldung - wenn auch von
vergleichsweise niedrigem Niveau aus - für Druck auf die
Landeswährung. Und am Devisenmarkt richtet sich der Blick nun öfter
auch auf Indien und Indonesien, letzteres Land ein Protagonist in der
Asienkrise 1997/98. Am Freitag fielen sowohl die indische Rupie als
auch die indonesische Rupiah auf ein Rekordtief. In Indien wecken die
faulen Kredite staatlicher indischer Banken Sorgen, in Indonesien ist
es ein hohes Zahlungsbilanzdefizit, das das Land verwundbar
erscheinen lässt.
Als Vervielfacher politischer Irrtümer - deren es auch in
westlichen Ländern einige gibt - gelten die steigenden
Dollarzinsen und die gedrosselte Liquiditätszufuhr seitens der
Notenbanken. Nicht zu vergessen ist die Repatriierung von
Milliarden Offshore-Dollars von US-Technologiekonzernen, die nun im
Markt anderweitig investiert werden.
Interessanterweise sind aber trotz der markanten Kursverluste von
einigen Schwellenländerwährungen laut BoA Merrill Lynch zuletzt netto
sowohl im Aktien- wie im Anleihenmarkt Gelder in die Schwellenländer
geflossen. Seit Jahresanfang zeigen sich große Divergenzen: Aus
Brasilien, Russland und Indien sind aus den Aktienmärkten netto
Mittel abgezogen worden, dagegen rund 15,6 Mrd. Dollar netto nach
China geflossen.
Es könnte also, zumindest was die Kapitalbewegungen anbelangt,
noch stärkeren Gegenwind für die Schwellenländer geben. Etwa wenn die
USA den Handelskonflikt eskalieren lassen. Sinkt dann die Liquidität
in den Schwellenländer-Anleihemärkten, wie dies das Institute of
International Finance in diesem Fall erwartet, leiden Länder mit
schwächeren Kreditratings besonders. Den Preis für politische
Irrtümer werden am Ende also auch die bezahlen, die damit nichts zu
tun haben.
(Börsen-Zeitung, 01.09.2018)
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